Froh über die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt: Agenturchefin Anke Traber und Pressesprecher Rolf Gehring. Foto: Ungureanu Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Arbeitsmarkt im Zollernalbkreis hält sich stabil / Zweitniedrigster Arbeitslosenstand seit Anfang der 1990er-Jahre

"Wir wollen nicht nur die Stelle sein, wo man hin muss, wenn man arbeitslos wird", sagt Agenturchefin Anke Traber. "Wir wollen die erste Adresse am Arbeitsmarkt sein in allem, was Ausbildung und Beruf angeht." Die Bilanz für 2019 zeigt: Es war ein gutes Jahr.

Zollernalbkreis. In der Wirtschaft sei es gut gelaufen, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten habe in den vergangenen zehn Jahren um 17,9 Prozent zugenommen, die Arbeitslosenzahlen seien auf niedrigem Stand geblieben. Im Zollernalbkreis gebe es seit Jahren praktisch "Vollbeschäftigung": Mit einer Arbeitslosenquote von 3,2 Prozent lag der Zollernalbkreis zum Jahresende 2019 genau im Landesdurchschnitt. Zwar bedeutet das eine Zunahme um 0,1 Prozent (oder 100 Personen) gegenüber 2018, jedoch ist die Zahl der Hartz-IV-Empfänger – der Langzeitarbeitslosen, die durch das Jobcenter betreut werden – von 1010 im Dezember 2018 um 9,1 Prozent auf 917 zum Jahresende 2019 zurückgegangen.

Zurückgegangen ist auch die Zahl der neu gemeldeten Arbeitsstellen: Gegenüber dem Rekordjahr 2018 waren es um 746 oder 11,5 Prozent weniger. Um 19,3 Prozent zugelegt hat die Zahl der jüngeren Arbeitslosen. Die unter 25-Jährigen machten zum Jahresende 10,4 Prozent aller Arbeitslosen aus. Warum das, wenn es mehr Stellen als Bewerber gibt? Anke Traber vermutet ein "Mismatch", eine Nichtübereinstimmung von Berufsvorstellungen oder -erwartungen und tatsächlichem Angebot auf dem Arbeitsmarkt.

Schwierig sei es vor allem für Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung, eine Anstellung zu finden: 67,9 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – im Zollernalbkreis sind es derzeit mehr als 70 000 – haben eine abgeschlossene Berufsausbildung, 9,9 Prozent haben studiert. 15,8 Prozent haben keine Berufsausbildung, bei weiteren 6,4 Prozent ist keine Zuordnung möglich.

"Die Zahl der Beschäftigten ohne Ausbildung nimmt kontinuierlich ab", sagt die Agenturchefin. Das sei vor allem dadurch zu erklären, dass nach der Wirtschaftskrise vor allem die Mitarbeiter ohne Ausbildung entlassen worden seien. Das habe wohl zu einem Umdenken geführt, "auch bei den Eltern". Alles in allem werde es aber immer schwieriger, Stellen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen. Als sehr erfolgreich hätten sich die Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitsagentur erwiesen. Rolf Gehring, Pressesprecher der Arbeitsagentur, räumt mit dem Vorurteil auf, dass solche Maßnahmen nur dazu da seien, um die Bilanz der Arbeitsagentur zu schönen: Rund 70 Prozent der Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen seien danach in Arbeitsverhältnisse übernommen worden,"ein absoluter Rekord".

In manchen Bereichen, ergänzt Anke Traber, gebe es noch "Luft nach oben". Etwa bei den Gesundheits- und Pflegeberufen. Und das Potenzial der Älteren müsse besser genutzt werden. Viele, weiß die Agenturchefin, würden die Jobbörse der Arbeitsagentur nutzen.

Derzeit seien bei der Arbeitsagentur 918 Ausländer arbeitslos gemeldet – auch solche aus EU-Staaten. Hauptproblem bei ihnen seien die mangelnden Sprachkenntnisse: "Oft haben sie noch nach Jahrzehnten in Deutschland Sprachschwierigkeiten."

Im Zollernalbkreis seien derzeit 253 arbeitssuchende und 107 arbeitslose Flüchtlinge gemeldet. Was die beiden Kategorien unterscheidet, ist, dass die Letzteren eine Tätigkeit ausüben könnten, die Ersteren allerdings nicht. Jedoch gebe es immer mehr erwerbstätige Flüchtlinge, und die Zahl der "Arbeitsuchenden" sei rückläufig.

74 Betriebe aus dem Zollernalbkreis – vor allem in der Industrie – hatten zum Jahresende 2019 Kurzarbeit angezeigt. Verglichen mit dem Jahresende 2018 ist es das Dreifache – und laut Traber "ein Symptom, dass die Lage nicht mehr so rosig ist." Viele Betriebe würden noch gar nicht wissen, was "Industrie 4.0" – Digitalisierung und Automatisierung – für sie bringen werde. Da sei Unterstützung gefragt. Und ein weiteres Ziel der Arbeitsagentur sei eine lebenslange Berufsbegleitung: "Kein Jugendlicher darf verloren gehen."