Die Referenten Peter Heffner (links), Laura Huber-Eustachi und Anette Wohlfarth (rechts) mit Schäfer Jörg Frey. Foto: Michel

Schafhalter sehen die Politik gefordert. Viele Fragen noch ungeklärt. Haftungsfrage als größtes Problem.

Baiersbronn - Für die einen ist er faszinierend, den anderen treibt er die Sorgenfalten auf die Stirn – der Wolf. Wie sehr die Rückkehr des Wolfs ins Land die Menschen in der Region umtreibt, zeigte das große Interesse, auf das ein Informationsabend zu dem Thema im Kurhaus Schönmünzach stieß.

Unter dem Titel "Weidetierhaltung und Wolf – Geht das?" hatte der Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg ins Kurhaus Schönmünzach zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung eingeladen – und rund 170 Interessierte kamen. Die Referenten: Laura Huber-Eustachi von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, Anette Wohlfarth, Geschäftsführerin des Landesschafzuchtverbands, und Peter Heffner, Geschäftsführer des Landschaftserhaltungsverbands Landkreis Freudenstadt. Mehr als drei Stunden lang rückten sie den Wolf und die Auswirkungen seiner Rückkehr auf Landwirtschaft, Landschaftserhalt, Tourismus- und Freizeitwirtschaft in den Fokus.

Spannende Einblicke in Leben, Verhalten und Verbreitung der Wölfe und das Wolfsmonitoring in Baden-Württemberg gab Laura Huber-Eustachi. Sie erklärte, dass Wolfsrudel Familien aus Eltern, Jährlingen und Welpen sind, von denen jede ein riesiges Territorium hat. Etwa vier Kilogramm Wild pro Tag, also etwa 1500 Kilogramm im Jahr, benötige ein erwachsener Wolf. Der Wolf fresse, was da und leicht zu bekommen ist. Generell bevorzuge er großes Schalenwild. Der Mensch zähle nicht zu seiner Beute. Doch auch wenn der Wolf als intelligentes Wildtier Konflikten mit dem Mensch aus dem Weg gehe, sei es wichtig, ihm Respekt entgegenzubringen. Laura Huber-Eustachi ging auch auf die Zunahme der Meldungen ein. "Wir sind total am Rödeln." Von einem zeigte sie sich überzeugt: Der Wolf werde sich auch in Baden-Württemberg niederlassen.

Einen Einblick in die Aufgaben des Landschaftserhaltungsverbands, die Entwicklung der Kulturlandschaft, in der sich Wald und Wiesen abwechseln, und die Bedeutung der Weidetierhalter für den Erhalt dieser Landschaft hatte zuvor Peter Heffner gegeben. Die Weidetierhalter würden artenreiche Lebensräume erhalten und schaffen, attraktive Erholungs- und Wohlfühllandschaften. Würden sie aufgeben, komme der Wald. Die Weidetierhalter hätten "mehr Wertschöpfung und Wertschätzung" verdient, sagte Heffner. Er sieht die Politik gefordert – in Sachen Förderung ebenso wie beim Bürokratieabbau und beim Wolfsmanagement. Doch auch im Tourismus könne Landschaftspflege betrieben werden – mit Messer und Gabel, also mit heimischen Produkten auf dem Tisch. Wie wichtig Weidetierhalter für Gemeinden wie Baiersbronn sind, hatte auch Baiersbronns Bürgermeister Michael Ruf in seinem Grußwort deutlich gemacht.

Dass das Thema Wolf den Weidetierhaltern unter den Nägeln brennt, daran ließ Anette Wohlfarth vom Landesschafzuchtverband keinen Zweifel. Das Thema gehe alle an, denn es werde Auswirkungen auf viele Bereiche haben: auf die Weidetierhalter, das Freizeitverhalten und Waldkindergärten zum Beispiel.

Und es sind nicht die Risse allein, die die Weidetierhalter umtreiben. "Unser größtes Problem ist der Versicherungsschutz", stellte Anette Wohlfarth fest. Ein gerissenes Tier sei furchtbar, doch wenn Tiere aus Panik ausbrechen und einen Unfall verursachen, dann werde die Haftungsfrage zur Existenzbedrohung.

Anette Wohlfahrt beleuchtete auch das vom Land geförderte Projekt "Herdenschutz in der Praxis", in dessen Rahmen von Landesschafzuchtverband und Nabu Erfahrungen zum Herdenschutz gesammelt wurden – vom Herdenschutzhund – der nicht mit einem Hütehund zu verwechseln ist – über Zäune bis zu Netzen. Alles koste Zeit und Geld.

Viele Fragen sind laut Wohlfarth bisher offen. Eine echte Lösung noch nicht gefunden. Auch die Schäfer Jörg Frey aus Schwarzenberg und Herbert Schaible aus Aidlingen machten deutlich, dass in ihren Augen die Schutzmaßnahmen mit Problemen verbunden sind.

Die Weidetierhaltung sei in ihrer Existenz bedroht, erklärte Anette Wohlfarth und forderte: Es müsse ein Umdenken in Politik und Gesellschaft stattfinden. Eine Koexistenz von Wolf und Weidetierhaltung sei möglich, wenn der Herdenschutz gewährleistet werden könne, der Mehraufwand finanziell ausgeglichen werde und die Haftungsfrage geklärt sei. In der Diskussion, die wohl auch angesichts der fortgeschrittenen Stunde relativ kurz ausfiel, kam von den Zuhörern unter anderem auch ein Vorschlag zu einem Lösungsansatz – dem Wolf wie dem Rothirsch gewisse Gebiete zuweisen.