Gemeindearchivarin Dorothee Kühnel, Stefan Neuhaus und Bürgermeister Michael Ruf im Hauff-Museum. Foto: Braun Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Stefan Neuhaus referiert über Namensgeber des Hauff-Museums

Märchen sind zeitlos und haben eine große Aussagekraft. Stefan Neuhaus, ausgewiesener Fachmann für Märchen und Sagen, war Gast des Heimat- und Kulturvereins der Gesamtgemeinde Baiersbronn, um im Hauff-Märchenmuseum über dessen berühmten Namensgeber zu referieren.

Baiersbronn. Im Rahmen der Vortragsreihe "Baiersbronner Geschichten" hatte Gemeindearchivarin Dorothee Kühnel den Experten kurz vor dem 14. Märchenfestival für einen informativen Vortrag gewinnen können. Bürgermeister Michael Ruf freute sich über den Besuch des Experten, der viele interessante Publikationen zu Wilhelm Hauff verfasst hat.

Facettenreiche Interpretationen

"Wir bekommen heute sicher viele interessante Impulse", so Ruf. Museumsleiter Otto Züfle begrüßte die Gäste im "kleinen und feinen" Museum und wies auf die facettenreichen Interpretationen von Hauffs Geschichten und Märchen hin. "Ich freue mich sehr, dass Frau Kühnel in der Lage ist, einen solchen Fachmann nach Baiersbronn zu locken", freute sich Züfle.

In einem fundierten Vortrag erläutere Stefan Neuhaus die Doppelbödigkeit von Wilhelm Hauffs Märchen und machte die große gesellschaftliche Bedeutung der Märchen im Allgemeinen deutlich. Bis in die heutige Zeit seien sie hörens- und lesenswert.

Anhand von Hauffs Märchenalmanach "Die Karawane" (1825) zeigte Neuhaus auf, dass Hauff seine Texte nicht nur doppelbödig, sondern mehrfachbödig verfasste. "In der heutigen Zeit, in der Wölfe in Schafspelzen auftreten, bekommt Hauffs Spiel mit dem Fremden und Eigenen wieder eine ganz besondere Note und zeigt, dass Fremdenfeindlichkeit das eigentlich Fremde ist, das auszugrenzen wäre", so der Märchenkenner. Mit einem kurzen Diskurs über die Grimmsche Märchenwelt zeigte Neuhaus auf, dass die Märchen der Gebrüder Grimm gar nicht so neu waren.

Das 19. Jahrhundert sei als Jahrhundert der Märchen zu bezeichnen, die Gebrüder Grimm hätten die Volksmärchen stark geprägt, das Kunstmärchen sei insbesondere durch Ernst Theodor Wilhelm Hoffmann bekannt geworden. Aus dessen Feder stammt "Der Nussknacker und der Mausekönig" – für Tschaikowski die Vorlage für sein weltberühmtes Ballett "Der Nussknacker".

"Hoffmann und die Brüder Grimm waren die richtigen Autoren zur richtigen Zeit, damit das Märchen so, wie wir es heute kennen, entstehen und solchen Erfolg haben konnte." Märchen seien bedeutsam für die Kulturgeschichte, sie würden nicht nur in die Vergangenheit blicken, sondern auch etwas über die heutige Zeit aussagen.

Stefan Neuhaus verstand es auf anschauliche Weise, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu verknüpfen. Und nach einem kurzen Ausflug in die Gesamtheit der Märchen war es wieder Wilhelm Hauff, dem sich der Experte widmete. An vielen Beispielen machte Neuhaus deutlich, dass Hauff ein Gesellschaftskritiker seiner Zeit war. "Er verkleidete seine Kritik zensurbedingt als Märchen."

Am Ende machte Neuhaus nochmals klar, dass die Hauffschen Märchen stets durch die Leser aktualisierbar seien – etwa wenn es darum geht, wie heute mit Fremdenfeindlichkeit umgegangen werden kann.

Viel Applaus gab es für den Vortrag, der den berühmten Namensgeber des Baiersbronner Museums in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ und die Märchen im Allgemeinen als zeitlos aktuell und durchaus lehrreich hervorhob. Nach einigen Fragen aus dem Publikum danke Bürgermeister Michael Ruf dem Experten für seine aufschlussreichen Ausführungen.