Heimatgeschichte: Uwe Fliegauf referiert über den Aufstieg der Hüttenwerke in Friedrichstal

Fachkräftemangel, Industriespionage, Strukturwandel – alles nichts Neues im Schwarzwald. Vom Aufstieg der Stahlerzeugung im 19. Jahrhundert in Friedrichstal referierte Uwe Fliegauf.

Baiersbronn-Friedrichstal. Die Stahlerzeugung hatte eine zentrale Bedeutung für die Industrialisierung in Württemberg. Die Hüttenwerke in Friedrichstal und Christophstal spielten dabei eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der regionalen Industrie. In seinem Vortag berichtet Fliegauf über die Bedeutung und den Wandel der Hüttenwerke in dem Baiersbronner Teilort Friedrichstal.

Im Rahmen der Vortragsreihe des Heimat- und Kulturvereins der Gesamtgemeinde Baiersbronn hatte Gemeindearchivarin Dorothee Kühnel als Organisatorin den ausgewiesenen Fachmann für den Vortrag gewinnen können. Viele Gäste waren in die Friedrichstaler Halle gekommen, um dem mit Bildern begleiteten Vortrag zu lauschen. Bürgermeister Michael Ruf stellte den Referenten vor. Fliegauf ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und gilt als ein Fachmann. Mit seinem Forschungsthema über die württembergische Eisenindustrie könne er viele interessante Erkenntnisse zur Geschichte beisteuern.

"Stahl ist widerstandsfähig und hart zugleich", so Flieg-auf. Das habe sich mit dem positiv belegten Adjektiv "stählern" bis in die deutsche Sprache übertragen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand die die Region mit ihrer Stahlproduktion vor vergleichbaren Herausforderungen wie die heutige Wirtschaft in den Zeiten der Digitalisierung.

1818 sei Württemberg "ein Entwicklungsland" gewesen. Die Landwirtschaft hatte die zentrale Aufgabe, die Menschen zu ernähren. Dafür waren Werkzeuge wie etwa die Sensen notwendig. "Friedrichstal war ein königliches Hüttenwerk und spielte eine zentrale Rolle als Innovationsstandort", erklärte Uwe Flieg-auf. Neben den natürlichen Voraussetzungen wie Wasserkraft und Technik wie Dampfmaschinen waren Arbeitskräfte und das Verfahrenswissen notwendig. Als 1868 die Roheisenerzeugung aufgrund steigender Rohstoffpreise eingestellte wurde, kaufte man Stahl zu und ging dazu über, Stahlfachleute nach Fried- richstal zu locken.

Katholiken aus Österreich im Clinch mit den Protestanten

Amüsant berichtete Fliegauf von einer Art Industriespionage in Österreich und den Problemen, die die nach Friedrichstal gelockten österreichischen Facharbeiter mit sich brachten: "Die Katholiken kamen mit den protestantischen Einheimischen nicht zurecht." Am Ende sei es aber gelungen, Sensen und Werkzeuge, die schon damals ein eigenes Friedrichstaler Güte- und Qualitätssiegel trugen, zu produzieren. "Friedrichstal war, was Sensen anging, in ganz Europa führend und sogar 1867 mit einem Stand auf der Weltausstellung präsent", so der Referent.

Durch ständige Weiterentwicklung habe es die Branche geschafft, die Schwierigkeiten des Strukturwandels zu überstehen. Die Integration in den Konzernverbund der Gutehoffnungshütte Sterkrade AG sicherte auch die weitere Zukunft."Friedrichstal ist ein besonderer Ort, eine Zierde für die Region, und die heute noch bestehende SHW soll ja auch noch erweitert werden."

Bürgermeister Michael Ruf betonte, dass die Gemeinde Baiersbronn auf den kleinen "Hidden Champion" Friedrichstal sehr stolz sei. Im Zuge der Gartenschau 2025 soll das Erbe wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden.  Der vorerst letzte Teil der Vortragsreihe "Baiersbronner Geschichte (n)" findet am Mittwoch, 19. Februar, ab 19 Uhr im Obertaler Gemeindehaus statt. Das Thema: "Steinrestaurierung heute".