Voll besetzt war die Schwarzwaldhalle in Baiersbronn beim "Forum der Vernunft". Fotos: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Verein "Unser Nordschwarzwald" wirft Landesregierung vor, keine Alternativansätze in Betracht zu ziehen / Vorwürfe an Medien

Von Tina Eberhardt

Region. Die Argumente sind ausgetauscht, die Protestbilder seit Monaten die selben. Jetzt ging es darum, Positionen zu festigen. Mit der Großveranstaltung "Forum der Vernunft" in der Schwarzwaldhalle Baiersbronn setzten die Gegner des Nationalparks nochmals ein Statement gegen das umstrittene Projekt. "Ja zum Wald, nein zum Nationalpark", fasste Andreas Fischer, Vorsitzender des Vereins "Unser Nordschwarzwald", die Haltung der Projektgegner knapp zusammen. Das "Forum der Vernunft" in der Schwarzwaldhalle war die erste und einzige Großveranstaltung der IG in der monatelangen Schlacht der Meinungen und Sichtweisen.

"Wir wollen ein Signal setzen", betonte Fischer in einem Pressegespräch. Die Landesregierung halte kompromisslos an einem Nationalpark fest, ohne Alternativansätze in Betracht zu ziehen. Mit dem "Forum der Vernunft" wolle man eine Brücke zum konstruktiven Dialog mit den Bürgern bauen, "indem wir versuchen, den Teilnehmern eine andere Sicht der Dinge darzulegen", so Fischer. Knapp 1000 Karten waren im Vorfeld der Veranstaltung abgegeben worden, der Großteil über die lokalen Gruppen der Interessengemeinschaft.

"Wir diskutieren nicht mehr über einen Nationalpark", legte Fischer entschieden fest, nachdem er die kompromisslose Haltung der Landesregierung angeklagt hatte. Diese erkläre nicht, warum es einen Nationalpark brauche, sondern nur, wie dieser aussehen soll. "Wenn das Votum unserer Mitglieder heißt ›Meinung ändern‹, werden wir dies auch tun, aber ein solches Votum ist nicht gegeben." Statt eines Nationalparks macht sich die Interessengemeinschaft für eine Erweiterung des bestehenden Naturparks stark.

Andreas Fischer ist kein Freund der Medien mehr. Fehlende Neutralität, Verunglimpfung und falsche Darstellung der Positionen des Vereins zogen sich als Vorwürfe durch das Pressegespräch. Von der Pressemitteilung der Landeskirchen, in der diese zu Mäßigung und Menschlichkeit in der Nationalpark-Diskussion aufriefen, zeigte sich Fischer irritiert. "Keiner hat uns angesprochen", beklagte er eine einseitige Sichtweise. Mit der Veranstaltung wolle man auch Vorurteilen entgegentreten und noch ein Stück weiter gehen. "Wir möchten den Bürgern die Möglichkeit geben, ihren Protest kundzutun."

Politische Ideologie als Motivation der Veranstaltung mit dem Untertitel "Rettungspaket oder Mogelpackung der Region" stellte der Vorsitzende grundsätzlich in Abrede. Die Protestschilder, die zeitgleich zum Pressegespräch vor der Schwarzwaldhalle aufgestellt wurden, seien das Engagement von Landwirten. Dennoch sollte der Abend ein starkes gesellschaftspolitisches Moment erhalten. Als Redner des Forums saßen nicht nur Gäste aus anderen Nationalparks mit am Tisch, sondern auch der schweizer Journalist und Fernsehmoderator Alexander Niemetz, der in einem Vortrag über Bevormundung und die politische Vergrünung einer egalitären Gesellschaft referierte.

Mit einem Aufruf an die Politiker sollte der Abend auch enden. In 20-monatiger Arbeit hatte die Interessengemeinschaft Wünsche und Anliegen aus der Bevölkerung zusammengetragen, die nun in einer Forderungsliste nach Stuttgart gereicht werden.

Zusätzlich forderte Andreas Fischer die Mandatsträger der Region auf, sich nicht nur für eine Veröffentlichung des Nationalpark-Gesetzes, sondern auch eine zeitgleiche Publikation der Nationalpark-Verordnung, in welcher die Details festgeschrieben werden, einzusetzen. "Transparenz schaffen, bevor Fakten geschaffen werden", so Fischers Appell.

Region (te). Es ist ruhig um die Schwarzwaldhalle. In der Dämmerung sind vor dem Gebäude Landwirte dabei, Protesttafeln in Position zu bringen, ein Banner hängt zwischen den Säulen. Besucher streben in Grüppchen durch die Kälte zum Eingang. Wenig weist draußen darauf hin, dass hier eine Großveranstaltung stattfindet – das "Forum der Vernunft" der Interessengemeinschaft "Unser Nordschwarzwald" gegen den geplanten Nationalpark.

Markus Blöchle und Friedrich Schraft haben einen humorvollen Weg der Meinungsäußerung gewählt. Da schon genug geredet werde, hat sich Friedrich Schraft ein kleines Schild um den Hals gehängt, in dem er die Position der beiden kundgibt: Ausbau Naturpark statt Nationalpark. Erweiterung der bestehenden Naturschutzgebiete und auch künftig freien Zugang zum Wald für jedermann.

Anliegen, die auch das umfangreiche Veranstaltungsprogramm prägen. "Ein Kulturwald ist auch ein Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung", betont Stefan Itzek, Pfarrer aus Bad Wildbad, in einem Bürgerstatement mit Stimmen aus dem Volk. Die Schülerin Tanja Gaiser formuliert ihre Meinung zum Nationalpark-Projekt vor der voll besetzten Schwarzwaldhalle ironisch mit einem Ulbricht-Zitat: "Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben."

Freundlich war die Stimmung nicht, doch scharfe Töne blieben weitgehend unter der Oberfläche. Die Gegner des Projekts zeigten, dass sie sich intensiv mit Alternativen befasst hatten. Stefan Schmid und Johannes Bohnert, beide Sägewerksbesitzer, thematisierten die Gefahr einer möglichen Rohstoffknappheit mit dem Nationalpark und präsentierten die Idee "Naturreservat und Bioenergieregion Nordschwarzwald": Eine 5000 Hektar große Schutzzone oberhalb der Wirtschaftsgebiete mit sanftem Rückbau der Kulturlandschaft über einen Zeitraum von 80 Jahren, verbunden mit kommunalen Bioenergie-Projekten zur strukturellen Neuaufstellung der Kommunen.

Die Verbindung von Ökonomie und Ökologie wurde auch von Landrat a.D. Peter Dombrowsky, der per Videobeitrag zugeschaltet war, in seiner Idee des Naturpark plus wiederholt aufgegriffen. Mit einem solchen Projekt habe man ein Alleinstellungsmerkmal. "Als einer der vielen Nationalparks nicht."

Ein UNESCO-Biosphärenreservat kam in einer Betrachtung von Forstexperte Wolfgang Tzschupke zur Sprache. Ihre Positionen hatten die Gegner mit einer Forsa-Umfrage untermauert. In einer von der IG beauftragten Erhebung sprachen sich 72 Prozent von 1000 befragten Landesbürgern dagegen aus, auf heimisches Holz zugunsten weiterer Naturschutzgebiete zu verzichten. 57 Prozent befürworteten ferner die Option, statt eines Nationalparks bestehende Naturparke zu fördern.

Naturschutz, Biodiversität, neue Impulse für Wirtschaft und Tourismus – viele Ziele zeigen sich korrespondierend mit denen des Nationalparks. Der Weg dorthin aber nicht. Sachargumente und Erfahrungen würden ignoriert, klang es als Vorwurf und Sorge zugleich. Wie dies enden könnte, schilderten Hubert Demmelbauer, Vorsitzender der Bürgerbewegung zum Schutz des Bayerischen Walds, und Karl Berke, Vorsitzender des Harzclubs, die im Gespräch mit Forstamtsrat a.D. Günther Weissinger über negative Erfahrungen mit den Nationalpark-Projekten ihrer Region berichteten. Doch Karl Berke sprach sich trotz aller Kritik auch entschieden gegen Eskalation und für eine friedliche Meinungsäußerung aus: "Krieg bringt nichts." Nicht ganz so versöhnliche Töne wählte Andreas Fischer zum Abschluss der Veranstaltung. In seinem Schlusswort wandte sich der IG-Vorsitzende öffentlich gegen die Medienvertreter und warf ihnen einseitige, unrecherchierte Berichterstattung vor. Ein kurzes Aufjohlen konnte der Moderator damit erzielen. Doch dann wurde es langsam wieder ruhig um die Schwarzwaldhalle

Der Verein "Unser Nordschwarzwald" hat eine Forderungsliste aufgestellt, die an die Landesregierung übermittelt werden soll. Darin heißt es: "Der Verein ›Unser Nordschwarzwald" fordert die Landesregierung auf, vom Vorhaben der Einrichtung eines Nationalparks im Nordschwarzwald abzusehen." Stattdessen wird unter anderem die konsequente Forsetzung des vor über 30 Jahren begonnenen Waldumbaus vom fichtendominierten Wald hin zum Bergmischwald vorgeschlagen. Außerdem sollen die bereits bestehenden Bannwälder maßgeblich erweitert werden, um den Anforderungen zur biologischen Vielfalt gerecht zu werden.

Die Erhöhung des Alt- und Totholzanteils im landeseigenen Wald im Rahmen des Alt- und Totholzkonzepts ist ein Vorschlag, ebenso die Förderung des regionalen Tourismus durch die Einrichtung von weiteren naturnahen Erlebnisgebieten im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord. In dem Papier wird die Landesregierung dazu ermuntert, ein gezieltes Informations- und Förderprogramm für Kommunal- und Privatwaldbesitzer durchzuführen, um deren Engagement zu verstärken, den Alt- und Totholzanteil zu fördern und gezielte Habitatpflegemaßnahmen langfristig zu sichern. Am Schluss der Forderungen steht, die Energiewende durch eine auch in die Zukunft reichende Versorgung der Region mit dem Rohstoff Holz sicherzustellen.