Auch ein halbes Jahr nach der Hiobsbotschaft sitzt der Bahn-Frust in Schenkenzell noch tief. Bürgermeister Bernd Heinzelmann kämpft weiter um seinen Bahnhalt – und appelliert mit Unterstützung aus Stuttgart an das Verkehrsministerium.
Dienstagvormittag, halb elf, Termin im Schenkenzeller Rathaus: Bürgermeister Bernd Heinzelmann empfängt Daniel Karrais und Christian Jung im Sitzungssaal zum Gespräch. Die beiden FDP-Landtagsabgeordneten sind seit Montag in Schenkenzell, um sich ein Bild von dem Bahnhof zu machen, an dem der Zug seit Monaten fast nur noch vorbeifährt.
Heinzelmann stellt den Gästen Schenkenzell vor: badische Gemeinde, 1850 Einwohner auf 4200 Hektar, viel Wald. Duravit und STW als große Industriebetriebe. Die Burgruine und das Kloster Wittichen als Aushängeschilder. „Touristisch geprägt“, leitet Heinzelmann zum „traurigen Anlass“ des Politikerbesuchs über. Der Bahnhalt sei für die Gemeinde eine wichtige Lebensader neben der B 294.
Doch Mitte Dezember ist diese Lebensader praktisch trockengelegt worden. Die Halte in Schenkenzell und Loßburg passten durch den Einsatz neuer Batteriezüge auf der Kinzigtalbahn nicht mehr in den Fahrplan der Nahverkehrsgesellschaft (NVBW).
Lösungsansätze im Gepäck
Dabei gäbe es durchaus Lösungen, wie Verkehrsexperte Jung betont. „Es geht hier um den sogenannten politischen Willen.“ So hätte man den Schenkenzeller Bahnhof zum Bedarfshalt machen können, mit einem „Drücker“ im Zug. Dagegen hätte auch Heinzelmann „überhaupt nichts einzuwenden“. Gehe durch das Halten eine Minute verloren, könne die Bahn eben 5 bis 10 Stundenkilometer schneller fahren, sagt Jung. „Wenn man will, geht das.“
Ein Sprecher des Verkehrsministeriums hatte dazu im Januar auf Anfrage unserer Redaktion erklärt, dass Bahnstrecken festgeschriebene Höchstgeschwindigkeiten hätten: „Ein bisschen mehr Gas geben wie im Auto ist nicht möglich. Daher ergeben sich die Fahrzeiten ohne weitere Einflussmöglichkeit.“
Doch noch Hoffnung?
Einen gewissen Spielraum scheint es beim Fahrplan aber doch zu geben. Denn laut Heinzelmann prüft das Verkehrsministerium derzeit, wie zusätzliche Stopps gesichert werden könnten. Karrais und Jung sehen sich in ihrer Vermutung bestätigt, dass mit einer anderen Planung für Schenkenzell und Loßburg etwas rauszuholen ist.
Das Warten auf die Weiche
Dass die benötigte Weiche am Freudenstädter Hauptbahnhof erst Ende 2026 eingebaut werden soll, stößt bei den Politikern ebenfalls auf Unverständnis. „Eine Weiche ist jetzt nichts Schwieriges“, betont Jung. „Dann fahren die Züge halt zwei Wochen nur bis nach Alpirsbach oder Baiersbronn.“ Pläne für einen früheren Einbau der Weiche hat die Bahn wegen der Gartenschau in Freudenstadt und Baiersbronn allerdings verworfen.
Neue Züge „nicht bahnreif“
Nicht verschoben, Weiche hin oder her, wurde hingegen der Einsatz der neuen „Mireo“-Batteriezüge, die Jung für „nicht bahnreif“ hält. Die Kinzigtalbahn ist seiner Ansicht nach nun das Versuchskaninchen für die neuen Züge, damit diese getestet sind, wenn sie auf der Hermann-Hesse-Bahn, einem „Prestigeprojekt“ der Bahn, eingesetzt werden.
Doch derzeit schreiben die Züge vor allem Negativschlagzeilen. Die DPA berichtete über das Bahn-Drama, „extra 3“ machte sich darüber lustig, und auch der SWR hat nun in Schenkenzell gedreht.
Karrais und Jung sehen darin auch einen Grund, warum das Ministerium nun prüft, ob sich am Fahrplan doch noch etwas machen lässt. Wie Bürgermeister Heinzelmann wollen auch die beiden Landespolitiker weiter Druck auf das Ministerium ausüben – mit dem Appell, „dass man Dinge, die man lösen könnte, auch löst.“