Vize-Vorstand des Interessenverbands Gäubahn: Peter Rosenberger (CDU) Foto: Lück

Ist das die Kehrtwende im Interessenverband Gäubahn (IV)? Bisher galt der Vorsitzende Guido Wolf (CDU, Ex-Justizminister) als Befürworter des Dauer-Umstiegs Vaihingen. Jetzt überlegen sieben Kommunen und auch IV-Vize-Vorstand Peter Rosenberger (CDU), dagegen zu klagen.

Horb/Böblingen - Der Kampf gegen die Unterbrechung der Gäubahn bekommt jetzt offenbar eine neue Dimension: Sieben Städte überlegen rechtliche Schritte gegen die Kappung. Im Wolfgang-Brumme-Saal des Böblinger Rathauses werden drei Oberbürgermeister – Bernd Häusler (Singen), Stefan Belz (Böblingen) und Peter Rosenberger (Horb) – ein juristisches Gutachten präsentieren und bewerten. Insgesamt sieben Kommunen haben das Gutachten bezahlt.

Stand heute sollen Gäubahn-Pendler ab 2025 am Bahnhof Vaihingen umsteigen. Der knapp zehn Kilometer lange Pfaffensteigtunnel soll irgendwann Böblingen und den Flughafen (dann weiter zum Hauptbahnhof) verbinden. Geschätzte Bauzeit des Milliarden-Tunnels: Zehn Jahre.

Klage nicht ausgeschlossen

In der Ankündigung des Termins heißt es: "Die Großen Kreisstädte Singen, Rottweil, Tuttlingen, Villingen-Schwenningen, Horb, Herrenberg und Böblingen halten die direkte Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof für unverzichtbar und sind besorgt wegen der geplanten mehrjährigen Unterbrechung nach Inbetriebnahme des Tiefbahnhofs von Stuttgart 21."

Klage nicht ausgeschlossen. Der Titel des Gutachtens von Jura-Professor Georg Hermes aus Frankfurt heißt: "Rechte von Anliegerkommunen gegen die Abbindung der Gäubahn."

Lob an die OBs

Matthias Lieb, Vorsitzender des Fahrgastbeirats Baden-Württemberg und Landesvorsitzender des Verkehrsclub Deutschland: "Ein großes Lob an die Oberbürgermeister, dass sie dieses Gutachten in Auftrag gegeben haben. Unabhängig davon, welche Chancen das Gutachten den Kommunen ausrechnet, ist es ein deutliches Zeichen dieser sieben Städte. Dieser Druck war bisher nicht vorhanden. Und ich hoffe, dass der politische Druck erhöht wird, dass die Gäubahn weiterhin bis zum Hauptbahnhof fährt."

Pikant: Das Gutachten wurde von insgesamt sieben Städten in Auftrag gegeben. Und nicht von der Interessengemeinschaft Gäubahn. Gibt es jetzt Zoff im Interessensverband Gäubahn?

Will Wolf S21 "durchdrücken"?

Andreas Frankenhäuser, Sprecher von Pro Gäubahn: "Ich würde es sehr begrüßen, wenn jetzt auch der Gäubahn-Verband sich gegen die jahrelange Vollsperrung für S21 aussprechen würde. Bisher hat dieser Verband nie Einwände gehabt, wenn es um Verschlechterungen für den Gäubahn-Betrieb wegen Stuttgart 21 ging. Es wäre gut, wenn dieser Verband wieder zu dem zurückkehren würde, weswegen er mal gegründet wurde: nämlich Verbesserungen für die Gäubahn einzufordern. Seit Guido Wolf den Vorsitz 2009 übernommen hat, ging es immer nur darum, S21 mit all seinen Verschlechterungen für die Gäubahn durchzudrücken."

Stuttgart blockiert

OB Peter Rosenberger ist inzwischen Vize-Vorstand des Interessenverbands Gäubahn. Auch das Rathaus Horb hat die Kosten für das juristische Gutachten mit getragen. Peter Rosenberger sagt im Horber Gemeinderat: „Für uns im Verband ist es ein unerträglicher Gedanke, dass man fast zehn Jahr lang in Stuttgart-Vaihingen Endstation hat. Das sind Dornen in unseren Augen.“ Unabhängig vom juristischen Gutachten, das heute in Böblingen präsentiert wird, setzt Rosenberger „zunächst auf das politische Gespäch. Da sind gerade Bewegungen im Gange. Auch auf Landesebene. Das sollten wir nutzen!“

Fakt ist, so betont VCD-Landeschef Lieb: "Auch die Stadt Stuttgart ist Mitglied des Interessensverbandes Gäubahn. Ihr gehören die Grundstücke, auf denen heute die Gleise liegen. Bisher hat sich die Landeshauptstadt geweigert, einer Interimslösung für die Gäubahn zuzustimmen. Obwohl das Rathaus selbst gesagt hat, dass vor 2035 die Gleiskörper nicht geräumt sein werden. Dann könnte der Pfaffensteig-Tunnel fertig sein. Es wird also interessant werden, ob es der IV Gäubahn weiter zulässt, dass ein Mitglied alles blockiert."

Vor allem, weil ein Bahn-Gutachten aus dem Jahr 2018 nachweist, dass für eine einspurige Strecke der Gäubahn bis zum jetzigen Bahnhof nur rund 1,5 Mio. Euro Kosten anfallen würden.

Zuletzt hatte sich der Fahrgastbeirat einstimmig in einer Resolution gegen die Kappung ausgesprochen. Inzwischen kämpft auch der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg (LNV, Dachverband der Naturschutzvereine, 36 Mitgliedsverbände, vertritt über 540.000 Naturschützer) für freie Fahrt bis Hauptbahnhof Stuttgart. Er schaltet das Eisenbahnbundesamt (Eba) ein. In einem Antrag argumentiert der Verband, die geplante Unterbrechung der Eisenbahnstrecke von Zürich nach Stuttgart verstoße gegen die Betriebspflicht der Bahn. Ziel des Eilantrags sei es, der Deutschen Bahn zu untersagen, die Strecke zu kappen, teilte der LNV am Dienstag mit.