Die Gospelsingerin Juandalynn Abernathy lebt in Balingen.Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Meinung: Die Gospelsängerin Juandalynn Abernathy ist schockiert über den Verlauf der US-Wahl

In Amerika werden immer noch fleißig Stimmen ausgezählt. Viele haben nicht erwartet, dass es so knapp werden würde. Juandalynn Abernathy, Gospelsängerin und Patentocher von Martin Luther King ist Biden-Anhängerin und kann nicht glauben, was aktuell in ihrem Heimatland vor sich geht.

 

Balingen. Abernathy ist sehr angepannt, berichtet sie dem Schwarzwälder Boten. Die 65-jährige Gospelsängerin und Kirchengemeinderätin lebt seit 25 Jahren in Balingen und hat seit der Wahlnacht am Dienstag kaum geschlafen. Als Patentochter von Martin Luther King ist sie mit der Bürgerrechtsbewegung in den 1960er-Jahren groß geworden. Sie kann sich noch gut daran erinnern, wie Schwarze damals behandelt wurden und hat die letzten vier Jahre unter Donald Trump daher mit großer Sorge beobachtet.

Aus diesem Grund hatte sie große Hoffnungen in die Wahl gesteckt und als Demokratin auch für Joe Biden gestimmt. Das war zumindest der Plan. Denn ihr Wahlzettel sei nie bei ihr angekommen. "Ich bin ganz ehrlich: Ich bin entsetzt. Acht Wochen lang habe ich darauf gewartet – ohne Erfolg", sagt Abernathy.

"Alles was Trump sagt, ist eine Lüge"

Aber auch sonst ist sie von dem bisher unklarem Ausgang der Wahl enttäuscht: "Ich dachte, das amerikanische Volk würde deutlich zeigen, dass es genug von Trump hat und jetzt ist es doch ein Kopf-an-Kopf-Rennen", empört sich die Gospelsängerin. "Es ist eine Schande. Ich bin sehr enttäuscht von meinen Landsleuten. Eigentlich dachte ich, dass das Volk sagt: genug ist genug. Aber Amerika hat sein wahres Gesicht gezeigt." Dass der knappe Wahlausgang in ihrer Heimat für Ausschreitungen sorgen könnte, bereit der 65-Jährigen große Sorgen, da sie noch Familie in den USA hat.

Die aktuelle Hängepartie zeige deutlich, wie gespalten Amerika nach wie vor sei. Trump hätte diese Spaltung in den vergangenen vier Jahren stark befeuert. Diese Spaltung erfährt sie auch in ihrer eigenen Familie. Ihr Mann ist im Gegensatz zu ihr offener Trump-Anhänger. "Wir streiten oft über dieses Thema. Früher hatten wir noch ähnliche Ansichten, aber mittlerweile ist er sehr konservativ geworden." Ihm würde Trumps Slogan "America first" gefallen. "Aber noch nicht einmal das stimmt", schimpft Abernathy. "Für ihn kommt immer Trump zuerst, erst danach Amerika."

Dass Trump jetzt die Wahl zu seinen Gunsten einklagen will, macht ihr keine große Sorge: "Ich glaube nicht, dass er damit durchkommt. Das Volk hat gewählt, und wenn er verloren hat, dann hat er verloren. Er führt sich auf wie ein kleines Kind, nur weil er einmal seinen Willen nicht bekommen hat." Dennoch sei sie fassungslos, dass Trump noch vor Auszählung aller Stimmen mehrfach von Wahlbetrug spreche. "Alles was aus dem Mund dieses Mannes kommt, ist eine Lüge. Er wird immer alles so hindrehen, dass er selbst in einem gutem Licht dasteht. Die Leute müssen endlich ihre Augen aufmachen."

Was passieren würde, sollte Trump doch noch gewinnen, will sich die Tochter eines Bürgerrechtlers erst gar nicht vorstellen: "Das wäre schrecklich. Ich glaube, er würde noch größenwahnsinniger werden. Wann hat es das schon einmal in der Geschichte gegeben, dass der Präsident nur Lügen verbreitet? Man kann gerne konservativ sein, aber das brauchen wir wirklich nicht. Die Welt hat genug von ihm. Er muss weg."

Weiter mahnt sie: "Trump verbreitet nur Lügen und Hass. Wir haben in den USA ohnehin ein Problem mit systematischen Rassismus. Aber unter Trump ist es für Rassisten viel einfacher geworden, ihre Gesinnung offen zu zeigen. Das ist ein echtes Problem."

Abernathy setzt nach wie vor auf Trumps Gegenkandidaten Joe Biden und hofft, dass er die Wahl gewinnen kann. "Ich glaube, er hat das Potenzial, die Nation zu heilen. Doch selbst wenn er acht Jahre Präsident wäre, würde das nicht reichen. Es wird mindestens ein bis zwei Generationen dauern, bis der Schaden, den Trump angerichtet hat, wieder behoben ist."