Konzert: Stuttgarter Philharmoniker entfachen musikalisches Feuerwerk in der Alpirsbacher Klosterkirche
Eine musikalische Sternstunde erlebten die Zuhörer in der voll besetzten Alpirsbacher Klosterkirche beim Konzert der Stuttgarter Philharmoniker. Die über 90 Musiker entfachten gemeinsam mit ihrem Chefdirigenten Dan Ettinger ein musikalisches Feuerwerk.
Alpirsbach. Überwältigend war dabei das Dirigat des international gefragten Dirigenten, der sowohl regelmäßig von den weltweit renommiertesten Opernhäusern als Gastdirigent engagiert wird als auch das Tokyo Philharmonic Orchestra und das Israel Symphony Orchestra dirigiert. Überwältigend war aber auch die musikalische Leistung der 1924 gegründeten Stuttgarter Philharmoniker, passte hier doch einfach jeder einzelne Ton und jeder einzelne Takt. Überwältigend war vor allem aber der Gleichklang, der zwischen Orchester und Dirigent herrschte.
Sequenzen voller Leichtigkeit
Herrlich zu beobachten, mit welch’ kleinen, fast nicht wahrnehmbaren Fingerbewegungen Ettinger seine Mannschaft an besonders sensiblen Stellen leitete, während er diese andererseits durch temperamentvolle Sequenzen – trotz verletzter rechter Hand – mit vollem Körpereinsatz führte. Mitgebracht hatten die Stuttgarter Musiker zwei Werke Peter Tschaikowskys, die Serenade C-Dur op. 48 für Streichorchester und die Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36. Mitgebracht hatten sie vor allem aber auch höchste Spielkunst gepaart mit überschäumender Spielfreude.
Sowohl bei Tschaikowskys Serenade, seinem einzigen Werk für ein reines Streichorchester, zu dem er sich eigenen Angaben zufolge von der Musik Mozarts inspiriert fühlte, als auch bei seiner 1877 komponierten Sinfonie Nr. 4, die als Inbegriff seiner musikalischen reifen Meisterschaft gilt, entführte das Orchester die erwartungsfrohen Zuhörer in musikalische Glanzwelten. Zu hören waren temperamentvolle Sequenzen, mal voller Leichtigkeit und Heiterkeit, mal voller Spannung. Manchmal steigerte sich dabei die Intensität wie ein sich aufstauender Fluss, dessen Energie sich schließlich in einem Wasserfall entlädt. Dann wieder plätscherten die leisen Töne dahin wie ein kleines, friedliches Bächlein, ehe sich die Klangfülle im grandiosen Finale in einem gewaltigen Strom ergoss.
Kaum widersetzen konnte man sich beim "Valse" der musikalisch dargebrachten Aufforderung, durch das Kirchenschiff zu tanzen, war es doch den Streichern gelungen, durch ihr Spiel die romanische Klosterkirche gleichsam in ein Wiener Opernhaus zu verwandeln. Gepaart mit der unvergleichlichen Akustik der Alpirsbacher Klosterkirche blieb beim ergriffenen Zuhörer da nur eine Option: Augen zu und träumen. Auszuhalten waren aber auch Synkopen und wohlgesetzte Pausen, die geradezu den Atem stocken ließen.
Aber auch die Symphonie Nr. 4 ließ die Zuhörer stellenweise atemlos zurück; sei es angesichts der unglaublichen Klangfülle, der selten zu hörenden und meisterhaft gespielten Soli von Fagott, Klarinette oder Oboe, sei es ob der virtuosen Trompetenklänge, der majestätischen Klänge der Schlagzeuger, ob der Paukenschläge und natürlich ob der sensiblen Spielweise der Streicher. Diese sorgten zudem mit ihren herrlichen Pizzicato-Sequenzen für Gänsehautgefühl. Genau so muss Tschaikowsky klingen, nicht nur in Tokio, Tel Aviv oder Mailand, sondern auch in Alpirsbach. Mit lang anhaltendem Applaus dankten die Zuhörer dem Orchester für dieses Ausnahmeerlebnis, das bei vielen beim Heimweg im Vollmondschein sicherlich noch lange nachklang.
Denn mit ihrer Musik war es den Stuttgarter Philharmonikern gelungen, Gefühle und Lebensfreude in Töne zu verwandeln.