Kommunales: Baiersbronn rüstet Gemeindegebiet zusammen mit Unitymedia für das Internet der Dinge

Sind die Zeiten bald vorbei, in denen in Baiersbronn die Wasseruhren abgelesen werden müssen? Der Gemeinderat befasste sich mit den Vorzügen der Digitalisierung, die dazu beitragen kann, Kosten zu senken. Unitymedia soll das Datennetz im Ort aufbauen.

Baiersbronn. Mit einem zukunftsweisenden Thema befassten sich die Baiersbronner Gemeinderäte in der letzten Sitzung der alten Legislaturperiode: Es ging um das "Internet der Dinge", im Fachjargon "Internet of Things" oder abgekürzt einfach IoT genannt.

Wie Bürgermeister Michael Ruf ausführte, hatte den Anstoß hierfür ein Antrag der CDU-Fraktion gegeben, sich über den Winterdienst der Stadt Herrenberg zu informieren. Denn dort agiere der Winterdienst absolut passgenau, indem die Streusalzdosierung und der Einsatz von Kräften und Fahrzeugen erst nach einer Messung der Temperaturen bestimmt wird. All dies läuft vollautomatisch und über das "IoT" ab.

Welche Bedeutung diese neue Technologie haben kann, erläuterte Florian Schlenk von den Gemeindewerken dem Gremium. Ob bei Feueralarm, Rohrbrüchen, bei vollen Abfalleimern oder beim Parkplatzmanagement, überall könnten Sensoren eingebaut werden, die die entsprechenden Parameter dann an das Netz übertragen. Ob im Falle des Parkplatzes oder des Mülleimers, gemeldet wird dann automatisch ein Zählerstand oder ein Zustand, wie voll oder leer die Tonne ist. Sie geben die Antwort auf die Frage: Muss der Müllwagen gleich hinfahren oder hat das Leeren noch Zeit?

Mithilfe des "IoT" wird auch der Zustand von Fahrbahnen überwacht; Sensoren messen den Salzgehalt, die Temperaturen und die Feuchtigkeit auf der Straße, und der Bauhof kann anhand dieser Daten sofort entscheiden, welche Straße zuerst gestreut werden muss. Da die neue Technik in beide Richtungen funktioniert – möglich ist nicht nur Einspeisen, sondern auch Abfragen von Daten – sind Wasserzähler eine weitere typische "IoT"-Einsatzmöglichkeit. Hierbei wird bei Bedarf der Zählerstand über ein Funknetzwerk an das zuständige Rechenzentrum weitergeleitet. Das Ablesen vor Ort erübrigt sich.

Schlenk erläuterte dem Gremium das hierfür benötigte Funknetz: Benötigt wird lediglich ein sogenanntes Long-Range-Wide-Area-Network (LoRaWAN), mit dem sich geringste Datenmengen mit einer sehr geringen Geschwindigkeit, dafür aber über große Entfernungen, übertragen lassen. Ausgegangen wird je nach Topografie von einer Reichweite von fünf bis 15 Kilometer, sodass das gesamten Gemeindegebiet mit 13 auf öffentlichen Gebäuden angebrachten sogenannten Gateways abgedeckt wird. Wegen ihrer Größe werden die Stationen auch Schuhkartons genannt. Aufgrund der geringen Datenmengen, der nur zyklischen Aktivität und der geringen Übertragungsgeschwindigkeit wird die Strahlenbelastung allgemein als unkritisch eingestuft.

Laut Schlenk existiert inzwischen in der Schweiz ein flächendeckendes LoRawan-Netz, das lediglich 2,5 Prozent der Strahlenbelastung eines Handys ergibt. Errichtet werden soll das Baiersbronner LoRaWAN-Netz durch die Firma Unitymedia. Wie Schlenk ausführte, entstehen der Gemeinde mit Ausnahme der Jahresgebühren für die jeweiligen LoRa-Sender, keine Kosten. Vielmehr bietet die Internetfirma der Gemeinde zusätzlich eine Beteiligung an ihren Erträgen an.

Gaiser sorgt sich wegen der Strahlenbelastung

Auch Bürgermeister Michael Ruf sprach sich nachdrücklich für die Einführung dieser Technologie aus. Er war der Ansicht, dass die Gemeinde Baiersbronn damit im ländlichen Raum Pilotgemeinde werden könnte und bat um Zustimmung der Räte für diesen "zukunftsweisenden Schritt". Weitere Räte pflichteten ihm unter anderem mit den Argumenten bei, dass es nicht um W-Lan oder Mobilfunk gehe und zudem Gewerbetreibende dringend auf diese neue Technologie angewiesen seien.

Bedenken meldete dagegen Gerhard Gaiser (SPD) an. "Wir haben auch in unserer Gemeinde immer mehr strahlensensible Menschen", so Gaiser. Er forderte, dem Rechnung zu tragen und die Strahlenbelastung so niedrig wie möglich zu halten. Sein Antrag an die Verwaltung, nach zusätzlichen Möglichkeiten zu suchen, die Strahlenbelastung zu reduzieren wurde, mit vier Ja- und acht Neinstimmen bei sechs Enthaltungen abgelehnt.

Bei vier Enthaltungen wurde dagegen der Vorschlag der Gemeindeverwaltung, ein LoRaWan-Netz zu erreichten und hierfür mit Unitymedia zu kooperieren, mehrheitlich angenommen.