Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Foto: dpa/Christoph Schmidt

Grüne und CDU wollen Baden-Württemberg zum „Klimaschutzland“ machen. Doch der Sparzwang macht voraussichtlich auch hier nicht Halt.

Stuttgart - Wegen der corona-bedingten Haushaltslöcher könnten bei den Koalitionsverhandlungen von Grünen und CDU auch die kostspieligen Projekte für den Klimaschutz gestutzt werden. Um den Klimaschutz voranzutreiben, wollen vor allem die Grünen in der kommenden Legislaturperiode pro Jahr 200 Millionen Euro in die Hand nehmen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Stuttgart aus Verhandlungskreisen erfuhr. Damit sollten insbesondere die Planung für kommunale Wärmenetze gefördert, landeseigene Gebäude saniert und klimaneutrale Wohnquartiere unterstützt werden. Dieser Betrag steht wegen des Sparzwangs nun infrage.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte am Dienstag, die künftige Koalition könne sich „keine großen Sprünge leisten, die mit großen Ausgaben verbunden sind“. Alles, was man beschließe, werde unter Haushaltsvorbehalt gestellt. Beim Klimaschutz könnten Grüne und CDU zunächst auch ordnungspolitisch Akzente setzen, ohne viel Geld ausgeben zu müssen. Als Beispiel nannte er die Solarpflicht auf Wohnhäusern.

Teure Mobilitätsgarantie

Die beiden Parteien wollen eigentlich auch den öffentlichen Nahverkehr stark ausbauen. So sollte es eine Garantie für den öffentlichen Nahverkehr geben. Dafür sollten alle Orte in Baden-Württemberg von 5 Uhr früh bis Mitternacht mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar sein. Hier wird mit Kosten in Höhe von 600 Millionen Euro kalkuliert.

Darüber hinaus soll es landesweit günstigere Tickets im Nahverkehr geben, um die Menschen zum Umstieg auf Busse und Bahnen zu bewegen. Dieses Vorhaben soll mit 500 Millionen Euro zu Buche schlagen. Zwar sollen die Kommunen im Gegenzug eine Nahverkehrsabgabe einführen können, doch ob da genügend Geld reinkommt, wird selbst bei den Grünen angezweifelt. In Verhandlungskreisen wird erwartet, dass die Grünen bei diesem Prestigeprojekt Abstriche und einen Stufenplan akzeptieren müssen.

Kreise warnen vor „Sündenfall“

Der Landkreistag warnte Grüne und CDU, die Kosten für den geplanten Ausbau des Nahverkehrs auf die Kommunen abzuwälzen. Die Kreise hielten es für einen „ordnungspolitischen Sündenfall“, wenn Grüne und CDU die zusätzlichen Busse und Bahnen sowie das benötigte Personal über eine kommunale Nahverkehrsabgabe finanzieren wollten. „Das wäre definitiv nicht darstellbar“, sagte Alexis von Komorowski, Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, der dpa. „Es ist ein Landesprojekt, hinter dem wir stehen.“ Aber die Basisinfrastruktur müsse vom Land finanziert werden.

Für Busse und Stadtbahnen sind die Landkreise zuständig. Bei der freiwilligen Nahverkehrsabgabe könnten die Kommunen entscheiden, ob sie alle Einwohner oder nur die Autofahrer zur Kasse bitten. Bei einem Modellversuch in vier Kommunen waren Monatsbeiträge von zehn bis 57 Euro im Gespräch. Dem Vernehmen nach rechnet das Land damit, dass mit einer Nahverkehrsabgabe 800 Millionen Euro in die kommunalen Kassen gespült werden könnten.

Ein Flickenteppich droht

Der Landkreistag glaubt jedoch nicht daran, dass alle Kreise die neue freiwillige Abgabe einführen wollen - schon allein deshalb, weil sie kompliziert zu erheben sei. „Es besteht die Gefahr eines Flickenteppichs“, sagte Komorowski. Zudem berge die Abgabe ein „hohes Erregungspotenzial“, was die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern angehe. Wenn das Land das Projekt durchziehen wolle, seien die Kommunen durchaus bereit, über den kommunalen Finanzausgleich ihren Beitrag zu leisten. Auch seien die Kreise bereit, die bestehende Infrastruktur aus eigener Kraft zu stärken.

Komorowski zeigte sich überzeugt, dass der Ausbau wegen des corona-bedingten Geldmangels bei Land und Kommunen zunächst nur schrittweise möglich sei. „Man muss sich über einen Stufenplan verständigen“, sagte er.

Am Donnerstagabend treffen sich die Spitzen von Grünen und CDU um Kretschmann und CDU-Landeschef Thomas Strobl im Rahmen ihrer Koalitionsverhandlungen mit den kommunalen Spitzenverbänden.