Energiesicherheit wird künftig Standortfaktor im ländlichen Raum. Darüber waren sich (von links) Frank Mastiaux, Claus Schmiedel, Hans Striebel und Ulrich Pfetzing im Gespräch mit Moderator Frank Krause einig. Foto: Eberhardt Foto: Schwarzwälder-Bote

Bei Diskussionsreihe "Dunkle Wälder – bunte Perspektiven" geht es um die Energiewende im ländlichen Raum

Von Tina Eberhardt

Baiersbronn. "Dunkle Wälder – bunte Perspektiven" hieß es wieder in Baiersbronn. Bei mehreren Veranstaltungen unter diesem Motto diskutieren prominente Köpfe über die Zukunftssicherung des ländlichen Raums. Diesmal in Buhlbach – ehemals Standort eines florierenden Industriezweigs.

An diesem Abend widmete man sich einem Brennpunktthema: "Damit die Lichter nicht ausgehen: Wie kann die Energiewende im ländlichen Raum (mit)gestaltet werden?" Mit dieser Frage beschäftigten sich im randvoll besetzten Versammlungsraum in der alten Glashütte Repräsentanten aus Politik und Verwaltung, aber auch interessierte Bürger. Schließlich hatten sich auf dem Podium neben Moderator Frank Krause eine Reihe von Prominenten versammelt. Zum Gespräch eingeladen waren Frank Mastiaux, EnBW-Vorstandsvorsitzender, Claus Schmiedel, Vorsitzender der SPD-Landtagfraktion, Hans Striebel als Vorsitzender der Bühler Bürger Energiegenossenschaft sowie Ulrich Pfetzing, Geschäftsführer der SHW Schmiedetechnik Friedrichstal. Und eigentlich auch noch der bisherige EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Doch er war auf der Strecke zwischen Brüssel und Frankfurt steckengeblieben.

In der Glashütte zog, nachdem der ursprüngliche Ablaufplan Makulatur war, eine gelöste Gesprächsatmosphäre auf dem Podium ein. Denn während sich Oettinger in einem zu fortgerückter Stunde improvisierten Einzelgespräch mit Frank Krause auf bereits vielfach Gehörtes verlegte – etwa, dass ein Industrieland energetisch nicht rein dezentral zu führen sei oder dass die Frage der Versorgungssicherheit lösbar sei –, boten die Teilnehmer der großen Diskussionsrunde einen unterhaltsamen Informationswert.

Dora-Luise Klumpp, Vorsitzende des Fördervereins Glashütte Buhlbach, hatte zuvor eine zackige Vorlage gegeben, als sie die Örtlichkeiten der Veranstaltung vorstellte: Wegen der vorhandenen Energiequellen hatte sich die florierende Glasmacherindustrie einst in dem kleinen Schwarzwaldtal angesiedelt. Wegen der Energiewende war sie schließlich wieder fortgezogen – in den alten Industrieanlagen gingen die Lichter aus. Die Frage nach Energie als Standortfaktor beschäftigte Diskutanten wie Zuhörer. Energiesicherheit und Preisstabilität sind ein essenzieller Punkt für die Industrie, waren sich beispielsweise Frank Mastiaux und Ulrich Pfetzing einig.

Knackpunkt ist jedoch die Frage, wie die Versorgung in Zeiten der Energiewende gesichert werden kann. "Wir brauchen Lösungen für Speichertechnologie", forderte Pfetzing, der mit Sorge betrachtete, welch "teilweise hanebüchenen Interventionen" beispielsweise gegen die für Windkraft erforderliche Infrastruktur geführt werden. Ein Thema, das auch Hans Striebels Betriebstemperatur zu erhöhen vermochte. Jeder wolle Windkraft, "aber bitte nicht vor meiner Haustür". Großen Applaus hatte Striebel zuvor für die freimütige Äußerung geerntet, dass man im Schwarzwald auch mal auf einen Baum verzichten könne, wenn damit Wertzuwachs durch Versorgungssicherheit geschaffen werde.

"Jeder muss ein Opfer bringen"

Den Wertzuwachs würde man ja gerne sehen im ländlichen Raum, wenn nur die blockierenden Behörden und die zunehmend protestfreudigen Bürgergruppen nicht wären. Wie letztere ins Boot geholt werden könnten, diese Frage blieb in Baiersbronn ungelöst im Raum stehen. Die Teilnahme an der Diskussion von Seiten des Publikums eröffneten Rottweils und Freudenstadts Landräte Wolf-Rüdiger Michel und Klaus Michael Rückert, die Energieprojekte schilderten, welche per Federstrich im Regierungspräsidium über den Haufen geworfen worden waren.

Zum unfreiwilligen Adressaten der Klagen wurde dabei Claus Schmiedel, der zwar nichts dafür konnte, als Regierungsmitglied den zuständigen Stellen aber noch am nächsten stand. Schmiedel ließ die freundlich vorgetragenen Kritikpunkte gutmütig über sich ergehen – und wusste eigenes beizusteuern. Bei der Ausrufung der Energiewende habe man die Blockadehaltung der Behörden unterschätzt, ebenso die Wucht und Durchsetzungs-kraft der europäischen Naturschutzorganisationen. Neben der Energiewende müssten also auch Partizipationsmodelle für Bürger entwickelt werden.

Vertrauen in die Politik und die Schaffung eines kollektiven Bewusstseinswandels nannte Ulrich Pfetzing als Gebot der Stunde. An der Energiewende führe kein Weg mehr vorbei: "Jeder muss ein Opfer bringen." Und sei es auch nur bei der Aussicht aus dem Wohnzimmerfenster.