Damit die S-Bahn im Jahr 2019 bis nach Neuhausen fährt, will die Region einzelne Planungsschritte parallel vorantreiben. Foto: Leif Piechowski

Weil Bundeszuschüsse von rund 84 Millionen Euro winken, möchte die Regionalversammlung die S 2 in rekordverdächtiger Zeit von Bernhausen bis Neuhausen verlängern. Der ehrgeizige Plan birgt Risiken.

Stuttgart/Neuhausen - 150.000 Euro hat der regionale Verkehrsausschuss einstimmig bereitgestellt, um die Pläne für einen Neubau der S-Bahn auf der alten Filderbahntrasse von Bernhausen bis Neuhausen konkretisieren zu lassen. Das soll die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) erledigen, die der Verband Region als Dienstleister für Planung und Bau gewinnen will.

Die Bahn, die bisher das gesamte Stuttgarter S-Bahn-Netz gebaut hat, soll auf dem Teilstück künftig nur noch für den Betrieb der Züge zuständig sein. Der Konzern gilt bei der Region als zu schwerfällig, um das Projekt innerhalb der nächsten sechs Jahre umsetzen und sogar abrechnen zu können. Dann stellt der Bund sein Förderprogramm für den Ausbau des Schienennahverkehrs ein, und eine Nachfolgeregelung ist nicht in Sicht. Die Realisierung der S 2 bis dahin soll mit den anscheinend wendigeren SSB gelingen. Einen Vorteil verspricht man sich in diesem Fall auch davon, dass die Baugenehmigung bei einer Eisenbahn, die nicht dem Bund gehören wird, vom Regierungspräsidium Stuttgart erteilt werden würde. Und nicht vom Eisenbahnbundesamt, das nicht gerade im Ruf steht, zu den besonders gut ausgestatteten und schnell arbeitenden Behörden zu gehören.

Gebaut werden soll von 2017 bis Mitte 2019

Der Zeitplan, den die Verbandsverwaltung am Mittwoch vorgelegt hat, ist tatsächlich ehrgeizig. Weil die Inbetriebnahme nach bisheriger Praxis nicht vor Mitte des Jahres 2021 realistisch ist, sollen Arbeitsschritte, die eigentlich aufeinander aufbauen, nebeneinander erledigt werden. Bis zu diesem Frühjahr sollen die Landeshauptstadt als Eigentümerin der SSB und der SSB-Aufsichtsrat die Zusammenarbeit beschließen. Im Mai sollen sich SSB, Region, der Landkreis Esslingen, die Stadt Filderstadt sowie die Gemeinde Neuhausen dann einig sein, was sie genau wollen. Dann soll das Unternehmen bis Ende Juni 2014 den Vorentwurf und bis Ende Februar 2015 den Planentwurf erarbeiten. Wenn das Regierungspräsidium feststellt, dass die Unterlagen vollständig sind, soll das offizielle Verfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit nicht länger als 17 Monate dauern. Und dabei dürfen Bürger und Behörden nicht viel zu meckern haben, denn die SSB sollen auch die Ausschreibung schon vorbereiten, bevor die eigentliche Baugenehmigung vorliegt.

„Hieraus können sich Risiken im Projektablauf ergeben, insbesondere durch möglicherweise erforderliche zusätzliche Planungskosten“, warnt Jürgen Wurmthaler, Direktor für Infrastruktur beim Verband. Gebaut werden soll von 2017 bis Mitte 2019, nach dem Probebetrieb stünde die Inbetriebnahme des neuen S-Bahn-Teilstücks Ende 2019 an. „Der Terminplan enthält keine Zeitpuffer“, so Wurmthaler.

Das sind aber noch nicht alle Risiken: Nach der zugrunde liegenden Machbarkeitsstudie ist das Projekt nur wirtschaftlich, wenn Stuttgart 21 mit dem neuen Flughafenbahnhof realisiert wird. Die Wirtschaftlichkeit wiederum ist Grundlage für den Bundeszuschuss. Der Bund muss zudem akzeptieren, dass es um eine S-Bahn geht. Seine Förderzusage für knapp 85 Millionen Euro galt für die Anbindung Neuhausens per Stadtbahn, die vom Gewerbegebiet Fasanenhof zur Messe und eigentlich auch weiter nach Neuhausen führen soll.

„Ich habe selten eine Vorlage gesehen, die so optimistisch ist“

Ohnehin sind die Finanzen in mehrfacher Hinsicht ein Knackpunkt: Das Land hat zwar zugesagt, seinen Anteil beizusteuern, lehnt es aber ab einzuspringen, falls 2020 Kosten übrig sind. Der Bund dagegen fordert von den Beteiligten eine Garantie, dass sie bezahlen, falls das Projekt nach 2019 fertig wird. Außerdem hat die Region die Kosten der Ausführung als S-Bahn schon jetzt von 78,2 Millionen auf 83,5 Millionen Euro hochgerechnet. Dazu kommen Projektrisiken in Höhe von gut sechs Millionen Euro. „Ich habe selten eine Vorlage gesehen, die so optimistisch ist“, sagte Bernhard Maier von den Freien Wählern quasi als einzige kritische Stimme, „ich sage nur: Glückauf!“.

Der Verkehrsausschuss beschäftigt sich auch mit der möglichen Weiterführung der S 2 von den Fildern ins Neckartal nach Wendlingen. Dazu müsste Neuhausen einen Tiefbahnhof bekommen, und eine komplizierte Verknüpfung mit der ICE-Neubaustrecke wäre erforderlich. Andere Möglichkeiten gäbe es, wenn die Bahn am Flughafen den verbesserten Filderbahnhof plus bauen würde.