Eine tödliche Messer-Attacke in Baiersbronn wird derzeit vor dem Landgericht Rottweil verhandelt. Foto: Nädele

Tödliche Messer-Attacke in Baiersbronn: 32-jährige Zeuge zu betrunken, um Aussage zu machen.

Baiersbronn/Rottweil -  Bei der Aufarbeitung des Geschehens um den tödlichen Messerstich in einer Baiersbronner Wohnung am späten Abend des 28. Mai 2015 dreht sich fast alles um betrunkene Menschen, die ständig eine Gelegenheit suchten, ihre Sucht zu finanzieren.

Wie dramatisch sich Menschen dabei in eine Notlage bringen können, zeigte am Dienstag – am zweiten Verhandlungstag in Rottweil – auch der Versuch der Schwurgerichtskammer, einen Zeugen zu einer Aussage zu bewegen. Nachdem der 32-Jährige, der in einer Obdachloseneinrichtung zu Hause ist, von der Polizei in stark alkoholisiertem Zustand im Gerichtssaal vorgeführt wurde, war ob des renitenten Verhaltens des Mannes schnell klar, dass verwertbare Aussagen nicht zu erwarten sind. Die Prozessbeteiligten einigten sich deshalb darauf, stattdessen das im Juli 2015 vom Amtsgericht Freudenstadt gefertigte Protokoll zu den Aussagen des Zeugen zu seinem Zusammensein mit dem Opfer und dem mutmaßlichen Täter in den Stunden vor der Tat verlesen zu lassen. Das Bild, das sich aus dieser Niederschrift ergibt, unterstreicht eigentlich nur das, was andere Zeugen – ob Polizisten, eine Freudenstädter Kioskbetreiberin oder Nachbarn in dem zu einem großen Wohntrakt umfunktionierten früheren Baiersbronner Hotel, in dem der tödliche Messerstich geführt wurde – in ähnlicher Weise beschrieben: Um den Getöteten herum ging es – vornehm ausgedrückt – immer sehr lebhaft zu.

Da dabei Alkohol eine große Rolle spielte, geschah dies augenscheinlich in einer sehr unkontrollierten Weise. Pöbeleien und Ruhestörungen müssen an der Tagesordnung gewesen sein. Der Alkoholnebel war dabei immer wieder Nährboden für ein ungutes Zusammensein. Beim Torkeln durch den Alltag müssen sich Schulterklopfen und Schimpftiraden fast ständig abgewechselt haben. Ein hilflos wirkender Hausbewohner schilderte gestern, wie er zuweilen vom getöteten Wohnungsinhaber zwecks Finanzierung neuer Getränke zur Kasse gebeten wurde.

Dem wegen Totschlags Angeklagten, der in der Justizvollzugsanstalt Offenburg einsitzt, war gestern der missglückte Auftritt seines ehemaligen Zechkumpans sichtlich peinlich. Der Mann, der nach dem fatalen Stich mit einem Brotmesser offenbar nicht fassen konnte, was er angerichtet hatte, will dem Alkohol endgültig ade sagen. Eine harte Therapie schrecke ihn nicht ab, versicherte er vor Gericht, das sich gestern von einem Polizeisachverständigen auch eingehend über die am Tatort vorgefundene Situation infor- mieren ließ.