Gerhard Gaiser, Saskia Esken, Andreas Stoch und Patrick Schreib (von links). Foto: Rothfuß

Kultusminister diskutiert in Baiersbronn über die Zukunft der Gastronomie und des ländlichen Raums.

Baiersbronn - Ausbildung in der Gastronomie als Problemzone? Über den Wettbewerb der Destinationen diskutierten Kultusminister Andreas Stoch (SPD) mit der SPD-Bundestagskandidatin Saskia Esken, dem SPD-Kreisvorsitzenden Gerhard Gaiser sowie Patrick Schreib, dem Leiter der Baiersbronn-Touristik, in der Tourismusgemeinde schlechthin – Baiersbronn.

Als Tourismusgemeinde stemmt sich Baiersbronn erfolgreich gegen den landesweiten Trend und meldete erst kürzlich für 2012 ein Plus von drei Prozent bei den Übernachtungszahlen. Über acht Prozent mehr Gäste aus dem Ausland besuchten im selben Zeitraum die größte Flächengemeinde der Republik. Damit behauptet sich die Murgtalgemeinde im Wettbewerb der Destinationen.

Der Tourismus ist als größter Arbeitgeber und Ausbilder eine tragende Säule der Wirtschaft zwischen Obertal und Schönmünzach, allerdings auch eine Branche mit ganz spezifischen Problemzonen. Die Quote der jungen Menschen, die eine berufliche Ausbildung in der Gastronomie abbrechen, ist, gemessen an anderen Branchen, exorbitant hoch: "Über 30 Prozent der Azubis gehen ohne Abschluss, und weitere 20 Prozent wechseln innerhalb ihrer Ausbildungszeit den Betrieb", beziffert SPD-Bundestagskandidatin Saskia Esken die Zahl derer, die offensichtlich mit erheblichen Problemen im Job kämpfen. Dabei wird qualifiziertes Personal in der Gastronomie dringender benötigt denn je, und die Chancen auf eine Karriere in der Gastlichkeit stehen nicht schlecht. "Junges Personal in der Branche kommt sehr schnell in Verantwortung und hält letztlich häufig die Betriebe zusammen", weiß Patrick Schreib, gelernter Koch und Leiter der Baiersbronn-Touristik.

Der als kreativer Kopf bekannte Touristiker sieht die Lage allerdings differenziert: "Wir müssen die Wertigkeit und die Lust am Job aufbauen, um das Personal nachhaltig zu motivieren", so Schreib. Allerdings greift für ihn das Problem noch tiefer: "Es geht um die Gestaltung eines Lebensraums." Patrick Schreib verknüpft die Entwicklung des Orts eng mit der Möglichkeit, gutes Personal längerfristig an die Gastronomiebetriebe zu binden. Hierbei sieht der Touristikfachmann die Kommune in der Pflicht, den meist familiär strukturierten Betrieben unter die Arme zu greifen und die unterschiedlichen Wirtschaftsbereiche in der Gemeinde weiterzuentwickeln.

"Wer hier wohnt, hat sich nicht den schlechtesten Flecken zum Leben ausgesucht", würdigt Kultusminister Andreas Stoch das Murgtal augenzwinkernd. Für den SPD-Politiker, der bezüglich der Schulentwicklung eine Differenzierung zwischen den Metropolen und dem ländlichen Raum für zwingend notwendig hält, liegt der Kern des Problems in der sinkenden Geburtenrate und daraus resultierend in den wegbrechenden Schülerzahlen. Als Ziel nannte der Minister eine "vernünftige regionale Grundversorgung mit allen Schularten". Dabei warnte Stoch vor bayerischen Verhältnissen mit einer ausgedünnten Berufsschullandschaft, der man hierzulande mit einer regionalen Bündelung und Spezialisierung der einzelnen Schulen begegnen könne. "Wenn wir jedoch alles so belassen, machen wir den ländlichen Raum kaputt."

Stoch regte an, die Haltung der Betriebe zu ihren Auszubildenden zu reflektieren: "Wir wollen unsere Azubis im Hotel- und Gaststättengewerbe nicht verhätscheln, brauchen jedoch eine qualitätsvolle Ausbildung." Darüber hinaus warb der Minister dafür, die noch weit verbreiteten Scheuklappen innerhalb der Tourismusbranche für junge Menschen mit Migrationshintergrund abzunehmen. Dialogbereitschaft stehe an erster Stelle: "Ich bin für kreative Ideen und komme deshalb gerne aus Stuttgart angesaust."