Winfried Kretschmann musste sich zuletzt gegen den Vorwurf wehren, er blähe den Regierungsapparat auf. In der neuen grün-schwarzen Regierung werden nun Posten gestrichen – doch auch dafür gibt es Kritik.
Stuttgart - Die grün-schwarze Landesregierung verzichtet in der neuen Legislaturperiode auf mehrere Beauftragten-Stellen. So werden in der kommenden Legislaturperiode die Stellen des Demografie-, Technologie-, und Lärmschutzbeauftragten abgeschafft, wie das Staatsministerium der Deutschen Presse-Agentur am Freitag bestätigte. Die Aufgaben würden in den jeweiligen Ressorts neu verteilt, erklärte eine Sprecherin. Der Start in eine neue Legislaturperiode sei auch die Zeit, um Aufgaben neu zuzuteilen. Posten sollten sich nicht verselbstständigen über die Jahre.
Die neue Landesregierung war zuletzt heftig wegen des Schaffens eines neuen Ministeriums und der Bestellung zusätzlicher Staatssekretäre kritisiert worden. Vorwurf: Die Aufblähung des Regierungsapparats. Die Regierung besteht künftig nach Angaben des Staatsministeriums aus 29 Personen - das sind ein Minister- und vier Staatssekretärsposten mehr als in der vergangenen Legislaturperiode. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) rechtfertigte den Postenaufwuchs mit dem gestiegenen Kommunikationsaufwand, mit dem sich die Regierung konfrontiert sehe. Die Menschen erwarteten heutzutage, dass die Leitungsebene mit ihnen spreche. An der Demokratie dürfe man nicht sparen, sagte Kretschmann.
Posten entfallen – Aufgaben bleiben
Nun fallen mehrere Posten weg - nicht aber die Aufgaben. Sie sollen trotzdem bearbeitet werden. Demografiebeauftragter war Thaddäus Kunzmann - dass der Posten abgeschafft werden soll, war schon vor einem Monat bekannt geworden. Die Bevölkerungsentwicklung und die Konsequenzen für die Gesellschaft müssten von allen Ministerien bearbeitet werden, hatte das Haus von Sozialminister Manne Lucha (Grüne) damals argumentiert. Technologiebeauftragten des Landes war Wilhelm Bauer, der Leiter des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Er war dem Wirtschaftsministerium zugeordnet. Seine Jobbeschreibung: Die „Technologieführerschaft und die Innovationsstärke Baden-Württembergs“ weiter ausbauen.
Lärmschutzbeauftragte war der Grünen-Landtagsabgeordnete Thomas Marwein. Er sagte, er sei zunächst zwar überrascht gewesen und auch enttäuscht über die Entscheidung, doch bleibe er als lärmschutzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion weiter ein Ansprechpartner für das Thema. „Lärmschutz wird ein aktuelles Thema bleiben“, zeigte sich der 62-Jährige überzeugt. Als Beauftragter hatte Marwein die Kommunen bei Lärmschutz-Themen vernetzt und unterstützt. Der Bauingenieur ist seit 2011 Landtagsabgeordneter. Er hatte sich zuletzt intensiv in der Debatte um Motorradlärm vor allem im Schwarzwald eingesetzt.
BUND bedauert Wegfall des Postens
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) kritisierte den Wegfall des Postens, der im Verkehrsministerium angesiedelt war. „Ein solches Amt spiegelt die Wertigkeit, die eine Regierung einem Thema gibt, wider. Deshalb bedauert der BUND, dass diese Funktion nicht weitergeführt wird“, teilte Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch mit. Zu viel Lärm mache krank und beeinträchtigt die Lebensqualität. 75 Prozent der Menschen fühlten sich einer Umfrage in ihrem Wohnumfeld durch Straßenlärm gestört oder belästigt. „Dem BUND bleibt zu hoffen, dass die neue Landesregierung das Thema auch ohne eine Lärmschutzbeauftragte oder einen -beauftragten beherzt angeht.“
„Der Lärmschutz bleibe für die Landesregierung ein zentrales und essenzielles Thema mit Blick auf eine umweltverträgliche Mobilität“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der dpa. Das Thema werde von der neuen Staatssekretärin Elke Zimmer (Grüne) bearbeitet. „Wie wichtig der Lärmschutz ist, zeigt unter anderem der Zusammenschluss zahlreicher Kommunen in Baden-Württemberg zur Initiative gegen Motorradlärm.“