Die neue Schwarzwaldstube mit Blick ins Tonbachtal. Foto: Steffen Thalemann

"Schwarzwaldstube" und "Köhlerstube" melden sich zurück. Team geht motiviert an das neue Kapitel.

Baiersbronn-Tonbach - Binnen einer Nacht ging Anfang Januar das historische Stammhaus der "Traube Tonbach" mit samt Deutschlands dienstältestem Drei-Sterne-Restaurant "Schwarzwaldstube", dem Ein-Sterne-Restaurant "Köhlerstube" und der traditionellen "Bauernstube" in Flammen auf. Zu Pfingsten feiern zwei der Restaurants nun ihr Comeback.

Das neu gebaute "Temporaire" bietet den beiden Brigaden von Torsten Michel und Florian Stolte ein Zuhause auf Zeit – und Platz für 70 Gäste. Über das Comeback informiert das Hotel Traube Tonbach in einer Pressemitteilung.

"Unsere Restaurants haben endlich wieder ein Zuhause", freut sich Heiner Finkbeiner über die Wiedereröffnung der Schwarzwaldstube und der Köhlerstube zum Pfingstwochenende. "Durch das Feuer haben wir mit unserem Stammhaus nicht nur einen Ort verloren, an den viele persönliche Erinnerungen unserer Familiengeschichte verknüpft waren. Unsere Gourmetrestaurants und die historische Bauernstube waren auch liebgewonnene Genussorte", wird der Seniorchef des Luxushotels in der Mitteilung weiter zitiert.

Spitzenküche zählt zum Gesamterlebnis

Wie wichtig die Spitzenküche für das Gesamterlebnis ist, weiß der Gastgeber. "Exzellentes Essen gehört für unsere Gäste einfach zum Urlaub in der ›Traube Tonbach‹. Die gewohnte Vielfalt fehlte nicht nur Feinschmeckern." Auch die ambitionierten Küchenchefs standen plötzlich ohne Küche und damit ohne Aufgabe da. "Unsere Motivation, die zerstörten Restaurants schnellstmöglich wiederzueröffnen, war hoch", bekennt der Hotelier.

Selbst die verordnete Corona-Zwangspause ab Mitte März tat den ehrgeizigen Plänen der Familie zum Wiederaufbau der Restaurants keinen Abbruch. "Wir haben die Zeit effektiv genutzt, und der Entwurf unseres neuen Stammhauses nimmt bereits konkrete Form an", verrät Finkbeiner. "Aber alles will gut durchdacht sein. Wir wollen schließlich nicht nur den Erwartungen zukünftiger Gäste gerecht werden, sondern auch unseren Kindern als nachfolgenden Gastgebern." Der Neubau wird bis Ende 2021 andauern und ist wie der Bau des ›Temporaire‹ ein Großprojekt, in das die ganze Hoteliersfamilie involviert ist.

Aus dem Anspruch, Gourmetgäste nicht so lange auf das nächste Dinner in der Köhlerstube oder Schwarzwaldstube warten zu lassen, wuchs die Idee der Übergangslösung auf dem Flachdach der Hotelgarage. "Was wenig glamourös klingt, bot einige Vorteile", weiß Juniorchef Sebastian Finkbeiner. "Neben der Nähe zum Hotel war eine Aufstockung des Gebäudes statisch machbar und erste Versorgungsleitungen bereits vorhanden. Als i-Tüpfelchen gibt es einen Panoramablick aufs Tonbachtal", veranschaulicht der 40-Jährige die ausschlaggebenden Faktoren.

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Mit dem Entwurf betraute die Inhaberfamilie einen langjährigen Partner: Die Stuttgarter Architektenpartnerschaft ARP setzte die Vision von einem Zuhause auf Zeit für die Schwarzwaldstube und Köhlerstube um. In nur acht Wochen entstanden durch den Einsatz von rund 20 beteiligten Handwerksbetrieben zwei Geschosse, die auf 600 Quadratmetern Platz für zwei Gasträume, die Küchen sowie Kühl-, Lager- und Personalräume bieten.

"Für das ›Temporaire" wurden acht Überseecontainer mit zwei vollausgestatteten Küchen ausgebaut", so Sebastian Finkbeiner. "Komplettiert wird das Ganze durch zwei vorgelagerte Gasträume und eine umschließende Hülle aus Glas und rund 1600 Lärchenholzlatten, die den Bau wie ein Vogelnest verkleiden."

Im Inneren erinnert wenig an das stählerne Grundgerüst: "Rund 30 Fenster sorgen für viel Lichteinfall und geben der Konstruktion etwas Luftiges", verspricht Renate Finkbeiner, die im Familienunternehmen maßgeblich für die fortlaufenden Modernisierungen des Traditionshotels verantwortlich zeichnet. Das Interior ist bewusst zurückhaltend. "Nichts soll sich aufdrängen, um Service und Küche die Bühne zu überlassen."

Alles musste neu beschafft werden

Hinter den Kulissen sind die beiden Profiküchen das neue Reich für die Teams um die Küchenchefs Florian Stolte und Torsten Michel. Michel verdeutlicht, dass alles, was zu einem Restaurant gehöre, nach dem Brand neu beschafft werden musste: "Küchengeräte, Töpfe, Pfannen, Kochgeschirr und das gesamte Porzellan. Aber auch die ganze Tischkultur vom Silberbesteck zu Gläsern über Tischwäsche und Stoffservietten bis zum Messerbänkchen." Endlos viele Ausstattungsstücke, die ausgesucht, kalkuliert, bestellt und ausprobiert werden mussten. "Uns war nicht einen Tag langweilig", ergänzt Florian Stolte, "aber das tatsächliche Kochen für Gäste hat uns gefehlt."

Beide Brigaden freuen sich, wieder zu starten. Bereits am Freitag ging es los. Zur Vorfreude gehören in Zeiten von Corona auch gut durchdachte Vorkehrungen für ein sicheres Miteinander. Juniorchef Matthias Finkbeiner konnte für ein umfassendes Hygienekonzept die Expertise der Universitätsklinik Tübingen gewinnen. "Die Schwarzwaldstube von einst ist Vergangenheit, aber an unserer Küche hat sich nichts geändert", stellt Torsten Michel fest. "Mein Team ist extrem motiviert für das neue Kapitel."

Während die Köhlerstube ab Februar schon übergangsweise im Hotelrestaurant Silberberg wieder Gäste bekochte, nutzten Michels Köche die Zeit bis zum Corona-Lockdown zum Hospitieren bei Kollegen in ganz Europa. "Jetzt haben Florian Stolte und ich wieder unsere eigenen Küchen und können das tun, was uns am meisten Spaß macht: kochen", sagt Michel.