Baden-Württemberg zieht bei der Verschärfung des bundesweiten Corona-Lockdowns mit, will aber in zwei entscheidenden Punkten womöglich abweichen. (Symbolfoto) Foto: Oliver Boehmer – stock.adobe.com

Lockerungen könnten zu "hartem Rückfall" in Corona-Krise führen, warnt Ministerpräsident Kretschmann.

Lockerungen könnten zu einem "harten Rückfall" in der Corona-Krise führen - warnt Ministerpräsident Kretschmann. Doch bei zwei von Bund und Ländern vereinbarten Maßnahmen ist das Land skeptisch.

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Stuttgart - Baden-Württemberg zieht bei der Verschärfung des bundesweiten Corona-Lockdowns mit, will aber in zwei entscheidenden Punkten womöglich abweichen. Bund und Länder hatten sich am Dienstag darauf verständigt, die ursprünglich bis zum 10. Januar vereinbarten Lockdown-Regeln bis zum Monatsende zu verlängern. Zudem vereinbarten sie noch strengere Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Dienstagabend in Stuttgart an, Grundschulen und Kitas ab 18. Januar wieder zu öffnen, wenn die Infektionszahlen dies zuließen. Die meisten Länder wollen die Schulen bis Ende Januar schließen. Darüber hinaus will Baden-Württemberg erst später entscheiden, ob es in Landkreisen mit hohen Corona-Infektionszahlen den Bewegungsradius der Menschen einschränkt. "Aktuell planen wir das nicht", sagte Kretschmann. "Wir müssen erstmal zu belastbaren Werten kommen nächste Woche, um dann zu entscheiden."

Weg zur Arbeit gilt als Ausnahme

Zuvor hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, dass in Landkreisen mit hohen Corona-Infektionszahlen weitere Maßnahmen zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort ergriffen werden sollen. Als Ausnahmen gelten triftige Gründe wie der Weg zur Arbeit. Dazu zählen tagestouristische Ausflüge wie der anhaltend starke Andrang in den Wintersportgebieten von Schwarzwald und Schwäbischer Alb ausdrücklich nicht. Vorbild für die 15-Kilometer-Vorgabe in Hotspots sind entsprechende Regeln in Sachsen.

In Baden-Württemberg käme ein eingeschränkter Radius nach Zahlen des Landesgesundheitsamts vom Dienstag (16.00 Uhr) für den Enzkreis und den Stadtkreis Pforzheim in Betracht. Allerdings liegen beide nur noch knapp über der Marke 200. Der Landkreis Tuttlingen lag knapp darunter. Dagegen bewegte sich die Zahl im Landkreis Calw auf die 200-Grenze zu.

Auch die Kontaktregeln werden nach Kretschmanns Worten noch einmal verschärft. Bund und Länder hätten sich darauf geeinigt, dass sich künftig nur noch Angehörige eines Haushalts mit maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person im öffentlichen Raum treffen dürfen. Bislang gilt, dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine, mit den Angehörigen des eigenen und eines weiteren Hausstandes bis zu einer Gruppengröße von höchstens fünf Menschen gestattet ist.

Grundschulen und Kitas bleiben zunächst geschlossen

Für Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen gebe es entsprechend der Vereinbarung von Bund und Ländern bis Ende Januar keinen Präsenzunterricht, sagte Kretschmann. Für die Abschlussklassen sind Sonderregelungen möglich. Grundschulen und Kitas blieben zunächst geschlossen. "Unser Ziel ist es allerdings, Kitas und Grundschulen ab dem 18.1. wieder zu öffnen, wenn wir nächste Woche Klarheit über die Infektionszahlen haben und es vertretbar ist." Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die sich vehement für Präsenzunterricht in Grundschulen eingesetzt hatte, begrüßte das Vorgehen.

Eisenmanns Sprecher erläuterte, der Beschluss von Bund und Ländern mache die Öffnung von Grundschulen durchaus möglich. In dem Papier heißt es, die Maßnahmen in den Schulen würden entsprechend des Beschlusses vom 13. Dezember bis Ende Januar verlängert. In dem Beschluss vor Weihnachten heiße es, dass Präsenzunterricht möglich sei, wenn die Präsenzpflicht ausgesetzt ist, erklärte der Ministeriumssprecher. Das sei in Baden-Württemberg schon seit Sommer der Fall. Im Südwesten enden am Sonntag die Weihnachtsferien für etwa 1,5 Millionen Schüler und rund 130 000 Lehrkräfte.

Kretschmann bat die Bevölkerung erneut um Geduld und Verständnis. "Wir sind noch nicht über den Berg", sagte der Regierungschef am Abend nach den Beratungen. "Es liegt noch eine schwierige Strecke vor uns, wahrscheinlich die schwierigste der Pandemie." Er wisse, dass die Beschränkungen allen "auf die Nerven gehen". Dennoch müssten sie erneut verschärft werden - "nicht häppchenweise, sondern so, dass wir innerhalb von Wochen auf niedrigere Zahlen kommen und nicht innerhalb von Monaten".

Baden-Württemberg war, wie die anderen Bundesländer auch, am 16. Dezember in einen weitreichenden Lockdown gegangen, um die hohen Zahlen von Corona-Neuinfektionen einzudämmen. Zahlreiche Geschäfte und Dienstleister sind seitdem geschlossen. Auch Freizeit- und Kultureinrichtungen mussten dicht machen - etwa Museen, Spielhallen und Schwimmbäder. Geöffnet bleiben dürfen unter anderem Supermärkte, Drogerien, Banken und Tankstellen.

Abholangebote im Handel ab Montag

Vom kommenden Montag an sollen auch Abholangebote im Handel wieder erlaubt werden. Die Corona-Verordnung werde so geändert, dass der sogenannte Click&Collect-Service wieder möglich werde, sagte ein Regierungssprecher in Stuttgart. Kunden könnten so im Internet oder per Telefon eine Ware bestellen, einen Abholtermin vereinbaren und die Ware selbst abholen.

Wie es im Februar weitergeht, darüber wollen Bund und Länder am 25. Januar beraten. Entscheidend sind dann vor allem die Infektionszahlen. Die Zahl der gemeldeten Corona-Neuinfektionen hat allerdings im Südwesten wieder deutlich angezogen. Das Landesgesundheitsamt (LGA) verzeichnete am Dienstag (Stand: 16.00 Uhr) 2954 neue Fälle. Die Gesamtzahl der Infektionen stieg damit auf 249 377. Die Zahl der Menschen, die mit oder an dem Virus gestorben sind, stieg um 128 auf nun 5179.

Dass in den vorangegangenen Tagen weniger Neuinfektionen gemeldet worden waren, kann unter anderem an einer niedrigeren Zahl von Tests und weniger Daten-Übermittlungen rund um Silvester und Neujahr gelegen haben. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz lag landesweit bei 124,0. Die Zahl gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner in einer Region sich binnen einer Woche mit dem Coronavirus angesteckt haben. Corona-Impfungen hat es in Baden-Württemberg bis einschließlich Montag knapp 32.200 gegeben.