Für jeden Badegast - hier im Mineralbad Leuze - zahlt die Stadt drauf. Foto: dpa

Der Verlust der Bäderbetriebe wird deutlich steigen:16,4 Millionen Euro sind 2011 eingeplant.

Stuttgart -  Rund 2,3 Millionen zahlende Besucher strömen jährlich in die städtischen Mineral-, Hallen- und Freibäder. Vielschwimmer mit Allergie gegen chlorgeschwängerte Hallenluft erwarten bereits sehnsüchtig die erste Freibadöffnung Mitte April in Möhringen. Der Stadt ist das öffentliche Badevergnügen immer mehr Geld wert.

Der Verlust der Bäderbetriebe wird in diesem Jahr erheblich steigen. 16,4 Millionen Euro sind geplant, 2,9 Millionen mehr als 2010. Der Zuschuss pro Ticket erklimmt damit neue Höhen. 2009 betrug er bei 2,4 Millionen zahlenden Gästen, also ohne Schul- und Vereinsschwimmer, pro Gast 5,42 Euro. Im vergangenen Jahr stieg der Verlust, während die Zahl der Schwimmer sank. Damit betrug er pro Badegast 6,08 Euro. Würde die Besucherzahl 2011 gleich bleiben, würde der Verlust pro Badegast 7,38 Euro erreichen. Zum Vergleich: Erwachsene zahlen in den Hallenbädern 3,60 bis 3,90 Euro, in den Freibädern 3,90 Euro Eintritt, Kinder 2,10 bis 2,40 Euro.

Erlösen konnte der Bäderbetrieb 2010 insgesamt 16,7 Millionen Euro. Allerdings sind darin bereits zwei Millionen städtischer Zuschuss enthalten. In diesem Jahr sollen es, ohne Zuschüsse, 16,1 Millionen Euro sein.

Was für Schulen und Straßen gilt, trifft auch auf die acht Hallen-, fünf Frei- und inzwischen drei Mineralbäder der Stadt zu: Die Infrastruktur wurde lange vernachlässigt. Putz und Platten bröseln, die Technik ist veraltet. Viele Bäder müssen dringend saniert werden. Das dauert viele Jahre.

Die Schließung von Bädern kam für Stadt und Gemeinderat nicht infrage

Bäder-Schließungen, für andere Kommunen in Krisenzeiten die Ultima Ratio, kamen für Stadtverwaltung und Gemeinderat auch beim neuen Schuldenhaushalt 2010/2011 nicht infrage. Dass mit diesem Tabu-Thema kein Blumentopf gewonnen werden kann, weiß jede Gemeinderatsfraktion. Mit Neubauten dagegen schon. Ein 50-Meter-Becken in der Halle ist für den größten Stadtbezirk Bad Cannstatt in Prüfung. Nur in diesem Fall kommt eine Schließung des maroden Cannstatter Hallenbads infrage. Dieser Schachzug könnte sich auch finanziell auszahlen: Die Nebenkosten könnten gedrückt, notwendige Sanierungsmittel eingespart werden.

Doch bisher schloss die Stadt nicht nur nicht, sie kaufte sogar zu. 2005 stieg sie für 8,45 Millionen Euro vom Minderheitsaktionär zum Alleinbesitzer des Mineralbads Berg auf. 2009 wurde das bisher angemietete Mineralbad Cannstatt für 23,72 Millionen Euro von der Baufirma Wolff&Müller erworben. Die Stadt kaufte damit, nur 400 und 1600 Meter von ihrem eigenen Mineralbad Leuze entfernt, zwei Sanierungsfälle ein. Im Berg bröckeln seitdem die Besucherzahlen. 2005 gaben sich 256.000 Gäste dem spröden Charme des Bades hin, 2010 konnte er lediglich noch 11.2000 unerschrockene Gäste bezirzen.

Manche Sanierung, wie die der Mineralwasserquellen hinter dem Kursaal, läuft zeitlich und finanziell aus dem Ruder. Auch die Sanierung im Mineralbad Cannstatt mit seiner Glaskuppel rötet die Bilanzzahlen. 2010 sind dafür 1,87 Millionen Euro fällig geworden. "Die mussten wir selbst erwirtschaften, ohne Zuschuss der Stadt", sagt die Geschäftsführerin des städtischen Eigenbetriebs, Anke Senne. Insgesamt kostet die zweijährige Sanierung in Bad Cannstatt, die in den nächsten Tagen beendet wird, 3,65 Millionen Euro. Den Verlust auf die Schwimmerzahl umzurechnen, findet Senne, sei keine gute Idee.