Schafzüchter Karl-Otto Hagenlocher steht an der Weide, auf der bis Freitag seine Schafe untergebracht waren. Foto: Mutschler

Vermutliche Attacke bei Karl-Otto Hagenlocher. Erster Vorfall in 55 Jahren Schafzucht.

Bad Wildbad - Seit 1964 züchtet Karl-Otto Hagenlocher in Bad Wildbad Schafe. Und in dieser ganzen Zeit gab es nie auch nur einen Vorfall mit seinen Schafen. Nun wurde seine Herde Heidschnucken Opfer eines Wolfsangriffs. Sieben Tiere sind tot – von einem weiteren fehlt jede Spur. Hagenlocher ist sich sicher: Es war der Wolf.

Den Gedanken an einen Wolfsangriff hatte der Schafzüchter Karl-Otto Hagenlocher zuerst gar nicht, als er am Freitagmorgen kurz nach 8 Uhr morgens auf die Weide in der Wüstenau, am Ortsausgang Bad Wildbads in Richtung Enzklösterle, kam. Aber dass etwas nicht stimmte, war sofort klar: "Der Zaun war kaputt. Ein Teil der Herde war draußen und ich habe gleich gemerkt, dass acht Schafe gefehlt haben", erzählt Hagenlocher. Da er aber um die Weide herum keinerlei Anzeichen eines Kampfes gefunden hatte, kam ihm zunächst nicht in den Sinn, dass die Herde Opfer eines Überfalls geworden sein könnte. So ging er zunächst zur Polizei und meldete die vermissten Schafe. Erst am Nachmittag fand er dann sechs seiner Schafe auf der anderen Seite der Enz. "Dann habe ich gesehen, was los ist", erzählt er.

Schafzucht ist Hobby

Hagenlocher züchtet seit 1964 Schafe, einen ähnlichen Vorfall habe es noch nie gegeben: "Da ist noch nie etwas gewesen. Das ist eins, was sicher ist", sagt er. Der heute 78-Jährige arbeitete als Gipser auf dem Bau und im Nebenerwerb als Züchter von schwarzköpfigen Fleischschafen. Bis zu 400 Mutterschafe hatte er in seinem Zuchtbetrieb, die Zuchtböcke verkaufte er auf Zucht-Auktionen, etwa in Herrenberg. "In ganz Europa laufen von mir Schafe rum", erzählt er nicht ohne Stolz. Heute ist die Schafzucht für ihn vor allem Hobby, "reich werden kann man in der Schafhaltung und Landwirtschaft nicht mehr, die Zeiten sind vorbei".

Nun, nach mehr als 50 Jahren in der Schafzucht, also der erste Zwischenfall. Dabei habe Hagenlocher alles getan, um seine Herde wolfssicher, oder zumindest den Vorschriften des "Wolfsgebiets" entsprechend – einzuzäunen: Ein 90 Zentimeter hoher Zaun mit stromführenden Litzen – das Elektrozaungerät schickt er nach eigener Aussage jährlich zur Überprüfung und Wartung, damit es auch entsprechend funktioniere.

Die Experten der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) hätten auch überall nachgemessen und die Höhe der Zäune bestätigt, sagt er. Allerdings, das gibt er zu, habe der Elektrozaun bei den Messungen der FVA nur eine Spannung von 3500 statt der eigentlich geforderten 4000 Volt gehabt. Hagenlocher vermutet, dass dies mit dem Raureif zu tun haben könnte, der an diesem Morgen auf dem Zaun gelegen habe.

Auch deshalb weiß er noch nicht, ob er für den Verlust seiner Heidschnucken – fünf trächtige Muttertiere und drei Lämmer – entschädigt wird. Den Schaden beziffert er auf etwa 1600 Euro. Nichts, was ihn um seine Existenz bringt. Aber er sagt auch: "Wenn sie es schnell und problemlos regulieren, kriegen sie vielleicht am schnellsten Ruhe."

Gegen den Wolf

Denn, auch wenn er gefasst wirkt, merkt man ihm deutlich an, welche Meinung er zum Wolf im Schwarzwald hat. Und diese Meinung will er auch lautstark kundtun: "Ich bin dagegen. Wir brauchen in unserer Region so etwas nicht." Als Züchter habe er viele Kontakte zu anderen Schäfern – in der Region, aber auch ganz Europa. Und alle seien sich einig: "Wir brauchen den Wolf nicht." Und Hagenlocher wird noch deutlicher: "Die Sauerei mit dem Wolf ist nicht überschaubar." Wenn es so weiter gehe, wird es wie bei den Wildschweinen, "dass man der Lage nicht mehr Herr wird". Bereits jetzt gebe es 106 Rudel mit insgesamt etwa 1000 Wölfen in Deutschland, sagt Hagenlocher. "Und die bringen jedes Jahr Welpen", die sich dann einen neuen Standort suchen müssten. Da sei der Schwarzwald ideal mit dem vielen Wald als Schutz direkt neben den Weideflächen.

Auch die Ausrede, der Wolf sei vom Aussterben bedroht, "existiert für mich nicht". Allein in Rumänien seien im vergangenen Jahr 1200 Wölfe zum Abschuss freigegeben worden. Auch in anderen Ländern würden die Wölfe "begrenzt geduldet, und bei uns will man die Zahl unbedingt nach oben treiben". Den Schuldigen hat er dabei schnell ausgemacht: "Das haben wir den Grünen zu verdanken." Er sei nicht gegen Klima- oder Naturschutz, aber "die haben kein Konzept", sagt er.

Auch den Behörden steht er skeptisch gegenüber. Deshalb hätte er den Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg informiert und deren Geschäftsführerin Anette Wohlfarth sei gekommen, um eigene Proben zu nehmen. "Die werden separat untersucht, damit nichts vertuscht wird", sagt er. Das gefalle den Behörden nicht. Nicht gefallen dürfte dem Wildtierbeauftragten des Landkreises Calw haben, dass dieser sich selbst um den Abtransport der toten Tiere hätte kümmern müssen, nachdem die Experten der FVA ihre Proben genommen hatten. "Macht euren Scheiß selbst. Die, die für den Wolf sind, sollen die Sauerei auch entsorgen", macht er seine Meinung deutlich.

Die Schafhaltung will er – zumindest vorläufig – aber nicht aufgeben. "Was soll ich daheim hinsitzen. Ich bin doch noch fit und war seit zehn Jahren nicht beim Arzt", sagt er. Seine Schafe aber lässt er vorerst nicht mehr auf die rund 4,5 Hektar große Weidefläche in der Wüstenau. Normalerweise stünden sie bis März auf der Weide. Im Moment traue er sich das nicht und müsste immer überlegen, "kommt er oder kommt er nicht?". Außerdem seien die hochsensiblen Heidschnucken total daneben: "Es ist nicht möglich, mit denen noch irgendwas zu unternehmen." Deshalb lässt er sie vorerst in seinem Stall. Und er wartet dort auf das Ergebnis der Untersuchung. Auch wenn er sich sicher ist, dass es der Wolf war.