Der Erlebnis-Akademie-Vorstand Bernd Bayerkühler (links) und Bürgermeister Klaus Mack unterzeichneten im März bereits eine Absichtserklärung. Jetzt ist zwischen Mack und dem NABU ein offener Streit um das Projekt entbrannt. Foto: Archiv

Bürgermeister Klaus Mack schreibt offenen Brief an den Naturschutzbund Deutschland. Organisation äußert "erhebliche Bedenken".

Bad Wildbad - Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) sowie Bad Wildbads Bürgermeister Klaus Mack sind wegen des geplanten Baumwipfelpfades auf dem Sommerberg aneinandergeraten.

Anlass ist ein Schreiben des Kreisverbandes Calw des NABU an Bürgermeister Klaus Mack. In dem von Stefan Andrusch sowie Renate Fischer unterzeichneten Brief, der unserer Zeitung vorliegt, werden gegen das Bauvorhaben "erhebliche Bedenken" angemeldet. Fischer und Andrusch bilden mit Regina Steyer die Spitze des NABU-Kreisverbandes. "Insbesondere auch das von Ihnen vorgelegte Tempo der vorgesehenen Beschlussfassung, des geplanten Baubeginns sowie der anvisierten Inbetriebnahme ist aus unserer Sicht übereilt", schreiben beide. Sie fordern deshalb vor Beschlussfassung durch den Gemeinderat eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung, insbesondere eine Artenschutzprüfung bezüglich Flora und Fauna der Roten Liste. Dabei verweisen sie auf mögliche Vorkommen diverser Fledermausarten, der Haselmaus und des Auerhuhns.

Darüber hinaus verlangen Andrusch und Fischer ein Lärmschutzgutachten, weil die geplante Führung des Baumwipfelpfades bis zu 50 Meter an vorhandene Siedlungsflächen angrenze. Sie verweisen darauf, dass die Erlebnisakademie AG mit Sitz in Bad Kötzting und mögliche Betreiberin des Pfades an anderen Standorten auch nächtliche Veranstaltungen anbiete. Da im Eingangsbereich, der den Siedlungsflächen am nächsten liege, auch Hundeboxen vorgesehen seien, halten sie ein derartiges Lärmgutachten im Gegensatz zur Stadt Bad Wildbad aus baurechtlicher Sicht für unumgänglich. Beide fordern Mack dazu auf, die entsprechenden Verbände und Behörden in das Verfahren einzubinden und einen Beschluss des Gemeinderates herbeizuführen, um entsprechende Gutachten einzuholen.

"Wir wollen das Projekt nicht torpedieren", stellte Fischer auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten klar. Aber nach ihrer Auffassung müsse es sich verträglich in die umgebende Natur einfügen. Außerdem stört sie sich an der Größenordnung des Vorhabens. Als Beispiel nennt sie den Turm, der 40 Meter hoch sein soll und damit die höchsten Bäume dort um zehn Meter überrage. Bei den Bauarbeiten sei zudem schweres Gerät notwendig. Sie versicherte, dass sich der NABU von niemandem instrumentalisieren lasse und seine eigene Position vertrete.

Auch in einem Schreiben an die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes verlangen Andrusch und Fischer eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung und ein Lärmschutzgutachten.

Bürgermeister Klaus Mack reagierte auf das Schreiben mit einem offenen Brief an den NABU-Landesvorsitzenden André Baumann und zeigte sich darin "mehr als verwundert". Der Rathauschef erinnerte daran, dass Baumann etwa bei einer Veranstaltung der örtlichen SPD einen Nationalpark auch als Chance für den Tourismus bezeichnet habe. In ihm sollen auch touristische Einrichtungen wie ein Baumwipfelpfad entstehen. Zudem betreibe die Erlebnis Akademie AG im Nationalpark Bayerischer Wald einen solchen Pfad. "War der Tourismusgedanke tatsächlich nur ein ›Deckmantel, um das Naturschutzprojekt ›Nationalpark‹ besser verkaufen zu können", fragt Mack. Warum würden Bedenken in einem Gebiet angemeldet, das kein Naturschutzgebiet und seit mehr als 100 Jahren touristisch genutzt worden sei, fragt sich der Bürgermeister. In den besten Tourismusjahren habe die Sommerbergbahn mehr als 600.000 Besucher pro Jahr auf den Berg gebracht. Heute seien es knapp 200.000. Für den Wipfelpfad werde mit 200.000 Gästen gerechnet, so Mack.

Der Rathauschef sieht in dem geplanten Baumwipfelpfad ein für die Region wichtiges touristisches und naturpädagogisches Projekt. Mack erinnerte daran, dass eine Waldpädagogik-Station für Schulklassen geplant sei: "Ich hätte erwartet, dass sich der NABU hier mit Umweltbildungsangeboten einbringt, statt Gutachten zum Schutz der Anwohner zu fordern."

"Das Gebiet vom Sommerberg bis Kaltenbronn wird mit diesem Wipfelpfad erheblich profitieren und soll genau die Wertschöpfung erreichen, die Sie mit einem Nationalpark proklamiert hatten", schreibt Mack an die Adresse von Baumann, der gestern urlaubsbedingt für eine Reaktion auf den Brief nicht zu erreichen war. "Angesichts Ihrer Stellungnahme kann ich nur sagen, gut, dass unsere Region von einem Nationalpark verschont blieb, wenn die Aussagen im Vorfeld der Diskussion durch die praktische Handhabung vor Ort so konterkariert werden. Wie hätten Sie denn um ein Nationalparkgebiet, das die höchste Schutzwirkung überhaupt entfaltet, touristische Einrichtungen schaffen wollen, wenn Sie in einem unproblematischen Fall schon die Naturschutzkeule schwingen?", fragt der Schultes.

Der Rathauschef erinnerte daran, dass die Stadt im Rahmen einer Erholungswaldsatzung besonders schützenswerte Bereiche auf dem Sommerberg "freiwillig und ganz ohne Nationalpark unter einen besonderen Schutz stellt (wir berichteten). Die Freizeit- und Erholungsnutzung, die durch den Skilift und den Bikepark schon heute gegeben seien, würden auf das bestehende Gebiet begrenzt, in dem auch der Wipfelpfad entstehe.

Hinsichtlich des Zeitplans gibt Mack zu bedenken, dass ein Baugenehmigungsverfahren noch gar nicht eingeleitet sei. "Bisher gab es nur Abstimmunsgespräche, um die Anwohner frühzeitig einzubinden", machte Mack gegenüber unserer Zeitung deutlich.