Zum Abschluss gibt es im Foyer von Maria Vollmer "Pillen" für die Besucher. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Kabarett: Maria Vollmer nimmt Alltagsprobleme auf die Schippe / Sie kreiert ihre eigenen Lieder

Maria Vollmer ist stimm- und wortgewaltig und mit ihrer Comedy-Show "Push-up Pillen & Prosecco" erntete sie viel Gelächter und Applaus vom Publikum im Königlichen Kurtheater Bad Wildbad.

Bad Wildbad. Schwungvoll konterkariert sie das eintönige Klavierspiel ihres Nachbarn in der Reihenhaussiedlung in Köln-Nippes mit einem furiosen Schlagzeugsolo auf Eimern, Töpfen, Sieb und Pfanne. Die seit acht Jahren 39-jährige Kabarettistin bewegt sich mit ihrem Programm konsequent zwischen Beautyfarm und Bettpfanne oder zwischen Rock’n’Roll und Rollator. Über die Probleme, die dazwischen auftauchen, macht sie sich lustig. Rheumaunterwäsche und Stützstrümpfe, so die Entertainerin, sind die Wahrzeichen dieses Alters, und wenn man ein nächtliches Stöhnen wahrnimmt, so ist wahrscheinlich der Ischiasnerv die Ursache.

Und dann auch noch die Altersfarbe "beige", die Farbe des Verlassens, des Verwelkens, die zählt Vollmer zu den schlimmsten Dingen, mit denen man das Alter betont.

Wenn der pubertierende Sohn schließlich den Besuch seiner neuen Freundin ankündigt, stellt sich die Mama eine Art Heidi vor und was kommt? Eine Art Daniela Katzenberger, total gepusht und gebotoxt, ein blondiertes Silikon-Endlager.

Dazwischen bringt sie Tanzeinlagen und singt in einer Art Torschlusspanik das Lied von den "Zehn kleinen Eizellen", die nach und nach verloren gehen.

Sie spielt Blockflöte oder Xylofon

Vollmer singt allerdings nicht nur, sie spielt Blockflöte und Xylofon und begleitet sich selbst. Und ins Publikum, das ihre tollen Vergleiche sowohl bejubelt als auch belacht, meint sie, dass sie so viele leuchtende Inseln in Form von Glatzen nicht vermutet hätte, aber schließlich seien die Geheimratsecken eben ins Genick gerutscht.

Durchaus kritisch sind aber auch ihre Lieder. Aus Udo Jürgens‘ Song "Ich war noch niemals in New York" macht sie "Ich war noch niemals im Irak" und zeigt auf, wie sich die Zeiten verändert haben. Auch bei den Männern um die 50, so die Entertainerin, würden sich die Hobbies ändern. Mann macht Marathonlauf, geht zurück in die Natur oder erwirbt den Kettensägenführerschein, um den Holunderstrauch im Garten zu frisieren.

Maria Vollmer ist eine Pfarrerstochter, die sich allerdings nicht so entwickelt hat, wie man dies so vermutet, also nicht wie Angela Merkel oder Gudrun Ensslin. Als Kabarettistin, Entertainerin, Comedian legt sie die Zündschnur ihres Witzes an ganz alltägliche Dinge, mal schwungvoll und euphorisch, aber auch jämmerlich und mitleiderregend – das Publikum amüsiert sich köstlich über die Alltagsgeschichten, die es oft selbst erlebt hat und die Vollmer gnadenlos überzieht. Als sie schließlich aus dem Abba-Hit "Fernando" das Lied "Ich bin Kundin bei Zalando" macht, bleibt kein Auge trocken, denn sie trifft den Nerv der Zeit. Schonungslos geht sie mit den Middle-Agern um, zu denen sie selbst gehört und nimmt alles auf die Schippe. Und zum Schluss verteilt sie Pillen – nur der Prosecco fehlt.