Gebäudeabbildungen aus dem Urlaubsort sind ganz typisch für die Souvenirrosen. Foto: Schwarzwälder Bote

Historie: Heimat- und Geschichtsverein stolzer Besitzer einer "Wildbad-Rose" / Bildhafte Eindrücke vom Urlaubsort

"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", behauptete der deutsche Dichter Matthias Claudius zu Recht. Der Zusammenhang von Reisen und Beschreiben jedenfalls hat Tradition. Was den Reisenden zum Nacherleben diente, hatte bei den Daheimgebliebenen Unterhaltungswert.

Bad Wildbad. Noch besser allerdings war es, wenn etwas mitgebracht wurde, was bei den zu Hause Gebliebenen Bewunderung auslöste. Aus Venedig beispielsweise eine kleine Gondel, aus Moskau eine Matrjoschka, einen Mini-Eiffelturm aus Paris oder eine Bollenhut-Puppe aus dem Schwarzwald. Jedenfalls etwas, was für den Ort oder das Land als typisches Souvenir gelten könnte, auch wenn es etwa in Fernost produziert wurde. Ein Souvenir also, etwas, das die Erinnerung an weite Ferne und Fremde sowie lang vergangene Zeiten wachhält.

Wismuth-Kästchen sehr exklusiv

Souvenirs sind keine Erfindung der neueren Zeit, und auch in Bad Wildbad gab es diese und gibt es sie immer noch.

Ein sehr exklusives Wildbader Souvenir waren die sogenannten Wismuth-Kästchen, die speziell von den Drehern und Malern in Wildbad im 16. bis 18. Jahrhundert angefertigt wurden und wegen ihres metallenen Glanzes sehr beliebt waren. Davon gibt es heute nur noch wenige, unter anderem auch in süddeutschen Museen.

Auf ein anderes Souvenir ist der Heimat- und Geschichtsverein Oberes Enztal stolz: die sogenannte Wildbad-Rose, die er vor einigen Jahren erwerben konnte. Diese "Rose" bestand aus einem quadratischen Blatt Papier mit etwa 40 bis 50 Zentimeter Seitenlänge, das acht mal diagonal gefaltet wurde. Die dadurch entstandenen Dreiecke wurden an der kürzeren Seite sowie an den langen Seiten gestanzt, sodass die Form einer Rose mit Blättern entstand. Nun konnte das wieder aufgefaltete Blatt auf beiden Seiten bedruckt werden.

Während die Vorder- und die Rückseite des geschlossenen Dreiecks jeweils mit einer gemalten Rose geschmückt wurde, boten die dreieckigen Kreissegmente, sechs auf der Vorder- und acht auf der Rückseite, Platz für Darstellungen verschiedener Art. Sehr beliebt waren dabei Landschafts- oder Gebäudeabbildungen, im Falle von Wildbad natürlich Hotels, Gaststätten und Straßenszenen, die aufgefaltet dem Betrachter den Ort und die Landschaft nahebrachten. Nicht zu vergessen: Solche Souvenirrosen gab es in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als man noch keine Post- oder Ansichtskarten kannte, und mit der Souvenirrose, die gefaltet in einen Briefumschlag passte, konnte man einen bildlichen Eindruck von seinem Urlaubsort vermitteln.

Die Bildchen auf der Souvenirrose waren sehr fein gearbeitete Stahlstiche, die von einer Stahlstichplatte auf das Papier gedruckt wurde. Hersteller war der Verlag Carl Adler in Hamburg, dessen Betrieb im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe völlig zerstört wurde, so dass von den bisherigen Stahlstichen und den Herstellerdaten nichts mehr vorhanden ist. Ein weiterer Verlag, der Souvenirrosen herstellte, war der Verlag Brückner in Goslar. Um den Platz auf den recht kleinen Dreiecken auszunutzen, wurden jeweils zwei Stahlstiche je Kreisteil abgebildet, sodass insgesamt 28 Abbildungen (zwölf auf der Vorderseite, 16 auf der Rückseite) zu sehen sind. Die größeren Stahlstiche waren etwa sechs Zentimeter breit, die kleineren etwa drei Zentimeter.

Dass diese Bildchen durchaus naturgetreu sind, ist selbstverständlich, auch wenn etwas Staffage (Zubehör) eingebaut wurde, vor allem Personen. Abgebildet sind zuerst einmal die Hotels und Gasthöfe (Hotel de Russie, Hotel de l’ours (zwei mal), Hotel Frey (zwei mal), Hotel Bellevue, Königliches Badhotel, Gasthaus zum Rössle, Windhof (fünf mal), "Parthien" an der Enz und in den Anlagen, aber auch Cavallos Papierfabrik, Arbeiter an der Sägemühle sowie verschiedene Wildbad-Ansichten.

Der Umschlag ist ebenfalls bedruckt

Ein Stahlstich zeigt den Ortseingang von Enzklösterle mit dem Gasthof Waldhorn-Post, der Kirche und drei Trachtenträgern. Ein weiteres Trachtenpaar ist beim Windhof zu sehen. Der Umschlag für die gefaltete Wildbad-Rose ist ebenfalls bedruckt, im Hintergrund mit der Rindenhütte in den Anlagen, davor drei Männer in Arbeitskleidung, zwei davon mit einer Axt und einer Säge, einer mit einer Art Flößerstange.

Diese Souvenirrosen gab es auch in anderen Städten und Badeorten. Bekannt sind die Souvenirrosen von Mariazell in der Steiermark, Wiesbaden, Leipzig, München, Rügen, Usedom, Helgoland, Breslau, Bremen und Schwetzingen sowie zahlreichen weiteren Orten im deutschsprachigen Raum.

Bekannt ist außerdem, dass die Hamburger Firma Adler einst etwa 170 verschiedene Souvenir-Rosen anbot. Die auch Bouquet-Rosen genannten Souvenirs wurden mit dem Aufkommen der Ansichtskarten Ende des 19. Jahrhunderts kaum mehr gedruckt, und auch die beginnende Fotografie verdrängte die kunstvoll gestalteten Souvenir-Rosen. Einzelne Exemplare sind auch heute noch antiquarisch zu bekommen, allerdings zu ziemlich stolzen Preisen zwischen 250 und 1800 Euro.

Der Heimat- und Geschichtsverein Oberes Enztal wurde vor etwa zwei Jahrzehnten auf eine in einem Antiquariat angebotene "Wildbad-Rose" aufmerksam gemacht und konnte diese erwerben. Außerdem gibt es noch zwei weitere: eine im Staatsarchiv Stuttgart und eine weitere im Privatbesitz eines Einwohners der Stadt. Einige Abbildungen geben einen Einblick in den Badeort vor etwa 160 Jahren.