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Stuttgart 21 soll durch den Stresstest gekommen sein. Verkehrsminister Hermann verärgert.

Berlin/Stuttgart - Das Konzept für das umstrittene Milliarden-Projekt Stuttgart 21 hat aus Sicht der Bahn dem sogenannten Stresstest weitgehend standgehalten. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Bahn erfuhr, hält der Konzern nur einige, vergleichsweise kostengünstige Ergänzungen für nötig.

Zusätzliche Gleise sind demnach nicht erforderlich, damit der geplante, rund 4,1 Milliarden Euro teure Tiefbahnhof wie versprochen 30 Prozent mehr Zugverkehr ermöglicht. Endgültig ist das Ergebnis allerdings noch nicht, es steht noch eine Auswertung der Verkehrsberatungsfirma SMA aus. Die offizielle Präsentation der Ergebnisse der unabhängigen Gutachter ist für den 14. Juli geplant. Die Simulation hatten Projektbefürworter und -gegner im Schlichtungsverfahren vereinbart.

Verkehrsminister Hermann verärgert

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) reagierte verärgert darauf, dass die Ergebnisse vorzeitig durchgesickert sind. „Offenbar streut die Bahn gezielt vorab ein ihr genehmes Ergebnis. Damit macht sie sich aber unglaubwürdig“, sagte Hermann am Sonntag auf Anfrage. „Ob der geplante Tiefbahnhof den Stresstest tatsächlich besteht, kann man aber erst sagen, wenn die Bewertung der Schweizer Gutachterfirma sma vorliegt.“

Auch der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Landtag, Andreas Schwarz, forderte die Bahn zu einem seriösen Umgang mit dem Stresstest auf. „Das Verhalten der Deutschen Bahn AG ist unredlich, wenn sie einzelne Inhalte des Stresstests gegenüber den Projektpartnern und der Öffentlichkeit verheimlicht, gleichzeitig aber ein ihr offenbar genehmes Ergebnis verkündet“.

Projektgegner melden Zweifel an

Die Suttgart-21-Gegner sprachen von psychologischen Spielchen und zweifelten die Ergebnisse an. Solange die Bahn nicht offenlege, wie sie zu ihren Daten gekommen sei, könne sie alles behaupten, sagte Parkschützer Matthias von Herrmann. „Das ist wie bei einer Blackbox: Wir haben ein Ergebnis, aber wir wissen nicht, auf welcher Grundlage es zusammengekommen ist. Und da gibt es viele Tricks.“

Die CDU-Opposition im Landtag warf ihrerseits Herrmann negative Stimmungsmache vor. Er versuche mit allen Mitteln, die Legitimität des Stresstests auszuhöhlen. Der Generalsekretär der Bundes-CDU, Hermann Gröhe, forderte die Grünen in der in Berlin erscheinenden Zeitung „Der Tagesspiegel“ auf, ihren Widerstand aufzugeben. „Sollte der Stresstest ergeben, dass der geplante Tiefbahnhof die während der Schlichtung von allen Seiten akzeptierte Leistungssteigerung erbringt, gibt es für die Grünen endgültig keinen Grund mehr, weiter auf den Barrikaden zu bleiben.“

Seite 2: Abläufe am Computer simuliert

Die Bahn hatte die Abläufe im künftigen Bahnknoten Stuttgart monatelang am Computer simuliert. Die Bahn sollte nachweisen, dass der geplante Tiefbahnhof mit seinen acht Gleisen mindestens 30 Prozent leistungsfähiger sein soll als der bestehende Kopfbahnhof.

Im Fokus steht vor allem die Zeit zwischen 7 und 8 Uhr morgens. Die Bahn will in dieser Stunde 49 Züge abfertigen. Die Gegner stellen dies infrage. Eine Studie der Grünen kam zu dem Ergebnis, dass in dieser Zeit maximal 42 Züge abgefertig werden können.

Bahn: Nur wenige Änderungen nötig

Die jetzt vorliegenden Ergebnisse wurden aus dem Umfeld des Konzerns als großer Erfolg gewertet. Die Pläne müssten nur in wenigen Punkten geändert werden: Alle Strecken bis Wendlingen erhielten zusätzlich zum elektronischen Zugsicherungssystem konventionelle Leit- und Sicherungstechnik, damit keine Züge umgerüstet werden müssen. Außerdem fordert das Ergebnis der Bahn die zweigleisige westliche Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke. Die zusätzlichen Kosten von 25 Millionen Euro für die Flughafenanbindung werde die Bahn übernehmen.

Heiner Geißler hatte in seinem Schlichterspruch im November auch die Anbindung der bestehenden Ferngleise von Zuffenhausen an den neuen Tunnel von Bad Cannstatt zum Hauptbahnhof und eine zweigleisige und kreuzungsfreie Anbindung der sogenannten Wendlinger Kurve verlangt. Ex-Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) hatte den Preis der damals genannten baulichen Veränderungen auf rund 150 Millionen Euro beziffert - ohne ein neuntes und zehntes Gleis im Tiefbahnhof.

Hermann und Geißler planen ein Vorgespräch mit allen Beteiligten für die Präsentation des Stresstests. Man wolle Einvernehmen über die Rahmenbedingungen herstellen, sagte ein Ministeriumssprecher.