Die S 6 passiert – als eine der vor 25 Jahren entwickelten Zwei-System-Bahnen – an der Querung der König-Karl-Straße die Stromweiche und wechselt in Richtung Bahnhof von 750 Volt Gleich- auf 15 000 Volt Wechselspannung. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder Bote

S-Bahnen: Seit 25 Jahren auf Eisenbahnstrecken unterwegs / Vor 15 Jahren in Bad Wildbad Einzug gehalten

Bad Wildbad/Karlsruhe. Im November vorigen Jahres fuhr ein S-Bahn-Sonderzug mit einer namhaften Fahrgast-Gruppe von Karlsruhe nach Bonn. Damit wurde ein Jubiläum gefeiert, das auch die S-Bahnlinie 6 nach Bad Wildbad betrifft: Es gibt jetzt 25 Jahre Zwei-System-Fahrzeuge.

"Bonn UN Campus" stand als Zielangabe auf den Leuchttafeln der Bahn, die im Karlsruher Hauptbahnhof von Gleis 14 startete. In dem Wagen, der vielleicht auch schon die Linie 6 in die Bäderstadt befuhr, saßen zusammen mit weiteren prominenten Fahrgästen Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, der Karlsruher OB Frank Mentrup und Alain Flausch, der Generalsekretär des in Brüssel sitzenden Internationalen Verbands für öffentlichen Nahverkehr (IUTP). Über Frankfurt ging es per Straßenbahn nach Bonn zur Weltklimakonferenz.

Gefeiert wurde damit eine Errungenschaft, auf die beharrlich der Chef der Albtal-Verkehrsgesellschaft, Dieter Ludwig, vor Jahrzehnten hingearbeitet hatte.

Möglichst umsteigefrei

Weitsichtig verfolgte er das Ziel, den Fahrgast möglichst ohne umzusteigen von Stadtzentrum zu Stadtzentrum zu bringen. Dabei galt es in jahrelangem, zähem Streben zwei hohe Hürden zu nehmen: einmal die rechtliche, dann die technische. Vor allem der Deutschen Bahn schien es zunächst unmöglich, eine Straßenbahn auf die Eisenbahnschienen zu lassen.

Unterschiedliche Ausbildungen

Die Zugführer im Eisenbahn- und im Straßenbahnverkehr hatten unterschiedliche Ausbildungen, benötigen die Lizenz des Lokomotivführers und des Straßenbahnfahrers. Kaum kleiner waren die technischen Probleme. Es galt vor allem mit unterschiedlicher Stromeinspeisung zurechtzukommen, außerdem die Schienennetze zu verbinden. Nach der Fahrt auf die Eisenbahnschienen muss der Antrieb anstatt mit 750 Volt Gleichspannung mit 15 000 Volt Wechselspannung betrieben werden. Entsprechende Fahrzeuge und Stromweichen – wie in Bad Wildbad bei der Querung der König-Karl-Straße – existierten nicht.

Weiträumiger Fahrkartenverbund

Schließlich gehörte zum Erfolg auch noch der inzwischen weiträumig geschaffene Fahrkartenverbund. Um 1990 war es dann doch so weit: Ludwig konnte beginnen, seine Überlegungen zusammen mit Horst Emmerich von der Deutschen Bahn umsetzen. Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen waren erarbeitet. Der Karlsruher Verkehrsverbund konnte mit eigens dafür entwickelten Fahrzeugen die erste Zweisystemstrecke von Karlsruhe nach Bretten eröffnen.

Am 15. Dezember 2002 wurde so auch der Stadtbahnbetrieb auf der Enztalbahn zwischen Pforzheim und dem Bahnhof Bad Wildbad durch die AVG möglich, ergänzt am 4. Oktober 2003 durch die Verlängerung bis zur Endhaltestelle Kurpark. Wie überall brachte dies immense Fahrgastzuwächse. Experten hatten und haben weltweit Interesse an diesem Karlsruher Modell.

Maßnahme nicht unumstritten

In Bad Wildbad war in Gremien und Bevölkerung die vor allem mit durch den Calwer Landrat Herbert Zerr erfolgreich forcierte Führung durch die König-Karl-Straße nicht unumstritten.

Heute verkündet die Stadt stolz auf ihrer Homepage: "Mit der Stadtbahn S6 fahren Sie umsteigefrei von Karlsruhe via Pforzheim und Neuenbürg (Enz) direkt bis ins Bad Wildbader Stadtzentrum." Ohne diese Entwicklung könnte die Schienenstrecke nach Bad Wildbad als überhaupt älteste im Landkreis Calw 2018 vermutlich nicht ihr 150-jähriges Jubiläum feiern, sondern wäre wie Calws Württembergische Schwarzwaldbahn stillgelegt.