Zentrale der Deutschen Bahn (DB) am Potsdamer Platz in Berlin. Bei der Deutschen Bahn ist es zu Auffälligkeiten bei Beraterverträgen gekommen. Foto: dpa

Der Aufsichtsrat des Staatskonzerns lässt mehr als 20 fragwürdige Verträge mit Beratern untersuchen. Mindestens zwei ehemalige Vorstände sind involviert.

Berlin - Nicht zum ersten Mal gibt es bei der Deutschen Bahn AG massiven Ärger wegen offenbar fragwürdiger Beraterverträge. Man untersuche „Auffälligkeiten“ in diesem Zusammenhang, teilte der Staatskonzern kurz nach einer Exklusivmeldung von Reuters mit. Laut der Nachrichtenagentur werden mehr als 20 Verträge untersucht, die zwischen 2010 und 2018 vor allem in der Amtszeit von Ex-Chef Rüdiger Grube geschlossen wurden. Aufsichtsratschef Michael Odenwald hat für kommenden Mittwoch kurzfristig eine Sondersitzung einberufen und verspricht vollständige Aufklärung.

Die Untersuchungen betreffen nach offiziellen Bahnangaben „auch ehemalige Konzernvorstände“. In Aufsichtsratskreisen wird auf Nachfrage allerdings nur der Name von Ulrich Homburg genannt, der von 2009 bis 2015 den Personenverkehr leitete. Sein zweiter Fünfjahresvertrag wurde damals schon nach kurzer Zeit gekündigt, und der Manager erhielt neben einer beträchtlichen Abfindung auch einen Beratervertrag. In der Folge habe er sich im Interesse des Konzerns um die S-Bahn Berlin gekümmert, wo nach dem Chaos zuvor der Konzern den Verlust der Aufträge an Wettbewerber fürchten musste.

Lagen die erforderlichen Genehmigungen vor?

Die Beraterverträge seien „nicht regelkonform“ und teils mit DB-Tochterfirmen abgeschlossen worden, heißt es in Aufsichtsratskreisen. Offenbar geht es um die Höhe der Honorare von angeblich bis zu 350 000 Euro als auch um die Frage, ob die erforderlichen Genehmigungen vorlagen. Die Verträge könnten unwirksam sein und die Honorare womöglich zurückgefordert werden, sagte Odenwald dem „Spiegel“. DB-Vorstand Richard Lutz hat die Hinweise zunächst von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen. Deren „Berichtsentwurf“ liege vor und werde nun von den Wirtschaftsprüfern Ernst & Young mit einer ergänzenden Untersuchung „flankiert“, so die DB.

Die Unregelmäßigkeiten kamen offenbar erst durch Untersuchungen des Bundesrechnungshofs heraus, der den Staatskonzern seit Jahren sehr kritisch unter die Lupe nimmt. Ende 2018 wurde bekannt, dass die DB-Spitze allein von 2015 bis 2018 mehr als 500 Millionen Euro für Berater ausgegeben hat. Danach soll die Bahn interne Ermittlungen eingeleitet haben. Nach ersten belastbaren Hinweisen sei „unmittelbar reagiert“ worden, betont der Konzern.

Die FDP spricht von einem „riesengroßen Skandal“

In der FDP-Bundestagsfraktion sieht man nun den Stuhl von DB-Chef Lutz wackeln, der den Konzern seit 2017 leitet und zuvor seit 2010 Finanzvorstand war. Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Obmann im Verkehrsausschuss für seine Fraktion, Torsten Herbst, teilte mit: Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, „wäre das ein riesengroßer Skandal. Verträge mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern ohne Zustimmung des Aufsichtsrates verstoßen, nach meinem Verständnis, gegen alle Compliance-Regeln.“ Er habe wenig Vertrauen, dass die Bahn die Vorgänge selbst aufklären könne. Der gewaltige Umfang der Beraterverträge von bis zu 160 Millionen Euro pro Jahr war zuvor auch bei der Regierungskoalition auf Kritik gestoßen. Einige Bundesministerien gerieten jedoch bereits selbst unter Beschuss wegen teurer Beratung durch Externe.

Bei der DB AG gab es schon in früheren Zeiten massiven Ärger wegen Beraterverträgen. So scharte Ex-Chef Hartmut Mehdorn ein ganzes Netzwerk ehemaliger Politiker um sich, auch Korruptionsverdacht wurde laut. So schlossen die früheren Verkehrsminister von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Hartmut Meyer und Jürgen Heyer, Beraterverträge mit dem Konzern, nachdem sie zuvor in ihren Ämtern für ihre Länder noch langlaufende und für die DB gut dotierte Verträge über Regionalverkehr abgeschlossen hatten.