Der Zustand des Waldes im Südwesten bereitet Experten Sorge. (Symbolbild) Foto: dpa

Dürre, Hitze, Borkenkäfer - für Wälder im Land war Jahr bislang katastrophal.

Stuttgart - Dürre, Hitze, Borkenkäfer - für die Wälder im Land war es ein katastrophales Jahr. Der Klimawandel kommt nicht erst, wir stecken mittendrin, sagen Experten.

Mehr als ein Drittel der Wälder im Land gilt als deutlich geschädigt. Das ist das Ergebnis des Waldzustandsberichts 2018, den Forst- und Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Donnerstag in Stuttgart vorgelegt hat. "Nachdem sich der Waldzustand in den vorhergehenden drei Jahren im Trend verbesserte, hat er sich durch die extreme Trockenheit 2018 über alle Baumarten hinweg drastisch verschlechtert", sagte Hauk. Mit Ausnahme der Tanne haben demnach alle Bäume gelitten.

Aktuell hoffen die Forstfachleute auf kaltes Wetter, denn der Borkenkäfer hat sich in diesem Jahr wetterbedingt außergewöhnlich stark vermehrt. "Nun sitzt schon die dritte Generation dieses Jahres im Holz", sagte Hauk. Allerdings handele es sich noch um Larven und Puppen - wenn es in den nächsten vier Wochen kalt würde, könnte das Wetter zumindest dieser dritten Generation den Garaus machen. "Wenn nicht, dann schlüpfen erneut Käfer - und die überleben, anders als Larven und Puppen, auch einen kalten Winter", sagt Landesforstpräsident Max Reger.

Der Klimawandel ist es, der die Borkenkäferplage unterstützt: Das heiße, trockene Wetter führt bei den Bäumen zum sogenannten Trockenstress, sie werden anfälliger, erklärt Hauk. "Wenn die Bäume vital wären, würden sie sich wehren, indem sie mehr Wasser ziehen und die Löcher und Tunnel der Käfer mit Harz verstopfen. Bei der diesjährigen Trockenheit aber hatte der Borkenkäfer tolle Entwicklungsmöglichkeiten." Wenn das Wetter 2019 ähnlich werde wie in diesem Jahr, sehe es ganz schlecht aus, so Hauk. Forstpräsident Reger ergänzt: "Der Klimawandel kommt nicht erst, wir stecken mittendrin."

Um der Entwicklung entgegenzutreten, will Hauk die Biodiversität im Wald vorantreiben. "Unser Ziel sind artenreiche, naturnahe und standortangepasste Mischwälder auf ganzer Fläche, die auch zukünftig nennenswerte Nadelholzanteile aufweisen." Die Tanne spiele dabei eine wichtige Rolle - durch ihr tief reichendes Wurzelsystem gilt sie als klimastabiler Baum. "Gemeinsam mit der Douglasie und der Fichte liefert die Tanne das für den Baubereich wichtige Nadelholz." Während die stoffliche Verwertung von Laubbäumen wie Buche und Eiche bei rund 30 Prozent läge, betrage sie bei Nadelbäumen mehr als 50 Prozent.

An dem Konzept des Forstministers gibt es jedoch auch Kritik. "Bei einem so dramatischen Wandel und Produktionszyklen von 60 bis 120 Jahren können wir uns nicht einseitig von ein oder zwei Nadelbaumsorten abhängig machen", sagt Klaus Hoher, der forstpolitische Sprecher der FDP-Fraktion. Es käme immer wieder vor, dass einzelne Baumsorten flächendeckend Probleme mit spezifischen Schädlingen oder Pilzen bekämen. "Wir müssen deshalb heute eine möglichst breite Palette von klimatisch anpassungsfähigen Nadelbäumen etablieren", fordert Hoher.

Mehr Tempo beim Waldumbau verlangt Reinhold Pix, Forstexperte der Grünen im Landtag. "Wir werden zukünftig in viel größerem Maße als bisher auf klimawandelbedingte Schäden im Wald reagieren müssen", sagt Pix. "Wir sprechen von katastrophalen Dürreschäden in diesem für das Klima zentral wichtigen CO2-Speicher." Das zeige auch der beängstigende Borkenkäferbefall. Der Wald sei Leid- und Hoffnungsträger zugleich, so Pix. "Wälder sollen uns vor dem Klimawandel retten - und leiden doch selbst darunter."

Bei der Forstkammer Baden-Württemberg, dem Verband der Waldbesitzer, geht man davon aus, dass die Folgen der Trockenheit die Waldbesitzer beim Wiederaufbau der Wälder noch über Jahre beschäftigen wird. Verbandschef Jerg Hilt fordert, sie nicht alleine zu lassen. Es sei zwar positiv, dass Waldbesitzer bereits Unterstützung etwa für den Wiederaufbau der Schadflächen beantragen könnten. Die Forstkammer verlangt jedoch außerdem die Erhöhung der zulässigen Transportgewichte für Holz-Lkw. "Um eine Ausbreitung der Schäden zu verhindern, müssen die befallenen Bäume schnell abtransportiert werden", argumentiert Hilt.