Der schon bestehenden See bei der Minigolfanlage soll so umgebaut werden, dass er weit mehr Wasser aufnehmen kann als bisher. Archiv-Foto: Michel Foto: Schwarzwälder Bote

Bahnüberquerung ist Problemzone. Ortsvorsteher Nestle geht es zu langsam.

Baiersbronn-Klosterreichenbach - Hochwasserschutz ist eine komplizierte Angelegenheit. Je mehr Beteiligte, desto komplizierter. Das wurde bei der Ortschaftsratssitzung in Klosterreichenbach am Mittwoch deutlich, bei der es um den aktuellen Planungsstand der Hochwasserschutzmaßnahmen ging.

Wie kompliziert Hochwasserschutz ist, wie viele Fäden da zusammenlaufen, das machte Norbert Gaisser vom gleichnamigen Ingenieurbüro in Baiersbronn gleich zu Beginn deutlich. Das Büro arbeitet seit rund einem Jahr an den Plänen für den Reichenbach. Gaisser erläuterte bei der Sitzung in der Reichenbachhalle, zu der zahlreiche Interessierte gekommen waren, die für den Reichenbach geplanten Baumaßnahmen anhand eines Plans (siehe Info). Als "ganz kritischen Punkt" bezeichnete Gaisser die Bahnquerung, mit der der Hochwasserkanal unter der Bahnline hindurch geführt wird. Der Termin dafür, der lange im Vorhinein festgelegt werden muss, steht bereits: 8. bis 10. September 2019. Drei Tage Zeit bleiben, um den Hochwasserentlastungskanal unter der Bahntrasse zu erstellen. "Ich denke, das wird ein Drei-Schicht-Betrieb werden", so Gaisser. Ziel sei, dass mit der Bahnquerung begonnen wird. Das, was vor dem Winter nicht mehr geschafft werde, würde dann im Frühjahr 2020 angegangen.

"Mehrere Ingenieur-Büros sind damit beschäftigt, das zu planen", sprach auch Bauamtsleiter Thomas Kuntosch die umfangreichen Vorbereitungen an, die notwendig sind, bevor es losgehen kann. "Das dauert uns auch zu lange", sagte Bürgermeister Michael Ruf. Doch bei dieser Baumaßnahme, die eine "Riesendimension" habe, sei eine Fülle von Behörden, Fachplanern und Eigentümern beteiligt. "Das Ding wird so breit und hoch wie eine Doppelgarage, und wir müssen unter der Bundesstraße durch", schilderte Ruf anschaulich die Dimension des Hochwasserentlastungskanals. Zeitgleich mit den Arbeiten für die Bahnquerung werde das Gleiche auch in Röt angegangen, so Ruf.

Bei drei Millionen Euro liegen laut Ruf die Kosten für die Maßnahme in Klosterreichenbach, nur für den Reichenbach als größtes Projekt. Dabei machte er deutlich, dass die Zuschüsse nur dann fließen, wenn solche Schutzprojekte auch wirtschaftlich sind, wenn also der Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu den Schäden steht, die damit vermieden werden können.

Ortsvorsteher wünscht sich mehr Tempo

Ortsvorsteher Karlheinz Nestle machte keinen Hehl daraus, dass es ihm viel zu langsam geht. Er sehe Regierungspräsidium und Landratsamt in der Pflicht. Das Thema Nahwärme mache das Ganze zudem noch spannender. Dazu erläuterte Claus Lieb, technischer Betriebsleiter der Gemeindewerke, der Burchard Führer Gruppe sei zugesagt worden, dass sie bis September 2019 mit Nahwärme rechnen kann. Die Wärme werde benötigt, um den Bau des geplanten Seniorenpflegeheims zu trocknen. Die Wärmezentrale ist im Schwimmbadgebäude. Eine Trassenführung der Nahwärmeleitung über den Schwimmbadweg sei voraussichtlich nicht machbar, weil dort die Arbeiten für den Hochwasserschutz wohl erst später anlaufen und die Nahwärmeleitungen damit dem Hochwasserkanal im Wege wären. Zurzeit würden alternative Trassen – zum Beispiel über den Dornstetter Weg – geprüft.

Wenn alle Stricke reißen, müsse für das geplante Seniorenpflegeheim ein mobiles Wärmeerzeugungsaggregat als Provisorium zur Verfügung gestellt werden, um dann die Nahwärmetrasse zusammen mit dem Hochwasserschutz anzugehen, erklärte Lieb. Denn: "Wir werden nicht wortbrüchig." Auch über weitere Nahwärmeversorgungszentren werde nachgedacht. "Das muss ein ganzes Konzept werden." Seine Bereitschaft, ein solches Zentrum in seinem Unternehmen, Kafa Textilpflege, einzurichten, bekundete Uwe Kallfass in der Diskussion.

Auf die Frage aus den Besucherreihen, ob der Hochwasserschutz in Klosterreichenbach im Fall der Fälle Huzenbach "absaufen" lasse, antwortete Bauamtsleiter Kuntosch, dass beim Hochwasserschutz nichts gemacht werden dürfe, das andere Unterlieger schädige.

Norbert Gaisser erläuterte auf eine Frage, warum kein Rückhaltebecken gebaut wird, dass in Klosterreichenbach zusätzlich zu einem Rückhaltebecken ein großer Kanal gebaut werden müsste. "Das würde den Kostenrahmen sprengen." In Sachen Vereinsheim der DLRG konnte Gaisser beruhigen: Bisher seien die Maßnahmen so geplant, dass es an seinem bisherigen Standort bleiben kann.

Ortsvorsteher Karlheinz Nestle betonte zum Abschluss, er habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass Nahwärme und Hochwasserschutz in einem Aufwasch angegangen werden können.

Rund drei Millionen Euro kosten die Hochwasserschutzmaßnahmen in Klosterreichenbach für den Reichenbach. Sind die Maßnahmen verwirklicht, dann wird der Reichenbach im Falle eines Hochwassers etwa ab dem Freibad durch einen Damm auf eine Hochwasserentlastungstrasse mit einer größeren Überflutungsfläche umgeleitet und mündet dann im schon bestehenden See bei der Minigolfanlage. Der See wird so umgebaut, dass er viel mehr Wasser aufnehmen kann. Ist der See voll, wird das Wasser über einen Überlauf in einen Kanal geleitet. Dieser Kanal mit vier Metern Breite und zwei Metern Höhe wird unterirdisch unter dem Schwimmbadweg angelegt, quert die Klosterstraße und die Bundesstraße, um dann wieder auf der bisherigen Trasse unter der Bahnhofstraße und der Bahnlinie und schließlich in die Murg geführt zu werden.