Jan Vetter Foto: Frank Eppler Foto: Schwarzwälder Bote

Konjunktur: Unternehmensvertreter der Metall- und Elektroindustrie fordern Kurswechsel in der Tarifpolitik

Zollernalbkreis. Die Unternehmensvertreter der Metall- und Elektroindustrie fordern angesichts der nahenden Tarifrunde einen Kurswechsel in der Tarifpolitik.

"Wir stehen vor großen strukturellen und konjunkturellen Herausforderungen", sagen Martin Holder, Vorstandsmitglied der WAFIOS AG (Reutlingen), Bernd Nagel, Geschäftsführer der NAGEL GmbH (Nürtingen) und der TBT Tiefbohrtechnik GmbH & Co. (Dettingen/Erms) sowie Markus Oechsle, Geschäftsführer der Maschinenfabrik Lauffer GmbH & Co. KG (Horb). "Wir können auch diese Herausforderungen meistern und unsere Zukunft weiterhin positiv gestalten – aber nur, wenn alle Beteiligten an einem Strang und am selben Ende ziehen."

So stünden die Unternehmen vor einer Vielzahl an Herausforderungen, beispielsweise der Digitalisierung, Anforderungen des Klimaschutzes, der Transformation der Automobilindustrie, anhaltender konjunktureller Schwäche und globalen wirtschaftlichen Risikofaktoren. Seit Anfang 2019 liege das Produktionsvolumen unter dem Vorjahresniveau, die Branche befinde sich in einer technischen Rezession.

Das mache es für die Unternehmen schwieriger, die künftige Entwicklung vorherzusehen, sagt Reiner Thede, Geschäftsführer der Erbe Elektromedizin GmbH und Vorstandsvorsitzender der Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen. Absehbar sei, dass die strukturellen Veränderungen enorme Investitionen erforderlich machen. Dabei sei klar, dass die Unternehmen jeden Euro erst verdienen müssen und nur einmal ausgeben können. Darauf müsse die anstehende Tarifrunde Rücksicht nehmen.

"Selbst in erfolgreichen Jahren schreibt gut ein Fünftel unserer Unternehmen nur eine ›schwarze Null‹ oder sogar rote Zahlen. Im bereits schwierigen Jahr 2019 lag deren Anteil sogar bei mehr als einem Viertel", sagt der Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen, Jan Vetter. Um die Zukunft erfolgreich gestalten zu können, müssten nun alle Beteiligten einen Beitrag leisten, sowohl Arbeitgeber und Beschäftigte in den Betrieben, als auch IG Metall und Südwestmetall auf der Ebene der Tarif- und Sozialpartner. "Vielleicht sollte die IG Metall keine ›Forderungsdiskussion‹, sondern eine ›Zukunftsdiskussion‹ führen", ergänzte Thede.

Vetter verwies darauf, dass gerade eine kluge und vertrauensvolle Sozialpartnerschaft in der großen Krise 2008/2009 zur positiven Entwicklung beigetragen habe. So sei es vor allem der Metall- und Elektroindustrie zu verdanken, dass Deutschland vom "kranken Mann Europas" im Jahr 2000 mittlerweile wieder zum ökonomischen Zugpferd des Kontinents geworden sei: "Die schwere Krise haben wir gemeinsam gemeistert." Seitdem seien allein in der baden-württembergischen Metall- und Elektroindustrie 170 000 zusätzliche Jobs geschaffen worden, jährlich würden die Betriebe rund 60 Milliarden Euro an Löhnen und Gehältern auszahlen – zirka 50 Prozent mehr als 2010.

"Wir haben einiges erreicht – und viel zu verlieren", betont Vetter. Daher müsse der Fokus jetzt darauf liegen, das Erreichte so gut es geht abzusichern. "Unsere Unternehmen haben in der Krise gezeigt, dass sie verantwortungsvoll handeln und um jeden Arbeitsplatz kämpfen", meint Thede. "Und das werden sie wieder tun. In Zeiten des Fachkräftemangels wären sie schlecht beraten, anders zu handeln. Alle Beteiligten müssen sich auf das Wesentliche konzentrieren: Unternehmen fit für die Zukunft und Jobs sicher zu machen."