Unabhängig vom Krieg in der Ukraine gab es in den vergangenen Wochen immer mal wieder Appelle zum Stromsparen. Aber was passiert eigentlich, wenn das Licht wirklich mal ausbleibt? Fragen und Antworten.
Neulich ist es im Landeskriminalamt passiert. Zwei Mal kurz hintereinander in Ludwigsburg. Im Stuttgarter Westen ebenso wie in Teilen Mannheims, in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen, in den kompletten Stadtgebieten von Rastatt und Baden-Baden, im nahen Gaggenau und in Leutkirch im Allgäu. Im Südwesten gab es in den vergangenen Monaten mehrere Stromausfälle.
Die Ursachen waren ganz unterschiedlich: von Kabelfehlern über einen Unfall beim Baggern bis zum Brand einer Trafostation. Doch nicht zuletzt infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wächst hierzulande die Sorge vor einem richtigen Blackout. Und es stellen sich Fragen, zum Beispiel wie sich Städte und Gemeinden vorbereiten und was die Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall wissen müssen.
Wie wahrscheinlich ist ein Blackout?
Ein waschechter Blackout ist ein unkontrollierter, flächendeckender Zusammenbruch der Elektrizitätsversorgung. Sowas gilt in Deutschland als so gut wie ausgeschlossen. Davon unterschieden werden Brownouts, wie das Umweltministerium erklärt, das in Baden-Württemberg auch für die Energiewirtschaft zuständig ist. Dann werde bei einem Engpass gezielt und mit zeitlichem Vorlauf, regional sowie zeitlich auf einige Stunden begrenzt für Verbraucher der Strom abgeschaltet.
Wer ist für die Vorsorge in den Kommunen zuständig?
Nichtsdestotrotz treffen die Städte und Gemeinden Vorkehrungen für einen größeren Stromausfall. Denn die Verantwortung dafür obliegt in Baden-Württemberg der untersten kommunalen Ebene, wie eine Sprecherin des Innenministeriums sagt. Jede Stadt, jede Gemeinde kümmert sich um sich selbst. Im „Musternotfallplan Stromausfall“ des Karlsruher Regierungspräsidiums heißt es sinngemäß, dass bei flächendeckenden Stromausfällen nicht mit Nachbarschaftshilfe zu rechnen sei, „da alle verfügbaren Ressourcen im jeweiligen Bereich benötigt werden“.
Allerdings unterstützen übergeordnete Instanzen. So listet das Innenministerium im Handbuch „Krisenmanagement Stromausfall“ sehr detailliert auf, was etwa mit Blick auf Krankenhäuser, die Wasser- und Treibstoffversorgung oder Informations- und Kommunikationstechnik zu bedenken ist. Manche Landkreise wiederum wie Heilbronn koordinieren Vorbereitungen in den Kommunen. Ziel sei ein einheitliches Vorgehen, sagt der Leiter der Abteilung Sicherheit und Ordnung im Landratsamt, Marc Hoffmann. „Und, dass alle an einem Strang ziehen.“
Ist es sinnvoll, den Gemeinden die Vorbereitung zu überlassen?
Ja, sagen Experten unisono. Vor Ort wüssten die Menschen am besten über Gegebenheiten und Bedürfnisse Bescheid. „Wenn wir das hier vom Schreibtisch aus planen, macht das keinen Sinn“, sagt Hoffmann. Ähnlich äußert sich Christopher Heck vom Gemeindetag: Ein großer Flächenlandkreis könne gar nicht alle Details planen. „Überörtliche Koordination ist gut, aber es braucht örtliche Kenntnis.“
Die mehr als 1000 Gemeinden in Baden-Württemberg seien spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs in engem Austausch mit den Feuerwehren. Fast jede Gemeinde habe eine eigene. Größere Städte hätten immer einen Krisenstab, erklärt Stefan Hermann, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes und für Katastrophenschutz zuständig. In kleinen Gemeinden wie Ratshausen (Zollernalbkreis) mit seinen rund 800 Einwohnern kümmere sich der Bürgermeister mit einer Mitarbeiterin darum. Da gebe es aber verhältnismäßig wenig kritische Infrastruktur.
Welche Maßnahmen treffen die Kommunen?
Die Umsetzung läuft Hermann und Heck zufolge teils sehr unterschiedlich. Das liegt zum Teil an Größenunterschieden: Mannheim etwa hat Pläne für verschiedene Szenarien vom kleinräumigen Stromausfall in Teilen eines Stadtviertels bis hin zum kompletten Stromausfall im gesamten Stadtgebiet. In einem Geoinformationssystem seien zudem Einrichtungen der kritischen Infrastruktur hinterlegt. Die nach Einwohnern etwa fünfmal kleinere Stadt Sindelfingen im Landkreis Böblingen plant mit 15 sogenannten Notfalltreffpunkten und 3 Wärmehallen als Anlaufstellen für die Bevölkerung bei einem Blackout.
Als Notfalltreffpunkte gekennzeichnete Einrichtungen sollen laut Innenministerium landesweit möglichst flächendeckend eine Versorgung der Menschen sicherstellen. „Die Wärmehallen werden über Notstromaggregate und Ölheizungen betrieben“, erklärt eine Sprecherin in Sindelfingen. Das kann so lange funktionieren, wie Öl für Heizungen und Kraftstoff für Notstromaggregate vorhanden sind.
Hettingen (Landkreis Sigmaringen) mit nicht mal 2000 Einwohnern hat ein Sportheim und eine Veranstaltungshalle dafür auserkoren. Sie sind als sogenannte Kat-Leuchttürme im Internet zu finden: An diesen mit Notstrom versorgten „Katastrophenschutz-Leuchttürmen“ sollen die nötigsten Hilfeleistungen möglich sein oder dort organisiert werden können, erklärt das Bundesforschungsministerium. Sie können beleuchtet werden, sodass man sie auch in der Dunkelheit findet.
Für den Zweck soll in der Hettinger Ortsmitte auch ein Feuerwehrfahrzeug mit Strahlern stehen, sagt Bürgermeisterin Dagmar Kuster. „Da kann man dann auch einen Notruf absetzen.“ In den Hallen gehe es außerdem um Zwischenmenschliches: sich aufzuwärmen und Trost zu finden. Weil die städtischen Fahrzeuge mit Diesel betrieben werden, sei davon viel vorrätig, sagt Kuster. Da auch die Wasserversorgung im Ernstfall über Notstrom laufen muss, wurde ein Gerät bestellt.
Im Enzkreis verfügen etwa das Landratsamt und die meisten Außenstellen über Notstrom-Einrichtungen. Auch viele Feuerwehrhäuser hätten eine Anlage, um sich selbst mit Strom zu versorgen, erklärt ein Sprecher. Jedes neue Feuerwehrhaus müsse zudem mit einer solchen Netzersatzanlage ausgestattet sein. „Ziel aus Sicht des Bevölkerungsschutzes wäre es, dass zukünftig je Kommune mindestens ein Rathaus und eine Halle mit einer Netzersatzanlage ausstatten und jedes Feuerwehrhaus mit einer Netzersatzanlage nachgerüstet wird.“
Wie erfahre ich, an wen ich mich im Ernstfall werden kann?
Hier ist es sinnvoll, sich schon im Vorfeld zu informieren. Viele Städte und Gemeinden haben in den letzten Monaten ihre Notfallkonzepte auf den Internetseiten veröffentlicht. Sindelfingen beispielsweise stellt eine Karte mit den Notfalltreffpunkten bereit. Zusätzlich will die Stadt im Ernstfall auch via Warnfahrzeuge über Lautsprecher und über die beiden Warnapps Katwarn und Nina kommunizieren. Ähnlich verweist auch Mannheim auf einen breiten „Warnmittel-Mix“, der die regionalen Hörfunk- und Fernsehsender umfasse. Beide Städte verweisen darüber hinaus auf verschiedene Social-Media-Kanäle. Um diese und Homepages zu erreichen, brauchen aber auch Smartphones und Computer Energie.
Gibt es noch mehr Unterstützung?
Die mehr als 90 Ortsverbände des Technischen Hilfswerks (THW) im Südwesten haben alle eine Fachgruppe Notversorgung, einige auch für Elektroversorgung und zur Aufbereitung von Trinkwasser. „Im Grunde können wir solange Strom liefern, wie wir Diesel haben“, sagt Peter Buß vom Landesverband. „Das THW ist auf lange Hilfe ausgerichtet.“ Wenn nötig könnten die Einsatzkräfte über Wochen bleiben. Allerdings ist das THW eine Bundeseinrichtung. Die für Katastrophenschutz verantwortlichen Ämter könnten die Hilfe aber anfragen, sagt Buß.
Die Feuerwehren sind zwar eng in die Planungen vor Ort eingebunden, müssten sich im Notfall jedoch erstmal darum kümmern, den eigenen Betrieb aufrechtzuerhalten. Nach Einschätzung von Vizepräsident Hermann könnten sie auch mehr zu tun haben, wenn etwa wegen ausgefallener Ampeln mehr Unfälle passieren oder Leute mangels elektrischen Lichts Kerzen anzünden und so Brände verursachen.
Einrichtungen der kritischen Infrastruktur wie Kliniken müssten sich etwa in Bezug auf die Notstromversorgung ebenfalls selbst vorsorgen. „Und das gilt eigentlich auch für jeden einzelnen Bürger“, sagt Hermann. Was man für einen Blackout im Haus haben sollte - vom Kurbelradio bis zur solarbetriebenen Powerbank - listet zum Beispiel Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe im Internet auf.