"Wir sind in der Ortschaft angekommen.". Martin Neuhaus leitet das Betreuungszentrum Murgtalblick in Schwarzenberg. Foto: Kuhnert Foto: Schwarzwälder-Bote

Betreuungszentrum hoch über Schwarzenberg mit eigener Philosophie / Platz für rund 70 Bewohner

Von Hannes Kuhnert Baiersbronn-Schwarzenberg. Im Betreuungszentrum Murgtalblick in Schwarzenberg, ein ehemaliges Kurhotel hoch über dem Örtchen Schwarzenberg, weht ein neuer Wind. Und das liegt nicht nur an den Handwerkern, die den stattlichen Komplex runderneuern.Die Handwerker stehen unter Zeitdruck: Anfang April ist die Eröffnung nach dem Umbau unter Planung und Leitung von Architekt Reiner Günter terminiert, und es gibt noch viel zu tun. Das ehemalige Pflegeheim war im April 2009 von der bundesweit agierenden Unternehmensgruppe Burchard Führer mit Sitz in Dessau erworben worden, eine GmbH, die über 40 Einrichtungen der Pflege und Behinderten-Hilfe sowie der ambulante Pflege unterhält und Hotels besitzt.

Heimleiter Martin Neuhaus, seit 2007 vor Ort, ist Diplom-Sozialarbeiter und führt mit seinen Stellvertreterinnen Petra Behrens und Monika Dölker sowie rund 35 Mitarbeitern das Betreuungszentrum.

Das Konzept des Zentrums ist zweigleisig. Zum einen ist da die Pflege. Sie gibt Menschen, die ohne Hilfe nicht mehr auskommen können, ein Zuhause. Zum anderen ist da die Betreuung von psychiatrisch erkrankten Menschen. Das Ziel ist nicht deren Wiedereingliederung in die Arbeitswelt, denn viele der Patienten können wegen ihrer Erkrankung keiner geregelten Arbeit mehr nachgehen. "Unser Ziel aber ist die Enthospitalisierung", sagt Neuhaus. "Viele Patienten kommen aus Kliniken, Behindertenwerkstätten oder anderen Einrichtungen, wo sie nur schwer integriert werden konnten."

Dabei setzt das Konzept des Hauses auf eine aktivierende Pflege, die sich an Fähigkeiten, Bedürfnissen und am biografischen Hintergrund der Patienten orientiert. Ihr Tag ist klar strukturiert mit Angeboten wie Bewegung und Gymnastik, Gehirntraining, Arbeiten in Werk- und Kreativgruppen, Entspannungsübungen und praktischen Tätigkeiten des täglichen Lebens und Zusammenlebens.

Die psychisch erkrankten Menschen sind meist in einem Alter zwischen 50 und 60 Jahren und haben zu etwa 90 Prozent einen Suchthintergrund. 73 Bewohner finden im Betreuungszentrum ein Zuhause in Ein- oder Zweibett-Zimmern.

"Ich glaube, wir sind angekommen und wir werden angenommen", beschreibt Neuhaus die Position des Betreuungszentrums in Schwarzenberg. Mit den Nachbarn werde ein gutes Verhältnis gepflegt, ebenso mit Ärzten und dem Krankenhaus in Freudenstadt. Das Haus und seine Vertreter engagieren sich in örtlichen und regionalen Gremien, man pflegt Zusammenarbeit mit Kostenträgern und Betreuern, und ist auch beim Weihnachtsdorf vor Ort.

"Es ist unsere Bewohnerzentrierte Pflege, die einem Patienten sogar die Rückkehr ins Familienleben ermöglichte", erzählt Martin Neuhaus "unheimlich stolz" von einem Fall der Resozialisierung. Ein etwa 65-jähriger Ingenieur, verheiratet und Vater von drei Kindern und mit massiver Suchtproblematik, war von einer Klinik ins Betreuungszentrum "zum Sterben" eingeliefert worden, wie sich Neuhaus erinnert. "Er konnte nicht mehr laufen, nicht mehr allein essen, war desorientiert und kaum ansprechbar".

Der Mann habe sich zu einem der beliebtesten Bewohner im Haus entwickelt und nach etwa einem Jahr den Wunsch geäußert, zurückzukehren zu seiner Familie. Neuhaus: "Dort lebt er jetzt und hält noch heute regelmäßig zu uns Kontakt."