Was tun, wenn man Rentner ist und nicht weiß, ob man Steuern nachzahlen muss? An der Infothek des Finanzamts gibt es Auskunft. Foto: Ungureanu

Finanzamts-Chef Wilhelm Kallenberg und Abteilungsleiter Martin Haselberger erläutern Änderungen in der Besteuerung von Renten.

Balingen - Keineswegs gehe es darum, "Alte oder Tote zu jagen", nehmen Finanzamts-Chef Wilhelm Kallenberg und Martin Haselberger, Abteilungsleiter im Bereich Einkommensteuer, Bezug auf einen kürzlich veröffentlichten Bericht. Aber wenn ein Rentner mittlerweile verstorben sei, erbten die Hinterbliebenen Steuerschulden oder -erstattungen mit.

"Mit Schreiben vom 17. September 2012 hat Ihnen das Finanzamt mitgeteilt, dass Sie aufgrund der Höhe Ihrer Renteneinkünfte verpflichtet sind, für das Jahr 2010 und möglicherweise auch für die zurückliegenden Jahre bis 2005 Einkommensteuererklärungen abzugeben. (...) Bitte reichen Sie die angeforderten Einkommensteuererklärungen bis zum 15. Januar 2013 beim Finanzamt ein." Zahlreiche Rentner im Zollernalbkreis haben im Dezember einen Brief mit diesem Wortlaut vom Finanzamt bekommen.

Das Ganze gehe auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2002 zurück, erklären Kallenberg und Haselberger. Der Gesetzgeber habe darauf ab 2005 reagiert und die Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen grundlegend geändert. "Vereinfacht gesagt, können Arbeitnehmer und Selbstständige von ihren Beiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung mehr abziehen, sparen also Steuern, während Rentner einen höheren Anteil ihre Rente versteuern müssen", erklärt Kallenberg. Renteneinkünfte seien genauso wie Gewinneinkünfte eines Unternehmers, Lohnbezüge und Vermietungseinkünfte schon immer steuerpflichtig gewesen. Geändert habe sich nur die Höhe der Steuerpflicht bei Renten: Bei einem Rentenbeginn mit 65 und einer Rente von monatlich 1500 Euro, also jährlich 18 000 Euro, waren bis einschließlich 2004 nur 25 Prozent der Rente als Ertragsanteil, somit jährlich 4500 Euro steuerpflichtig.

Im Jahr 2005 stieg der Satz auf 50 Prozent, also auf 9000 Euro, und seit 2005 steigt für alle Bürger, die danach in Rente gehen, der Ertragsanteil um jährlich zwei Prozent und beträgt für einen "Neurentner" im laufenden Jahr bereits 66 Prozent. Dann sind von 18 000 Euro Rente 11 880 Euro steuerpflichtig. "Seit 2005 steht auch auf den Rentenbezugsmitteilungen, dass Renten steuerpflichtig sind", macht der Finanzamts-Chef deutlich.

Muss jeder Rentner Steuern zahlen? Keineswegs. Das hänge davon ab, wie hoch seine Rente sei und ob es daneben weitere Einkünfte gebe – etwa Mieten oder Betriebsrenten. Auch das Einkommen des Ehepartners spiele eine Rolle. Wer 2005 schon in Rente war und keine sonstigen Bezüge hat, zahlt als Ehepaar bei einer jährlichen Rente von 38 000 Euro keine Steuern. Als Lediger oder Verwitweter sind bis 19 000 steuerfrei. "Eine Witwe, die 12 000 Euro Hinterbliebenenrente bekommt, schreiben wir gar nicht an", sagt Kallenberg.

Bundesweit seien bereits in der Vergangenheit mehr als ein Drittel aller Rentner steuerlich geführt worden – sei es, weil ihre Renten so hoch waren, weil sie neben ihrer Rente noch andere Einkünfte hatten oder weil ihr Ehepartner noch berufstätig war.

Die Finanzämter hätten zunächst die Daten abgeglichen, ob die Angaben bei den steuerlich geführten Rentnern korrekt waren. Dann wurden die Daten der steuerlich nicht geführten Rentner abgeglichen und diese angeschrieben, wenn ihre Rente auf eine Steuerpflicht schließen ließ.

Als darauf hingewiesen wurde, dass möglicherweise Strafverfahren drohen könnten, wenn es zu erheblichen Nachzahlungen komme, seien viele Rentner bereits in der Vergangenheit auf das Finanzamt zugekommen und hätten sich über ihre Steuerpflicht informiert.

Manch einer habe sich aber nicht geäußert, "dachte vielleicht, er schlupft so durch". Aktuell seien deshalb im vergangenen Sommer 2012 rund 1100 Rentner im Zollernalbkreis angeschrieben worden. Das heißt aber nicht, dass diese jetzt alle Steuern zahlen müssen: "Wir wissen ja nicht, wer im Pflegeheim lebt oder schwerbehindert ist, hohe Spenden leistet oder ein hauswirtschaftliches Beschäftigungsverhältnis hat, was sich alles steuermindernd auswirkt", erklärt der Finanzamts-Chef. In manchen Fällen seien die Schreiben zurückgekommen, weil die Adressaten mittlerweile verzogen, in einem Pflegeheim oder gar verstorben waren.

Von den 1100 angeschriebenen Rentnern haben sich bis dato 60 noch nicht gemeldet. "Diese können gerne auf uns zukommen", sagt Kallenberg. "Entweder sie rufen die Telefonnummer auf unserem Anschreiben an, kommen persönlich vorbei oder schicken einen nahen Angehörigen mit Vollmacht." Sonst müsse das Finanzamt anhand der vorliegenden Daten Steuern festlegen und Bescheide herausschicken. "Wenn wir hier gar nichts tun würden, dann wären die, die sich gemeldet haben, die Dummen", sagt Kallenberg.

Soweit keine Unterlagen vorlägen, könne das Finanzamt die Steuer auch – am besten in Absprache mit dem Rentner – anhand der bekannten Rentendaten festsetzen.