Das Stellwerk am Stuttgarter Hauptbahnhof. Foto: Max Kovalenko

Die Bahn rollt in Mainz wohl erst am 30. August wieder normal. Der Druck auf den Bund als Eigentümer hält an. Das Zug-Chaos wird zum Thema im Bundestagswahlkampf.

Stuttgart/Mainz/Berlin - Bei der Deutschen Bahn fehlen nicht nur Fahrdienstleiter im Stellwerk. Engpässe gibt es nach Angaben der Gewerkschaften auch bei Lokführern, Zugbegleitern oder in den Werkstätten. Sie sehen überzogene Renditevorgaben als Grund für die Misere und wollen über Tarifverträge Änderungen durchsetzen. So hätten die rund 2000 Fahrdienstleiter in Baden-Württemberg allein im Vorjahr rund 100.000 Überstunden angehäuft. „Das macht die Kollegen mürbe, viele sind ausgepowert“, sagte Martin Herion, Stuttgarter Geschäftsstellenleiter der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). „Die Personaldecke im Stuttgarter Stellwerk ist in Wahrheit sehr, sehr dünn, und man mogelt sich mit knappem Personal gerade so durch.“

Hintergrund ist das Chaos am Mainzer Bahnhof. Nach großem Druck von Politik und Behörden stellte die Bahn dort wieder mehr Züge in Aussicht und will flexibler auf Personalengpässe in anderen Stellwerken reagieren. Normalen Verkehr für die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt kündigte der Staatskonzern am Dienstag aber weiter erst für Ende August an.

„Wir erleben in Mainz untragbare Zustände“

Sechs Wochen vor der Bundestagswahl gab die Opposition der Bundesregierung eine Mitschuld für das Zug-Desaster. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) machte daraufhin Ex-Finanzminister und SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück für ein Ausbluten des Staatskonzerns verantwortlich.

CDU-Verkehrsexperte Steffen Bilger sagteden Stuttgarter Nachrichten: „Wir erleben in Mainz untragbare Zustände.“ Die Bahn müsse dafür sorgen, dass sich so ein Chaos weder in Mainz noch anderswo in der Republik wiederhole. Und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte: „Zu lange hat man sich auf Großprojekte einerseits und auf renditeorientiertes Management andererseits konzentriert, während man das Alltagsgeschäft vernachlässigt hat.“