So zerstörerisch wie in diesem Sommer war das Wetter in Baden-Württemberg noch nie. Riesige ... Foto: dpa

So zerstörerisch wie in diesem Sommer war das Wetter im Südwesten noch nie. Hagelstürme und Rekord-Regenmengen haben ihre Spuren hinterlassen.

Stuttgart - Jahrhunderthochwasser an den Flüssen, Schlammlawinen am Albtrauf, vom Hagel zerstörte Autos und Häuser: Nach den heftigen Unwettern in diesem Sommer laufen im ganzen Land noch immer die Aufräumarbeiten. Menschen stehen vor den Trümmern ihrer Existenz, die Schäden übersteigen längst die Milliarden-Grenze. In Mössingen (Kreis Tübingen) dürfen knapp 30 Bewohner seit Monaten nicht in ihre Häuser zurück, weil nach heftigen Regenfällen ein Hang ins Rutschen geraten ist. Für den Deutschen Wetterdienst sind diese zerstörerischen Unwetter aber nur die Spitze des Eisbergs. Im ganzen Land habe es in diesem Sommer unzählige kleine Unwetter gegeben.

Die größten Schäden hat Ende Juli ein heftiges Gewitter mit tennisballgroßen Hagelkörnern in den Kreisen Reutlingen und Tübingen, sowie etwas schwächer in Göppingen und Esslingen verursacht. Zehntausende Menschen haben Schäden an Haus oder Auto. Die SV Sparkassenversicherung schätzt den Gesamtschaden auf mehr als 1,25 Milliarden Euro. Nach Einschätzung der Versicherung hat es in Deutschland noch nie so massive Schäden durch Hagel gegeben wie an jenem 28. Juli, als eine Gewitterfront am Albtrauf hängengeblieben war. Hausbesitzer warten oft wochen- oder gar monatelang auf einen Handwerker. Viele Dachdecker und Fensterbauer arbeiten nach eigenen Angaben 16 Stunden pro Tag.

Auf zahlreichen Feldern im Südwesten ist die Ernte ruiniert. Allein der Hagel vor einem Monat hat nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums einen Schaden von rund 24 Millionen Euro verursacht. Besonders betroffen seien Mais, Raps und Getreide.

Im Vergleich zu dieser Schadensumme erscheinen die massiven Regenfälle, die vor drei Monaten zu Jahrhunderthochwassern an zahlreichen Flüssen im Land geführt haben, fast schon überschaubar. Trotzdem standen ganze Straßenzüge unter Wasser. In den betroffenen Orten entlang der Flüsse wie in Veringenstadt (Kreis Sigmaringen) an der Lauchert wird nun überlegt, wie man sich vor Unwettern besser schützen kann. Am Albtrauf kam es damals zu gewaltigen Erdrutschen. Die Wohnsiedlung in Mössingen ist noch immer bedroht.

Innenministerium beziffert Schäden auf rund 74 Millionen Euro

Das Innenministerium bezifferte die Schäden bislang auf rund 74 Millionen Euro, wird die Zahl aber wohl noch nach oben korrigieren, wie ein Sprecher sagte. Das Land werde demnächst auch damit beginnen, weitere Hilfsmittel vom Bund in Höhe von 71 Millionen Euro an die Betroffenen auszuzahlen.

Das Wetter in diesem Sommer war aber auch jenseits dieser verheerenden Unwetter von vielen Turbulenzen geprägt. Präzise Statistiken liegen dem Deutschen Wetterdienst (DWD) in Stuttgart zwar noch nicht vor. „Aber wir hatten im Juli und August ohne Zweifel zwei besonders unwetterträchtige Monate“, sagte DWD-Meteorologe Klaus Riedl am Mittwoch. Neben Hagel und Jahrhunderthochwassern habe es unzählige kleine Unwetter mit starkem Niederschlag gegeben.

Laut Polizeiberichten waren die Auswirkungen mancherorts enorm. In Karlsruhe wurden Fußgänger von umhergewirbelten Gegenständen verletzt, in Sigmaringen musste ein Zeltlager mit 2500 Pfadfindern evakuiert werden, in Aalen zog ein Tornado über einen Campingplatz und verletzte 27 Menschen. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Trotzdem gebe es bislang keine Hinweise darauf, dass Baden-Württemberg häufiger von Unwettern heimgesucht werde als früher, sagte der Meteorologe. Auch für die nächsten Jahre lasse sich keine verlässliche Prognose aufstellen. „Das wäre reine Spekulation“, betonte Riedl. „Eine solche Häufung von Unwettern kann einmalig gewesen sein - es kann aber auch sein, dass sie ein Effekt des Klimawandels ist.“