Verkehr: Gremium befürchtet zusätzliche Belastungen für die Murgtalgemeinde / Kosten bei rund 120 Millionen Euro

Der geplante Tunnel in Freudenstadt stieß auf breite Ablehnung im Gemeinderat Baiersbronn. "Wenn der Tunnel kommt, ist Baiersbronn der große Verlierer und Freudenstadt der große Gewinner": Mit dieser Aussage stand Gerhard Gaiser (SPD) nicht allein.

Baiersbronn. Axel Speer und Nicolai Deveaux vom Regierungspräsidium Karlsruhe waren in den Gemeinderat Baiersbronn gekommen, um dem Gremium die Planungen vorzustellen. "Der Tunnel in Freudenstadt ist im entscheidenden Planungsstatus angekommen. Aktuell läuft das Planfeststellungsverfahren, und wir sind in der Genehmigungsplanung", erklärte Nicolai Deveaux.

In einer Präsentation ging er auf die lange Historie des Projekts ein. Seit der Umweltstudie von 1998 vergingen 15 Jahre, bevor 2013 der Stadtrat von Freudenstadt der Tunnelvariante zustimmte. "Der Tunnel ist vorfinanziert. Er wird die Fahrzeugmenge in Freudenstadt reduzieren. Die Kosten liegen nach den neuesten Preissteigerungen bei rund 120 Millionen Euro", so Deveaux. Er stellte die Prognosen über die voraussichtliche Entwicklung des Verkehrs vor und führte aus, dass diese auch eine Mehrbelastung an Fahrzeugen für Baiersbronn ergeben hätten. Der geplante Tunnel soll in Höhe der Boschenlochkurve aus Richtung Baiersbronn kommend beginnen und etwa in der Nähe der Shell-Tankstelle in Freudenstadt am sogenannten Ostportal enden. Als möglichen Baubeginn nannte Deveaux das Jahr 2024. Mit einer Fertigstellung des Großprojekts könne man im besten Fall im Jahr 2029 rechnen.

Bürgermeister Michael Ruf fragte, ob es Erkenntnisse über die Entwicklung des Verkehrs, insbesondere des Schwerlastverkehrs, auf der Landesstraße 401 gebe. "Das sagt die Untersuchung nicht aus", so Deveaux.

Axel Speer: Lediglich eine Umverlagerung

Axel Speer erklärte, dass es bei dem befürchteten Mehraufkommen an Fahrzeugen lediglich eine Umverlagerung gebe. Die meisten Fahrzeuge würden aus dem Binnenverkehr stammen. "Irgendwann kommt auch der Tunnel auf der B 28, aber das Land hat zunächst den vordringlichen Bedarf bedient", so der Experte.

Gemeinderat Ingo Christein (CDU) befürchtet einen verstärkten Schwerlastverkehr durch den Freudenstädter Tunnel in der Gemeinde Baiersbronn. "Wenn der Tunnel kommt, gibt es dann Möglichkeiten für eine Umgehung?", fragte er. "Wir können nur das planen, was im Bedarfsplan drin ist", sagte Speer.

Gemeinderat Gerhard Gaiser (SPD) fragte nach der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung des Tunnels. Er sprach finanzielle Engpässe durch die Corona-Krise an und priorisierte die deutlich günstigere Variante eines Ausbaus der Landesstraße 350. "Wir fühlen uns da generell etwas hintergangen in Baiersbronn", so Gaiser. "Wie die Finanzen durch die Corona-Krise aussehen, wissen wir nicht. Aber die Tunnelmaßnahme ist ausfinanziert", stellte Axel Speer fest.

Gemeinderat Karlheinz Nestle (FWV) sprach von einem wesentlich höheren Verkehrsaufkommen seitdem die Landesstraße 409 in Klosterreichenbach ausgebaut wurde. "Der Schwerlastverkehr wird schon aus topografischen Gründen nicht die Landesstraße 350 nutzen und lieber durch die Ortschaften fahren", so Nestle.

Gemeinderat Ludwig Wäckers (BUB) bezweifelte die Prognosen zum Verkehrsaufkommen in den nächsten Jahren. "Das ist vielleicht der Stand heute. Aber wie sieht es in neun Jahren aus? Benachteiligt wird in jedem Fall Baiersbronn, das ist eine Tatsache", so Wäckers.

Gemeinderätin Beate Schaible (BUB) fragte nach den Maßnahmen, um die Bevölkerung vor dem Verkehrslärm zu schützen. Es gebe Möglichkeiten, eben auch durch geförderte Maßnahmen Lärm einzudämmen, so Axel Speer.

Gerhard Gaiser fragte nach, ob man bei den Prognosen auch den Verkehr zum neuen Nationalparkzentrum eingerechnet habe, das dieses Jahr noch eingeweiht werden soll. "Soweit ich weiß, wurde das in Teilen berücksichtigt. Ob das aber vollumfänglich überprüft wurde, kann ich nicht sagen", lautete die Antwort von Deveaux. "Die Verkehrserhebung zeigt, dass Baiersbronn eine Mehrbelastung haben wird, diese stammt aber eher aus dem regionalen Verkehr", betonte Axel Speer.

Gemeinderätin Christine Günter (FWV) sprach von einer nicht ganz durchdachten Sache. Es müsse doch das Ziel sein, das gesamte Murgtal zu entlasten.

"Die Auswirkungen des Tunnels sind für uns katastrophal", sagte Gemeinderat Georg Klumpp (FDP/UBL). "Der Bund hat die Maßnahme beschlossen, der Tunnel wird wohl kommen", so Axel Speer. Ob es zu Verzögerungen kommt, hänge auch davon ab, ob es Klagen gebe.