Viel auszuzählen gab’s bei der Bürgerbefragung, am Dienstag geht es im Gemeinderat um den Nationalpark. Foto: Fritsch

Nach der Bürgerbefragung positioniert sich der Gemeinderat. Ruf: Bessere Datenlage als Grundlage.

Baiersbronn - Engagiert, aber ohne Schaum vor dem Mund gehen die Baiersbronner Gemeinderäte das Thema Nationalpark an. Am Dienstag heißt es für sie: Farbe bekennen, sich für oder gegen den Nationalpark aussprechen.

Der Beschlussvorschlag der Verwaltung zum Tagesordnungspunkt Nationalpark für die Sitzung am Dienstag, die um 18 Uhr im Rosensaal beginnt, ist keine Überraschung. Bürgermeister Michael Ruf hatte schon im Vorfeld deutlich gemacht, dass er sich als Bürgermeister nach dem Willen der Bevölkerung richten wird. Und nachdem sich bei der Befragung bei einer Beteiligung von 68 Prozent eine Mehrheit von 78 Prozent gegen einen Nationalpark ausgesprochen hatte, ist die Marschrichtung klar. Der Beschlussvorschlag der Verwaltung: "Die Gemeinde Baiersbronn empfiehlt der Landesregierung von der Errichtung eines Nationalparks Nordschwarzwald abzusehen." Allerdings: So wenig wie die Bürgerbefragung bindend für die Entscheidung des Gemeinderats ist, so wenig ist die Landesregierung an die Empfehlung des Gemeinderats gebunden.

Wenn es nach der CDU gegangen wäre, dann hätte sich der Gemeinderat schon im November 2011 positioniert, doch damals war mehrheitlich beschlossen worden, den Tagesordnungspunkt zu vertagen. "Ich denke, es war richtig, wie wir es gemacht haben", sagt Bürgermeister Michael Ruf. Durch die Arbeit der Arbeitskreise, das Gutachten und die Befragung habe der Gemeinderat eine bessere Datenlage, auf deren Grundlage er entscheiden könne.

"Kein touristisches Allheilmittel"

Seine persönliche Meinung spiele da keine Rolle, sagt Ruf. "Ich sehe mich als Bürgermeister für meine Bürger." Für ihn ist ein Nationalpark "kein touristisches Allheilmittel". Baiersbronn müsse an Konzepten arbeiten, seinen Weg machen, ob mit oder ohne Nationalpark. Das tue die Gemeinde beständig. "Wir haben den Natur-Tourismus schon stark in der Gemeinde verankert", stellt Ruf fest. Klar sei allerdings, dass nicht alle Flächen der Gemeinden, die sich gegen den Park aussprechen, ausgespart werden, meint Ruf. "Sonst reicht die Fläche nicht."

"Wir waren im Rückblick schon damals auf dem richtigen Weg", sagt CDU-Fraktionssprecher Michael Ruoss im Rückblick auf November 2011. In dieser Ansicht bestätige ihn auch die Bürgerbefragung. Ruoss ist überzeugt: "Das Land hätte sich die hohen Kosten für das Gutachten sparen können." Denn es beinhalte ebenso kritische wie positive Aspekte, wobei in der Zusammenfassung überwiegend die positiven hervorgehoben worden seien. Die CDU-Fraktion wird sich laut Ruoss am nächsten Dienstag geschlossen für den Beschlussvorschlag der Verwaltung und damit gegen den Nationalpark aussprechen. "Wir wollen da wieder anfangen, wo wir 2011 aufgehört haben", sagt Ruoss. Und das bedeutet, weiter am Standortmarketing-Prozess Baiersbronn 2020 zu arbeiten. Das sieht der CDU-Fraktionsvorsitzende auch als Aufgabe, die dazu beitragen kann, eventuelle Gräben, die durch die Diskussion um den Nationalpark entstanden sind, wieder zu schließen.

Wie seine Fraktionskollegen abstimmen, das werde auch für ihn selbst zur Überraschung, erklärt FWV-Gemeinderat Bernd Bühner. Er persönlich sei gegen das Projekt. Zum einen sieht er es als nicht sicher an, dass das Land den Park auf Dauer finanzieren kann. Zum anderen seien es die riesigen Flächen mit grauen abgestorbenen Bäumen im Harz und im Bayerischen Wald, die ihn erschreckt hätten. "Die Angst habe ich, dass es dann bei uns auch so aussehen würde", sagt Bühner. Wichtig sei für ihn die Bürgerbefragung gewesen. Denn: Wäre das Bürgervotum andersherum eindeutig für den Nationalpark ausgefallen, dann "hätte ich mich angepasst und zumindest enthalten".

Die SPD-Fraktion werde in jedem Fall mehrheitlich pro Nationalpark plädieren, kündigt Fraktionsvorsitzender Jörg Marx an. Er sei der Ansicht, dass der Nationalpark kommen soll, aber er sage nicht, er müsse auf Gedeih und Verderb irgendwohin kommen, wo er nicht erwünscht sei. Wenn der Nationalpark an Baiersbronn vorbeigehe, fürchtet Marx infrastrukturelle und finanzielle Nachteile für die Gemeinde. Was den Tourismus angeht, vertrete er die Ansicht, dass dieser nicht massiv von einem Nationalpark profitieren würde. Doch ein Nationalpark sei in allererster Linie ein Naturschutzprojekt. Wie es weitergehen soll? "Man sollte die Diskussion vielleicht neu führen, wenn der Vorschlag für das Gebiet vorliegt", denkt Marx. Dann gehe es darum, diejenigen mehr mitzunehmen, die bisher das Gefühl gehabt hätten, sie seien nicht genug eingebunden worden. Denn man könne das Gesetz ja auch erst 2014 einbringen und die Zeit nutzen, die Akzeptanz auszubauen. Marx will zu seiner Haltung stehen, auch wenn die Mehrheit der Bürger eine andere vertritt. "Ich lasse mich nicht verbiegen."

So sieht das auch BUB-Fraktionsvorsitzender Ludwig Wäckers. Seine Fraktionskolleginnen und er würden geschlossen für den Nationalpark stimmen. Damit würden sie die 22 Prozent der Bürger vertreten, die sich ebenfalls dafür ausgesprochen haben. "Die sollen auch eine Stimme haben", stellt Wäckers fest. Er ist überzeugt, dass der Nationalpark kommt. Doch Baiersbronn werde dann außen vor bleiben. Wäckers geht aber davon aus, dass das nicht für die gesamte Gemarkung Baiersbronns der Fall sein wird. Das Bannwaldgebiet und der Ruhestein würden wohl einfließen, denkt er und fügt hinzu, dass das alles spekulativ ist. Für Wäckers wäre ein Nationalpark im Tourismus das Tüpfelchen auf dem "i" in einer Gemeinde, die schon immer mit der Natur für sich werbe.

Gemeinderat Ulli Schmelzle (FDP/UBL) will sich am Dienstag gegen einen Nationalpark aussprechen – aus seiner persönlichen Abwägung der Argumente heraus. Sein Hauptargument sei der Borkenkäfer, der auch dem Großteil der Bevölkerung Angst mache. Schmelzle stellt fest, dass es zum Beispiel am Wildsee oder auf der Höhe "wunderschöne Waldbilder" mit Totholz gibt. Doch: "Das ist kleinräumig, bei größeren Flächen habe ich da größte Bedenken." Obwohl Schmelzle selbst zu einem Nein kommt, ist für ihn klar: "Wenn der Nationalpark kommt, dann müssen wir ihn auch leben." Und schon allein wegen der Grindenflächen geht er davon aus, dass "er hierher kommt". Um den Tourismus ist Schmelzle nicht bang. Baiersbronn sei auch ohne Nationalpark touristisch stark und werde es bleiben, wenn sich die Gemeinde so weiterentwickle wie bisher und so innovativ bleibe.