Es ist der erste seiner Art: der Baiersbronner Haushaltsplan nach dem neuen Haushaltsrecht Foto: Michel Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinderat Baiersbronn verabschiedet ersten Etat nach neuem kommunalen Haushaltsrecht

Von Helga Michel Baiersbronn. Die Form ist neu, aber wie bisher steckt jede Menge drin. Der Gemeinderat Baiersbronn hat in seiner jüngsten Sitzung den ersten Haushalt nach dem neuen Haushaltsrecht verabschiedet. Bürgermeister Michael Ruf sprach von einem historischen Beschluss, als es im Gemeinderat Baiersbronn um die Verabschiedung des ersten Haushalts nach dem neuen kommunalen Haushaltsrecht ging. Ruf dankte den Mitarbeitern in der Gemeindeverwaltung, für die die Umstellung einen nicht unerheblichen Mehraufwand mit sich gebracht hatte. Der Haushalt sei wieder "gespickt mit sehr vielen Projekten, die wir in diesem Jahr umsetzen wollen".

Einstimmig segnete der Gemeinderat den Haushalt der Gemeinde ab. Außerdem wurden die Wirtschaftspläne der Baiersbronn Touristik und der Gemeindewerke festgestellt. Der Wirtschaftsplan der Baiersbronn Touristik schießt 2014 voraussichtlich mit einem Verlust von rund 1,4 Millionen Euro, der Planentwurf der Gemeindewerke voraussichtlich mit einem Gewinn von 800 000 Euro. Die Zahlenwerke waren schon im Dezember vorberaten worden (wir berichteten). Der Gesamtergebnishaushalt der Gemeinde schließt nach dem Planwerk mit einem Fehlbetrag von etwa 760 000 Euro: Aufwendungen von rund 31,89 Millionen Euro stehen Erträge von etwa 31,13 Millionen Euro gegenüber.

Quer durch dieverschiedensten Themen

Quer durch die Themen war es vor der Verabschiedung der Zahlenwerke in den Haushaltsreden der Fraktionen gegangen – von bürgerschaftlichem Engagement und der Bildung über Tourismus und Landwirtschaft bis zu Verkehr, zu Energie und nicht zuletzt dem Nationalpark.

u Auf einem guten Weg sieht die CDU-Fraktion die Gemeinde mit einem Rückgang der Pro-Kopf-Verschuldung von 419 Euro Ende 2013 auf 375 Euro in der Planung 2014, erklärte deren Sprecher Michael Ruoss. Deshalb werde die CDU auch keine Anträge stellen, die zu zusätzlichen Ausgaben führen. Die Fraktion hatte dann aber gleich eine ganze Reihe anderer Anträge. So soll die Gemeindeverwaltung mit den Anliegerkommunen im unteren Murgtal sowie Freudenstadt eine Interessengemeindeschaft in Sachen Murgtalbahn bilden und umgehend aktiv werden. Ruoss hatte zuvor erklärt, dass von Seiten der Landesregierung durch die neue Ausschreibung der Murgtalbahn weiteres Ungemach drohe. Die Stadtbahnlinie solle nicht mehr direkt durch die Karlsruher Innenstadt fahren und damit am Hauptbahnhof enden. "Damit wäre das Murgtal vom so erfolgreichen Karlsruher Verkehrsmodell abgehängt", erklärte Ruoss, nicht ohne daran zu erinnern, dass das Erfolgsprojekt Murgtalbahn zu großen Teilen von den Kommunen finanziert wurde.

u Kritik an der Landesregierung gab’s auch von der Freien Wählervereinigung. So erklärte deren Sprecher Karlheinz Nestle, dass die Schulpolitik den Gemeinderat von einem Dilemma ins nächste treibe. Diese Politik verhindere, dass "wir als Schulträger eine langfristige Planung in Angriff nehmen können". Dass die Ganztagsschule Regelschule werden solle, könne zwar in einzelnen Fällen sinnvoll sein, führe aber im Zweifelsfall zu einer weiteren Konzentration der Schulstandorte. Außerdem warf Nestle dem Landesverkehrsministerium eine Verweigerungshaltung in Sachen Straßenbau vor und sprach dabei die Beseitigung von Bahnübergängen und den Ausbau der Landesstraße 409 an. Als richtigen und wichtigen Schritt zur Haushaltskonsolidierung bezeichnete Nestle den angestrebten Verzicht auf eine Kreditaufnahme.

u Warmer Wind wehte der Landesregierung aus den Reihen der SPD-Fraktion entgegen. Innerhalb der Landesregierung zeige sich ein aufgeschlossenes Verständnis gegenüber kommunalen Erfordernissen, erklärte SPD-Fraktionssprecher Gerhard Gaiser. Der ländliche Raum werde auch in Zukunft neben den Finanzzuweisungen mit zusätzlichen Förderprogrammen tatkräftig unterstützt. Einen Vorstoß machte Gaiser zur Gemeinschaftsschule. Deren Einführung bedürfe einer intensiven Vorbereitung. Die SPD beantrage deshalb eine zeitnahe Informationsveranstaltung und Grundsatzdiskussion über "dieses attraktive Bildungsangebot". Ein weiterer Antrag der SPD: Schnellstmöglich sollen Gespräche – unter anderem mit den Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises – geführt werden, mit dem Ziel, die verkehrspolitischen Projekte der Gemeinde in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans zu bringen.

u Für die BUB-Fraktion griff Ludwig Wäckers unter anderem die Themen Energiewende und Einwohnerrückgang auf. Die Energiewende, so Wäckers, müsse auf kommunaler Ebene geschehen, da global kein Vorankommen in Sicht sei. Deshalb stellte die BUB-Fraktion den Antrag, dass die Gemeinde Mitglied beziehungsweise Gesellschafter der Energieagentur Horb wird. Vor dem Rückgang der Einwohnerzahl, die von 2008 bis 2013 um 1350 gesunken sei, müsse die Devise "Arbeitsplätze und Lebensqualität für die Einwohner" lauten, erklärte Wäckers, der auch Ideen nannte: zum Beispiel einen Streichelzoo im Tourismusbereich – "ein Arche-Noah-Projekt wäre da natürlich ganz hervorragend" – und eine Zweigstelle der Forsthochschule des Landes, die junge Menschen nach Baiersbronn bringt. Die BUB beantragte, dazu Gespräche mit der Landesregierung zu führen. Ein weiterer Antrag der BUB dreht sich um die Schulen. Für diese soll ein Entwicklungskonzept aufgestellt werden.

u Das neue kommunale Haushaltsrecht biete Verwaltung und Gemeinderat eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage zu neuen Investitionen und den damit verbundenen Folgekosten, erklärte Ulli Schmelzle (FDP/UBL) und nannte auch gleich ein Beispiel: "Das aus Sicht einiger Kollegen immer und immer wieder erwähnte Millionengrab Kulturpark Glashütte hat nach dem neuen Haushaltsrecht im Vergleich zu anderen Einrichtungen glänzende Zahlen." Der jährliche Verlust von gerademal 10 000 Euro bei einem Abschreibungsanteil von 13 000 Euro sei für den touristischen Mehrwert der Feriengemeinde gut angelegtes Geld. Ein konkretes Anliegen brachte Schmelze vor, als er die Ausweisung neuer Baugebiete ansprach, bei denen zuvor geprüft werden solle, inwieweit Altbestände überbaut werden können. Bei dem Projekt "Sonne Obertal" solle geprüft werden, ob das Rückbaugebot angewendet werden könne, um das Gebäude abreißen zu können.

In den Haushaltsreden gingen die Kommentare zum Nationalpark weit auseinander. So erklärte Michael Ruoß, Minister Bonde habe sehr viele Wohltaten für die Region versprochen und müsse jetzt zeigen, dass "toter Wald" zu blühenden Landschaften im Umfeld führt. Ludwig Wäckers sieht dagegen im Nationalpark eine große Möglichkeit, Arbeitsplätze in der Gemeinde zu sichern und neue zu schaffen. Lob gab es quer durch die Fraktionen für die Baiersbronn Touristik und die Einführung der Schwarzwald+-Card. Dass in den Tourismus investiert werden muss, um am Ball zu bleiben, daran gab es keine Zweifel. So sah Gerhard Gaiser die Zunahme der Gästezahlen und Übernachtungen in Baiersbronn entgegen dem Trend vieler bekannter Tourismusorte im vergangenen Jahr als Beleg dafür, dass die Investitionen in den Tourismus gerechtfertigt seien.

u  Kommentar

Von Helga Michel

Die Mammutaufgabe ist fürs Erste geschafft: Der Gemeinderat Baiersbronn hat den ersten Haushalt nach dem neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen abgesegnet. Seit eineinhalb Jahren hat die Kämmerei der Gemeinde die Umstellung vorbereitet. Der Gesamtergebnishaushalt schließt mit einem Fehlbetrag von 760 000 Euro – ist aber trotzdem genehmigungsfähig. Weil die Gemeinden, die schon früh auf das neue System umstellen, nicht benachteiligt werden sollen. Nach der alten Haushaltsführung hätte sich nämlich eine Zuführung in Höhe von 1,2 Millionen Euro vom Verwaltungs- an den Vermögenhaushalt ergeben, und das hätte genügt. Die eigentliche Mammutaufgabe kommt erst noch. Spätestens 2019 gilt es für Baiersbronn, den Fehlbetrag in eine schwarze Null zu verwandeln. Sparsam wirtschaften – immer mit Blick auf Folgekosten – ist die Devise.