Nachdem ein Baggerfahrer einen Neubau in Blumberg zerstört hat, müssen einige zukünftige Mieter ihren Einzug wohl verschieben. Foto: Lutz

Ein Bauunternehmer demoliert mit einem Bagger wutentbrannt ein nagelneues Mehrfamilienhaus in Blumberg. Neben Hintergrund und Folgen der Zerstörungswut stellt sich eine weitere Frage: Was machen diejenigen, die in den nächsten Tage in das Gebäude einziehen wollten? 

Blumberg - Denn in dem nun schwer beschädigten Haus waren bereits Wohnungen vermietet - ab dem 1. August. Die alte Wohnung gekündigt, die neue nicht bezugsfertig. Was passiert nun mit den Mietern? Welche Rechte haben sie? Und wer muss die Kosten für etwaige Übergangsquartiere tragen? Wir haben bei Andreas Graf, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht nachgefragt.

Meine Wohnung ist bereits gekündigt. Was soll ich nun machen?

Sofern die Möglichkeit besteht, sollte mit dem bisherigen Vermieter abgeklärt werden, ob – trotz erfolgter Kündigung – die Fortsetzung des Mietverhältnisses möglich ist, die bisherige Wohnung also weiter genutzt werden kann. Sollte aber am 1. August schon der Nachmieter vor der Tür stehen, wird wohl nur der Umzug in ein Hotel oder eine Ferienwohnung in Betracht kommen.

Wenn ich den Vermieter nicht erreiche? Kann ich dann trotzdem länger in der alten Wohnung bleiben?

Nein, mit Ablauf der Kündigungsfrist endet das Mietverhältnis und der Mieter ist dazu verpflichtet, die Mietsache zurückzugeben - also die Wohnung zu verlassen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, steht dem Vermieter ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe zu. Diesen Anspruch kann der Vermieter nicht im Wege des Faustrechts geltend machen, sondern muss hierfür einen Räumungstitel vor einem Zivilgericht erstreiten und diesen Titel anschließend im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.

Also doch Hotel oder Ferienwohnung -  aber wer übernimmt dafür die Kosten?

Zunächst der betroffene Mieter. Gegenüber dem Vermieter der neuen Wohnung können dann – aufgrund der sogenannten Garantiehaftung des Vermieters – entsprechende Schadensersatzansprüche in Betracht kommen. Ob diese begründet sind, ist allerdings immer eine Frage des Einzelfalls. Auf jeden Fall sollte der Mieter an seine Schadensminderungspflicht denken. Die Unterbringung in einem Luxushotel dürfte in der Regel also keinen erstattungsfähigen Schaden darstellen.

Und wer muss die Kosten letztendlich zahlen? Der Baggerfahrer, der Bauträger oder der Vermieter?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Es geht um unterschiedliche Rechtsbeziehungen, die gesondert betrachtet und bewertet werden müssen. So beispielsweise um die Rechtsbeziehung zwischen dem Bauherrn und dem Baggerfahrer sowie dem Mieter und dem Vermieter. Da jedes Rechtsgebiet Unterschiede aufweist, können auch die Ansprüche und Rechtsfolgen uneinheitlich ausfallen.

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Jetzt ziehe ich also in ein Hotel. Kann ich das als meine Meldeanschrift angeben?

Mit den Bestimmungen des Melderechts bin ich leider nicht vertraut. Nach meiner Kenntnis ist aber die Ummeldung vor dem Umzug in die neue Wohnung nicht zulässig. Um hier nicht noch unnötig Ärger zu bekommen, sollten die Betroffenen diese Frage mit der zuständigen Meldebehörde abklären.

Muss ich, da ja schon ein Vertrag existiert, für die unbewohnbare neue Wohnung Miete zahlen?

Sollte die Wiederherstellung der Wohnung möglich und dem Vermieter zumutbar sein, darf der zukünftige Mieter die Miete bis zur Wiederherstellung der Wohnung - also bis wieder alle so aussieht, wie bei Vertragsabschluss - entsprechend mindern. Ob hierbei eine Minderung der Miete auf Null gerechtfertigt ist, hängt davon ab, ob die Wohnung komplett unbewohnbar ist oder nicht.

Es ist auf jeden Fall eine Frage des Einzelfalls. Sollte die Wiederherstellung der Wohnung allerdings unmöglich sein, besteht auch keine Verpflichtung des Mieters, Miete zu bezahlen.

Welches Vorgehen würden Sie den betroffenen Mietern raten?

Auf jeden Fall sollten Betroffene mit dem neuen und alten Vermieter umgehend Kontakt aufnehmen und abklären, welche Lösungsmöglichkeiten in Betracht kommen. Sollten sich hierbei rechtliche Schwierigkeiten auftun, würde ich einen Rechtsanwalt aufsuchen. Vorzugsweise einen Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, da diesen Titel nur führen darf, wer besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Rechtsgebiet nachgewiesen hat.

Zur Person: Rechtsanwalt Andreas Graf

Andreas Graf ist Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Er ist nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz und seiner Tätigkeit als Rechtsreferendar am Landgericht Waldshut-Tiengen seit 2006 zugelassener Rechtsanwalt. Seite 2009 ist er "Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht". Im Jahr 2012 bekam er zusätzlich den Titel "Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht" verliehen. Seit 2021 ist er in der Rottweiler Kanzlei Burkard tätig.

Anmerkung der Redaktion: Die Antworten erfolgten ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit und/oder Richtigkeit. Grundsätzlich muss der Fall jedes betroffenen Mieters individuell geprüft werden, da die Mietverträge in aller Regel unterschiedlich sind.