Um die Zukunft der Braunbärin Gaia hat sich ein Glaubenskrieg entfacht (Symbolfoto). Foto: imago/Ralf Kistowski

Das Schicksal der Braunbärin, die im Trentino einen Jogger getötet hat, bewegt Italien. Darf man das gefangene Raubtier einschläfern?

Sogar die Eltern des 26-jährigen Joggers, der am 5. April im Val di Sole im Trentino von JJ4 angefallen und getötet wurde, wollen, dass die 17-jährige Bärin am Leben bleibt: „Ich habe kein Interesse an einem symbolischen Racheakt: Die Schuld am Tod unseres Sohnes kann nicht allein auf die Bärin abgeschoben werden. JJ4 zu töten bedeutet nicht, dass Gerechtigkeit geübt wird“, erklärte der Vater am Donnerstag in der Zeitung „La Repubblica“. Auch Tierschützer, Tierärzte und Prominente wie die Schauspielerin Ornella Muti setzen sich dafür ein, dass Gaia, wie die Bärin auch genannt wird, am Leben bleiben darf.

 

JJ4 war in der Nacht auf Dienstag im Brenta-Massiv in eine sogenannte Röhrenfalle gegangen. Die Wildhüter und Jäger hatten Äpfel und Brot als Köder hineingelegt. Auch zwei ihrer Jungen befanden sich in der Falle, während ein drittes in der Nähe wartete. Die etwa 150 Kilo schwere Bärin wurde betäubt und im Wildtiergehege von Casteller bei Trient untergebracht. Die drei Jungbären sind knapp zweijährig und abgestillt; sie seien in der Lage, auch ohne ihre Mutter in den Bergen und Wäldern zu überleben, versicherten die Behörden.

Entscheidung vor Verwaltungsgericht

Das Schicksal von Gaia, einer Schwester des 2006 in Bayern erschossenen „Problembären“ Bruno, wird am 11. Mai vom Verwaltungsgericht Trient entschieden. Dieses hatte den Abschussbefehl von Provinzpräsident Maurizio Fugatti zunächst aufgehoben, um dem Nationalen Amt für Umweltschutz und Forschung Zeit zur Stellungnahme zu geben. Dieses hat inzwischen grünes Licht für die Tötung von JJ4 gegeben.

Falls sich nicht in letzter Minute noch ein Wildtierpark oder ein Zoo findet, der die Bärin aufnimmt, droht ihr also die Einschläferung. „ Wir hätten JJ4 lieber gleich erschossen“, erklärte der Lega-Mann Fugatti.

Bürgermeister fürchten um die Zukunft des Tourismus

Die Diskussion um das Wiederansiedlungsprojekt „Life Ursus“ und die Bärenpopulation im Trentino ist zu einem Glaubenskrieg geworden, der jeden Tag gehässiger wird. Auf der einen Seite stehen Fugatti und die meisten Bürgermeister, die um die Zukunft des Tourismus fürchten. Sie wollen von den rund 120 im Trentino lebenden Bären mindestens die Hälfte eliminieren oder in andere Gegenden verfrachten. „Wir hatten in acht Jahren acht Angriffe von Bären gegen Menschen. Sie können nicht alle hier bleiben“, sagt Fugatti. „Allen, die JJ4 das Leben retten wollen, sage ich: Dann kommt sie holen. Und mit ihr gleich alle 70 überzähligen Bären.“

Auf der anderen Seite stehen die Tierschützer. Dass die Todeskandidatin Mutter von drei Jungen ist, verleiht jetzt ihrer Kampagne Schwung: Gaia habe, als sie den Jogger angriff, lediglich das getan, was jede Mutter getan hätte. Die Bärin habe nur versucht, ihre Kinder zu beschützen.