Wartende Menschen am Stuttgarter Hauptbahnhof, wo die GDL Flagge zeigt. Foto: Lichtgut / Julian Rettig

Wieder fallen viele Züge aus. Pendler und Urlauber im Südwesten müssen nach Alternativen suchen. Ein vorzeitiges Ende des Ausstands der Lokführergewerkschaft GDL ist zunächst nicht in Sicht.

Oberndorf - Der Streik der Lokführergewerkschaft GDL bei der Deutschen Bahn hat auch im Südwesten zahlreiche Zugausfälle und Verspätungen ausgelöst. Auf der Nord-Süd-Verbindung zwischen Karlsruhe und Freiburg verkehrten viele Züge nicht. Ausfälle gab es beispielsweise auch auf der Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim, wie aus Fahrplaninformationen der Bahn hervorging.

S-Bahn-Linien sollen im Stundentakt fahren

Der Ersatzfahrplan sei gut angelaufen, teilte eine Bahn-Sprecherin mit. Im Regionalverkehr wollte das Unternehmen etwa 40 Prozent des regulären Fahrplans aufrechterhalten, wobei es regionale Unterschiede gab. Im Fernverkehr sollten rund 25 Prozent der Züge fahren. S-Bahn-Linien im Großraum Stuttgart sollten im Stundentakt fahren.

Lesen Sie auch: GDL will Angriffe auf die Existenz abwehren

Die GDL hatte in der Nacht auf Donnerstag trotz eines neuen Tarifangebotes der Bahn mit ihrem fünftägigen Streik im Personenverkehr begonnen. GDL-Chef Claus Weselsky wies die neue Offerte zurück und kündigte eine Fortsetzung des Ausstands an. Die GDL-Mitglieder verlangen unter anderem eine Corona-Prämie von 600 Euro und 3,2 Prozent mehr Geld in zwei Stufen.

Die GDL zeigte sich auch im Südwesten entschlossen. "Die Streikbereitschaft hat noch zugenommen", hatte Jens-Peter Lück, der Vizevorsitzende des GDL-Bezirks Süd-West, vor Streikauftakt gesagt. Die Gewerkschaft verzeichne einen Mitgliederzuwachs. Der Ausstand ist im aktuellen Tarifstreit der dritte und soll bis zum frühen Dienstagmorgen dauern.

Nur auf den ersten Blick ein gutes Angebot

Auch in Horb wird gestreikt. Donnerstagmittag am Bahnhof: Drinnen fallen die Züge aus, draußen stehen die Lokführer. Und das, obwohl die Deutsche Bahn der Gewerkschaft GDL mit einem neuen Angebot entgegen gekommen ist. Ein Lokführer: "Das hört sich auf den ersten Blick gut an. Diese Coronaprämie soll aber vom Gesamtvolumen abgezogen werden. Heißt: Die 600 Euro werden von den geforderten Lohnerhöhungen abgezogen. Das lassen wir uns nicht bieten!" Sein Kollege: "Auch die Streichung der Betriebsrenten ist nicht vom Tisch. Ich habe damit fest für meinen Ruhestand geplant."

Bei den Fahrgästen, die in diesen Tagen zu spät zu ihren Terminen kommen, hält sich das Verständnis für die streikenden Zugfahrer jedoch in Grenzen. "Es ist mittlerweile einfach nur noch furchtbar", sagt Sabine Jordan in Lahr. "Ich arbeite im Europa-Park und komme jetzt schon wieder zwei Stunden zu spät. Zum Glück sind meine Vorgesetzten so kulant. Noch bitterer wird es heute Abend, da komme ich fast nicht mehr nach Hause. Das ist nicht nur verlorene Arbeitszeit, sondern verlorene Lebenszeit, die man den Menschen nimmt", meint die 57-Jährige.

Auch Karola Keller aus Oberndorf ist wütend. Was die GDL momentan abziehe, findet sie "eine absolute Unverschämtheit". Sie komme aus der Gastronomie und habe kein Verständnis für diese Aktion. Andere bekämen ja auch keine Ausgleichszahlungen wegen der Pandemie, "und die Lokführer wollen einfach immer mehr Geld".

Als "völlig unverhältnismäßig" bezeichnet Christian Weiblen in Balingen den aktuellen Bahnstreik. Weiblen pendelt täglich zwischen seinem Wohnort Mössingen und Balingen, wo er arbeitet, und auch privat ist der Bahn-Fan oft auf Schienen unterwegs. Den wiederholten Streik der GDL wertet Weiblen als "Machtkampf": Der GDL geht es seiner Meinung nach nur darum, mehr Mitglieder zu generieren und so ihren Einfluss zu vergrößern.

Auch vonseiten der Politik wächst die Kritik am Vorgehen der GDL. So hat CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt scharfe Kritik an GDL-Chef Claus Weselsky geäußert. Er sagte der "Bild": "Der Ego-Trip von GDL-Chef Weselsky nervt gewaltig. Er soll sich gefälligst an den Verhandlungstisch setzen. Die Bahnreisenden und Pendler dermaßen in Mithaftung zu nehmen, kann man nur als ganz schlechten Stil bezeichnen."

Doch es gibt auch andere Stimmen: Lukas Müller, ein Urlauber aus Dresden, der am Donnerstag am Freudenstädter Hauptbahnhof wartet, meint: "Ich finde den Streik absolut super. Damit sagen die Lokführer dem Rest der Gesellschaft, dass es wichtig ist, sich zusammen zu schließen und für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten. Und zwar gegenüber denen, die gerne mal mehr Geld abgreifen, als nötig wäre."

Derweil will die Deutsche Bahn juristisch gegen den Streik der GDL vorgehen. Am Donnerstag hat der Konzern vor dem Arbeitsgericht Frankfurt einen Eilantrag auf einstweilige Verfügung gegen den Arbeitskampf gestellt. Die Verhandlung hat noch am Abend begonnen.