Stefanie Dickgiesser ist seit mittlerweile rund 100 Tagen Geschäftsführerin der Tourismus GmbH in Bad Wildbad. Foto: Mutschler Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Die neue Wildbader Touristik-Chefin zieht nach 100 Tagen im Amt eine Zwischenbilanz / Lange Tage, kurze Nächte

Bad Wildbad. Die neue Wildbader Touristik-Chefin, die im November ihren Posten angetreten hat, ist seit 100 Tagen im Amt. Im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet die 35-jährige gebürtige Sindelfingerin, wie sie sich bisher im Kurort eingelebt hat und warum ihr Nordschwarzwald und Enztal so ans Herz gewachsen sind.

Frau Dickgiesser, wie waren die ersten 100 Tage auf dem Bad Wildbader Touristik-Chefposten?

Es war am Anfang natürlich unglaublich viel und umfangreich. Meine Tage waren lang, die Nächte kurz. Aber die neuen Aufgaben waren auch sehr interessant und haben mich gefordert – das liegt aber auch an meiner persönlichen Einstellung. Ich gebe immer alles und bin bestrebt, mich schnellstmöglich einzuarbeiten.

Wie gut kannten Sie sich vorher in Bad Wildbad aus?

Ich musste mich erst einmal einfinden, klar. Man kennt zwar schon die wichtigsten Attraktionen und Häuser, aber nun wandere ich privat auch viel in der Gegend, besuche Events und teste die örtliche Gastronomie.

Und, wie ist die örtliche Gastronomie?

Kulinarisch bin ich bislang sehr zufrieden. Es ist natürlich schon auch ein Steckenpferd, nicht nur von Bad Wildbad, aber beispielsweise auch von Höfen oder Enzklösterle, die gastronomisch in ihrer Vielfalt und Qualität sehr gut aufgestellt sind.

Was haben Sie bislang alles umgekrempelt?

Da wir finanziell nicht so üppig aufgestellt sind, habe ich erst einmal die internen Strukturen beleuchtet. Es gibt sehr viele Einsparpotenziale, die angegangen werden mussten und müssen – zum Beispiel das Abschalten von veralteten Webseiten, die keiner mehr braucht. Außerdem habe ich die Abläufe intern besser strukturiert und standardisiert. Meine Mitarbeiter und ich haben nun alle einheitliche E-Mail-Signaturen, es gibt eine einheitliche Briefvorlage und solche Dinge. Diese Grundsteine sind mir wichtig, da ich selbst ein sehr strukturierter Mensch bin. Mehr Struktur bringt mehr Effizienz und spart Zeit.

Wie beliebt machen Sie sich damit bei ihren 25 Mitarbeitern?

Ich erfahre durchweg gute Unterstützung und habe das Gefühl, dass meine Mitarbeiter motiviert mitziehen. Ich versuche das aber auch durch eine offene Kommunikation und Teambildungs-Maßnahmen zu fördern. Außerdem bin ich offen für Anregungen und fordere von meinen Mitarbeitern ein, eigenständig zu denken und sich einzubringen. Es gibt einen Satz, den ich überhaupt nicht mag: "Das haben wir aber schon immer so gemacht". Klar, für die Mitarbeiter ist so manches eine Umstellung. Natürlich ist das ungemütlich, weil jeder Mensch in erster Linie ein Gewohnheitstier ist. Hin und wieder lasse ich mich aber auch überzeugen, wenn das Altbewährte wirklich besser ist.

Erschwert Ihnen die finanzielle Situation die Arbeit?

Das ist natürlich schon eine Herausforderung, aber das wusste ich vorher. Trotzdem hat es mich unglaublich gereizt – einfach kann schließlich jeder. Zudem wusste ich auch, dass sich Herr Mack als Bürgermeister sehr für den Tourismus einsetzt und mir den Rücken deckt.

Haben Sie sich Ihren Job hier also genau so vorgestellt?

Ja, doch, kann ich schon so sagen. Aber natürlich kannte ich meine Kollegen und die genauen Aufgaben noch nicht. Mein Job ist total vielfältig, jeder Tag ist anders, bringt neue Herausforderungen, Ideen und Gespräche. Wenn ich zur Arbeit fahre, habe ich eigentlich immer einen Plan für den Tag im Kopf. Aber abends gehe ich oft nach Hause und merke, dass ich vielleicht nur ein Prozent des Plans umgesetzt habe, weil es nie so kommt, wie ich es mir vornehme. Aber das ist es auch, was mir Spaß macht.

Welche sind die besonderen Herausforderungen in Bad Wildbad?

Für mich persönlich ist es die hohe Anzahl an Mitarbeitern. Ich bin schon viele Stunden am Tag als Führungskraft beschäftigt, weil mir das wichtig ist, eine gute Vorgesetzte zu sein und ansprechbar zu sein. Für uns als Team ist es die Herausforderung, den Tagestourismus vom Sommerberg auch in die Innenstadt zu holen und den Aufenthalt der Besucher zu verlängern.

Welche Ideen haben Sie dafür, die Tagestouristen auch in die Stadt zu locken?

Ich versuche Angebote mit den Hoteliers zu schnüren, um Übernachtungen zu generieren. Vor allem bei Veranstaltungen wie dem Rossini-Festival gibt es viel Potenzial. Ich finde, da stimmt der Vertriebsweg noch nicht so ganz. Da gilt es, die Kommunikation zu verbessern und die Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing zu stärken.

Wie laufen die Fortschritte beim Kombi-Ticket mit der Sommerbergbahn und den Sommerberg-Attraktionen?

Wir haben im März einen Termin mit den Betreibern von Sommerbergbahn, Wildline und Baumwipfelpfad. An dem Kombi-Ticket müssen wir arbeiten, um es dem Gast so einfach wie möglich zu machen. Am Ende muss er sich einfach wohlfühlen. Wir werden schauen, dass wir auch marketingtechnisch zusammenwachsen und touristisch ein einheitliches Erscheinungsbild haben.

Wo liegen die Unterschiede zu Ihrer Tätigkeit in Schömberg?

Der große Unterschied ist, dass ich mit der ausgelagerten Touristik GmbH viel flexibler bin und Entscheidungen weitestgehend frei treffen kann. Und klar, Bad Wildbad und das Enztal sind touristisch eine ganz andere Hausnummer als Schömberg, was sich auch an der höheren Zahl an Mitarbeitern zeigt.

Haben Sie noch einen guten Draht nach Schömberg?

Ja, wir arbeiten mit der dortigen Touristik sehr gut zusammen und kooperieren viel.

Ihren Wechsel haben Sie also bislang nicht bereut?

Nein. Für mich bedeutete diese Entscheidung einfach noch mal einen Schritt vorwärts zu gehen.

Welche Projekte werden sie in naher Zukunft angehen?

Ganz konkret zum Beispiel das Förderprojekt "Natürlicher Dorfurlaub Enzklösterle", um den Tourismus dort neu aufzustellen. Und ich möchte den Tagungssektor um das Forum König-Karls-Bad mit seinen tollen Räumlichkeiten ausweiten. Generell will ich auch an unsere Flyer und Broschüren rangehen, die moderner und ansprechender werden müssen. Aber das alles Stück für Stück.

Der Nordschwarzwald und das Enztal scheinen es Ihnen angetan zu haben. Warum zieht es Sie nicht zurück Richtung Heimat?

(lacht) Ich bin das totale Landei. Ich bin schon gerne mal in der Heimat in Sindelfingen, wo meine Familie und der engste Freundeskreis zuhause sind. Es gefällt mir, die Möglichkeit zu haben, in die Stadt zu gehen. Dann tauche ich da immer mal wieder für einen Tag auf, bin dann aber auch froh, wenn ich wieder zu Hause bin. In Bad Liebenzell wohne ich direkt am Wald. Dort kann ich jederzeit in die Natur und bin für mich.

Die Fragen stellte Christoph Jänsch