Foto: © jimcumming88 – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Wolf: Experte erklärt Kriterien für Bewertung von Meldungen

Bad Wildbad. Vor wenigen Tagen berichtete der Schwarzwälder Bote über das Video, das im November 2019 entstand und vermutlich einen Wolf zeigt, der an einer Kirrstelle von einer Überwachungskamera gefilmt wurde. Felix Böcker von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg erklärt nun die Vorgehensweise der FVA und warum die Sichtung nicht bekannt gegeben wurde.

"Der Fall von Frau Kionka ging am 11. November, also mehrere Tage nach den geschilderten Ereignissen, ein", schreibt Böcker. Daher sei es "leider nicht mehr möglich" gewesen, einen Zusammenhang zwischen dem Fotofallenvideo und den Veränderungen an ihrem Weidezaun zu untersuchen, etwa durch Genetik.

War tatsächlich ein Wolf für den kaputten Zaun verantwortlich? "Wir schließen einen solchen Zusammenhang weder aus, noch können wir ihn bestätigen. Es wäre jedoch tatsächlich sehr ungewöhnlich, wenn ein Wolf einzelne Litzen eines Zaunes durchbeißt", so Böcker weiter.

Das Video, das den mutmaßlichen Wolf zeige, sei von der FVA begutachtet worden. "Das Tier auf dem Video halten wir mit hoher Wahrscheinlichkeit für einen Wolf, können diesen aber nicht sicher bestätigen", teilt der Experte mit.

Als wissenschaftliche Forschungseinrichtung orientiere sich die FVA bei der Bewertung von Meldungen – wie alle Bundesländer Deutschlands und weitere europäische Länder – an den definierten Monitoringstandards, den sogenannten "SCALP-Kriterien".

Verwechslung ausschließen

Diese sollen beispielsweise gewährleisten, dass eine Meldung nur dann als "bestätigter Nachweis (C1)" eingestuft werde, wenn eine Verwechslung mit einem wolfsähnlichen Hund ausgeschlossen werden könne. Bei der Qualität des Videos sei diese Differenzierung nicht sicher möglich, weshalb die Meldung von der FVA nicht als "bestätigter Nachweis (C1)", sondern als "plausibler Hinweis (C3)" eingeordnet worden sei. C3-Hinweise mit ganz unterschiedlicher Qualität gebe es jährlich mehrere hundert in Baden-Württemberg, so Böcker weiter. Bei vielen sei von einer Verwechslung mit anderen Tieren auszugehen.

Das Umweltministerium Baden-Württemberg liste in Absprache mit den Verbänden in der Arbeitsgruppe Luchs und Wolf aktuell alle bestätigten Wolfsnachweise (C1) auf seiner Homepage um.baden-wuerttemberg.de. Zusätzlich würden die Verbände der AG unmittelbar informiert. Letzteres geschehe auch, wenn ein starker Wolfsverdacht im Zusammenhang mit Nutztierrissen besteht. "Es wird allerdings bewusst darauf verzichtet, dort mehrere hundert unsichere C3-Hinweise pro Jahr zu veröffentlichen", teilt Böcker mit. Auf Grund dieser Differenzierung sei das Video und auch der Vorfall auf der Schafweide dort nicht erwähnt worden. "Die entsprechenden Wildtierbeauftragten und Personen des Wildtierbeauftragten-Netzwerkes des Landkreises Calw werden von uns jedoch – auch in dem Fall von Frau Kionka – umgehend über alle bei uns eingehenden Meldung informiert", so Böcker weiter. So sei gewährleistet, dass relevante Information in der Region weitergegeben werde.

Der Experte der FVA weist außerdem darauf hin, dass Informationen über Meldungen unter Berücksichtigung des Datenschutzes "jederzeit bei uns oder den verantwortlichen Wildtierbeauftragten erfragt werden" können.

Nach den jüngsten, mutmaßlich erneut durch einen Wolf verursachten, Schafsrissen im Kreis Calw sieht Landrat Helmut Riegger das Land in der Pflicht und fordert eine bessere Unterstützung der Weidetierhalter, teilt das Landratsamt Calw in einer Pressemeldung mit.

"Ich bedauere es sehr, dass diesem Vorfall mindestens sieben Schafe zum Opfer gefallen sind. Die derzeit insbesondere bei den Weidetierhaltern im Kreis Calw herrschende Verunsicherung und Verärgerung kann ich nachvollziehen", so Riegger.

Leider könne das Geschehene nicht rückgängig gemacht werden. Sollte sich aber der Verdacht bestätigen, dass erneut ein Wolf verantwortlich ist, werde die Kreisverwaltung mit Nachdruck auf das Umweltministerium Baden-Württemberg zugehen und eine konkrete Abstimmung zum weiteren Vorgehen und dem Ergreifen entsprechender Maßnahmen für den Umgang mit dem Wolf einfordern, kündigt der Landrat an.

"Wenn erneut der in der Region sesshafte Wolf Schafe gerissen hat, müssen wir jene, die sich mit großem Engagement für ihre Weidetiere, die Offenhaltung unserer vielseitigen Kulturlandschaft und die Produktion regionaler Erzeugnisse einsetzen, noch besser schützen und unterstützen", so Riegger weiter.