Bärbel Dieckmann. Foto: Tahir Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Bärbel Dieckmann von der Deutschen Welthungerhilfe referiert im katholischen Gemeindehaus

Ein "K" vor dem "ein" im Titel der Veranstaltung "Afrika, ein hoffnungsloser Fall?" hätte sich Bärbel Dieckmann, seit 2008 Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe, gewünscht. Sie schilderte am Donnerstag deren Tätigkeit im voll besetzten Saal des Gemeindehauses Heilig Geist.

Balingen. Die ehemalige SPD-Oberbürgermeisterin von Bonn hatten die Katholische Erwachsenenbildung, das Evangelische Bildungswerk Balingen und Sulz sowie das SPD-Projekt "Soziale Gerechtigkeit" eingeladen.

Projektleiter Klaus Fütterer erinnerte an die Anfänge der Entwicklungspolitik unter Walter Scheel als erstem Minister dieses Ressorts, das in Anlehnung an den Marshall-Plan konzipiert wurde, an die Gründung der Hilfswerke "Misereor" und "Brot für die Welt". Um 1970 entstanden die Weltläden, von denen vier im Zollernalbkreis existieren. Barbara Dieckmann sieht Afrika als einen "Chancen-Kontinent mit starken Menschen", die ihr Leben selbst gestalten wollten. Dem stünden jedoch die noch zugrunde liegenden kolonialen Strukturen entgegen, Bürgerkriege, die Ausbeutung von Bodenschätzen durch ausländische Investoren, deren Gewinne nicht in Afrika blieben.

Der Anteil der Afrikaner an den Migranten sei nicht so hoch. Es kämen nur jene, die schon einen gewissen Ausbildungslevel erreicht hätten. Ihnen müsse die Chance geboten werden, in ihren Herkunftsländern zu leben.

Vor 55 Jahren sei die "Welthungerhilfe" als eine nicht-kirchliche Organisation gegründet worden, die unabhängig agieren und alle gesellschaftlichen Gruppen umfassen sollte, so Dieckmann. Sie engagiere sich in Ländern, in denen Hunger und Mangelernährung herrschten. Damals hungerten in diesen Regionen 30 Prozent der Bevölkerung, inzwischen seien es zwölf Prozent – dies sei ein Fortschritt.

Die Lebensbedingungen in den mehr als 50 afrikanischen Ländern seien sehr unterschiedlich. Drei von vier Hungernden lebten auf dem Lande, wo sie sich prinzipiell von Landwirtschaft ernähren können müssten. Die Organisation gehe vorwiegend in ländliche Gebiete und sei in vielen Ländern erfolgreich gewesen, etwa in Ghana, Togo oder Burkina Faso.

Teilweise hätten die afrikanischen Länder mit Korruption, unfähige Regierungen und Bürgerkriegen zu kämpfen, teilweise mit den Folgen von Ausbeutung und unfairen Handelsbeziehungen. Hinzu kämen der Klimawandel und Dürre. Wichtig sei es, die Ausbildung der jungen Menschen, auch der Mädchen, zu fördern, Arbeitsplätze im Lande zu schaffen und Wertschöpfungsketten zu generieren. Ein wichtiger Faktor sei auch die Gesundheitserziehung.

Als Ziele nannte Dieckmann die Änderung der Steuersysteme, damit eine Umverteilung weg von der wohlhabenden Oberschicht erfolgen könne, ein Versicherungssystem, das gegen Ernteausfälle schütze, soziale Sicherungssysteme, damit die Menschen nicht länger glaubten, nur Kinderreichtum bewahre sie vor Armut, und eine medizinische Grund-Absicherung. Vor allem aber müsse sich die Handels- und Investitionspolitik der Europäer ändern.

Die Fair-Trade-Bewegung hält Dieckmann für sehr wichtig, besonders im Hinblick auf Produkte wie Kakao und Baumwolle. Die Weltläden hätten auch eine wichtige Funktion als Orte der Kommunikation, Meinungsbildung und Veränderung.

In der anschließenden Diskussion wurde auch die Rüstungsindustrie der westlichen Staaten mit ihren Waffenlieferungen als destabilisierender Faktor genannt, ferner der Neoliberalismus, der die Macht der Konzerne stärke.

Eine Teilnehmerin aus Kamerun bemängelte, dass die Menschen in Afrika sich als Bittsteller fühlten, dass die Europäer sich anmaßten, sie zu belehren, wie sie zu leben hätten, ohne zu berücksichtigen, was in den Afrikanern vorgehe. Sie brachte auf den Punkt, was im Ausland lebende, gut ausgebildete Afrikaner fühlten: "Unser Herz brennt für unseren Kontinent."