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Arbeiter haben mit dem Abriss des "Württemberger Hofs" an der Bahnhofstraße begonnen

Am ehemaligen "Württemberger Hof" in der Balinger Bahnhofstraße geht es jetzt ans Eingemachte: Nachdem bereits drei Nebengebäude eineebnet wurden, haben nun die Bauarbeiter mit dem Abbruch des Haupthauses begonnen.

Balingen. Was für viele Balinger ein tief greifender Eingriff ins Stadtbild ist, ist für Simon Groß nur "eine ganz normale Baustelle". Er ist Baggerfahrer und der Kapo auf dem Areal gegenüber des Bahnhofs, das als "Württemberger Hof" bekannt ist. Momentan entkernen seine Mitarbeiter das Hauptgebäude.

Alte Holzlatten fliegen aus einem Fenster im ersten Stock. Ein paar Meter weiter gräbt ein Bagger vorsichtig um einen Stromkasten herum. Der ist bei den Abbrucharbeiten im Weg, hat jedoch eine wichtige Funktion, wie Groß erklärt. Von dort aus verläuft nämlich das Glasfaserkabel, das Geislingen mit dem Internet verbindet. Deswegen werden die Leitungen sorgfältig freigelegt, damit die Stadtwerke sie dann umverteilen können. Seit dem 7. Januar entkernt das neunköpfige Team der Firma Schotter-Teufel aus Straßberg das altehrwürdige Gebäude. 1873 wurde es erbaut, 1879 wurde darin das Gasthaus Ritter angesiedelt. Im Laufe der Zeit entstanden Anbauten, beispielsweise für eine Scheune und einen Stall. Auch eine Kegelbahn wurde eingerichtet, die jedoch später Textilmaschinen Platz machen musste.

1907 wurde aus dem "Ritter" das Hotel Post. Dieses erweiterten die Besitzer im Laufe der Jahre und stockten es auf. 1950 entstand daraus schließlich das Hotel Württemberger Hof. Dieses existierte bis ins Jahr 1977. Sechs Jahre später wurden in dem Anwesen Gaststätten, Geschäftsräume und eine Arztpraxis angesiedelt.

Nun weichen die Häuser einem Neubau, der von der Mörikestraße bis zur sogenannten Wagner-Villa an der Ecke Karlstraße, in der die Lebenshilfe Wohnraum für behinderte Menschen unterhält, reichen soll. Bauherrin ist die Binsdorfer Entwicklungs-, Planungs- und Baubetreuungsgesellschaft "Bauprojekta".

Zur Bahnhofstraße hin sind im Erdgeschoss Gewerbeflächen geplant. In den oberen Stockwerken sollen Büros, Praxen und Dienstleistungsbetriebe untergebracht werden, im hinteren Bereich sind Wohnungen geplant. Unter dem Haus entsteht eine zweistöckige Tiefgarage. "Das gibt ein Riesenloch", sagt Groß, denn seine Firma ist nicht nur für den Abbruch sondern auch für den Tiefbau zuständig. Acht Meter tief wird dafür an der Bahnhofstraße ausgegraben, im hinteren Bereich sind es immerhin noch viereinhalb Meter, erläutert der Polier.

In der kommenden Woche beginnt der Abriss, bis dahin gilt es noch viel Material zu trennen. "Nur wenn man vernünftig entkernt, gibt es einen sauberen Bauschutt", weiß Simon Groß. Hauptsächlich Ziegelsteine fallen an. Die sind schlecht zu recyceln und nicht gefragt, sagt Groß. Deshalb werden sie wohl auf einer Deponie landen. Und noch etwas fällt beim Abriss des "Württemberger Hofs" an: "Es gibt jede Menge Holz", hat Groß festgestellt.

Zwei Wochen sind veranschlagt, dann soll das 147 Jahre alte Haus verschwunden sein. Sein Nachfolger soll pünktlich zur Gartenschau im Jahr 2023 fertiggestellt sein. Mit dem Bahnhofsvorplatz kann dann ein neues Aushängeschild der Stadt entstehen.