So stämmig wie die Interpreten ist der "massive Schwarzwaldrock" von "Crekko" aus Freudenstadt. Foto: Fehrenbach

Familiäre und friedliche Atmosphäre. Rund 2000 Besucher lassen sich Spektakel nicht entgehen.

Bad Wildbad - So gemischt wie die musikalischen Genres, so gemischt war auch das Publikum beim legendären Polterplatz-Festival am Wochenende im oberen Enztal. Von Nah und Fern kamen Menschen, um unter freiem Himmel zu feiern.

Egal ob Kleinkind, Teenie, Schwangere oder Open-Air-Fans im fortgeschrittenen Alter. Egal, ob aus Bad Wildbad und Umgebung oder von weither. Bei bestem Sommerwetter genossen alle bis spät in die Nacht die ausgelassene Party- und knisternde Lagerfeuerstimmung entlang der Festmeile beim Wildbader Polterplatz Open Air. Sogar ein Pärchen aus Thüringen, das aus dem Internet von der Veranstaltung erfahren hatte, war spontan angereist, um dann auch eine Nacht auf der angrenzenden Wiese zu campen.

Rund 2000 Besucher kamen zum Open Air

Es dürften an die 2000 Besucher gewesen sein, die am Freitag und Samstag den Zeltplatz der Jugendfeuerwehr bevölkerten, der die Woche über von den Mitgliedern und Helfern des veranstaltenden Vereins "Musik und Kultur Wildbad" bestens für das Open-Air-Spektakel vorbereitet wurde. Auch "Backstage" war alles eingerichtet, inklusive Transport der Instrumente und Bewirtung in der Künstler-Lounge, um den fliegenden Wechsel zwischen den Auftritten der immerhin 13 Bands zu meistern.

Warum sie bereits gut im Geschäft sind, bewiesen "Attic Stories", die zum Auftakt am Freitagabend mit ihrem mitreißenden Pop-Punk die Bühne rockten. Die fünf Bandmitglieder aus Karlsbad um Sängerin Romana Aufinger sind zwar erst Anfang 20, bringen aber bereits Erfahrung aus anderen Formationen mit. "Wir waren gerade erst mit "Everything in Boxes" auf Tour und freuen uns auf viele weitere Auftritte bis in den Oktober – als nächstes auf dem "Fest" in Karlsruhe", meinte sie.

Auf den guten Einstand von "Attic Stories" antworteten denn auch deren Freunde von "Everything in Boxes" aus Bad Wildbad mit einer Mischung aus Independent/Alternative Rock und Punk. Philipp Straub sorgte für die treibenden Beats am Schlagzeug, während sein Bruder Julius mit effektvollen Anschlägen an der Gitarre und kraftvollem Gesang überzeugte, wobei er immer mal wieder von Bassist Tobias Noack unterstützt wurde. Zusammen mit Johannes Elsner von "Attic Stories" gelang den beiden eine balladenhafte Interpretation von "Story of a lonely guy" von "Blink 182" zur Akustik-Gitarre, was einmal mehr deren Experimentierfreudigkeit zeigte.

Ein Heimspiel hatte anschließend auch "Shellproof", die bereits vor drei Jahren mit ihrem Kraftpop begeisterten. "Unser moderner Grunge ist irgendwo zwischen "Nirvana" und "Coldplay" angesiedelt", meinte Sängerin Birgit Kraft nach dem Auftritt, bei dem sie das Publikum immer wieder dazu animierte, näher an die Bühne zu kommen – freue sie sich doch "über viele Bekannte aus der Nachbarschaft und auch neue Gesichter".

Kraftvoll ging es weiter, mit "massivem Schwarzwaldrock, der den Jüngeren zeigen soll, wo der Hammer hängt" – so Sänger und Gitarrist Marco Selter von der Gruppe "Crekko". Der Platz vor der Bühne füllte sich bei den Routiniers aus Freudenstadt zusehends mit Pogo tanzenden Fans. "Wir wollen trotz lokalem Bezug überall verstanden werden und unsere englischsprachige Musik aus dem Schwarzwald in die ganze Welt hinaustragen", lautet die Devise von "Crekko", deren Band-Logo Elemente des Freudenstädter Wappens, darunter zwei Barben, enthält.

"Wir strahlen Hitze von der Bühne ab, kommt nach vorne dann wird euch warm", meinte Sänger und Bassist Patrick zu vorgerückter Stunde, als es auf dem Polterplatz bereits spürbar abgekühlt hatte. Bestens geeignet zum Abtanzen und die Stimmung anzuheizen waren die heißen Rhythmen der siebenköpfigen Ska-Band "The Mofos" aus Calw.

Tanzen bis weit nach Mitternacht

Das Publikum ließ sich noch bis weit nach Mitternacht treiben von schnellen Rockgitarren, effektvoll garniert mit den Einsätzen der stets zu Späßen aufgelegten Bläserfraktion und dem besonderen Lebensgefühl aus Ska und Punk.

Fast schon einen festen Platz hat die Gitarrenschule von Jochen Volz aus Höfen als ersten Gig am frühen Samstagabend. Was im Anschluss an das Kinderprogramm auch Sinn macht, können doch hier junge Gitarristen, Sänger und Schlagzeuger schon kurz nach dem Einstieg in den Unterricht erste Bühnenerfahrung sammeln und zum ersten Mal vor größerem Publikum spielen.

Die sechs Jungs der neu formierten Nachwuchsband "Six Pack" – alle zwischen acht und zehn Jahre alt – ließen sich ihre anfängliche Nervosität nicht anmerken und legten mit "Californication" von den "Red Hot Chili Peppers", "TNT" von AC/DC und "Altes Fieber" von den "Toten Hosen" eine unerschrockene Performance hin, mit der sie Eltern und Geschwister mächtig beeindruckten.

Die etwas Fortgeschrittenen von "Black Thunder" hatten bereits ihren zweiten Auftritt und rockten rein instrumental die Bühne, während bei der Schülerband "Renegade" insbesondere die 19-jährige Sängerin Carmen Volz bei "Junge" von den "Ärzten" und "Zombie" mit druckvollem Gesang überzeugte.

Zur Premiere von "Parade" füllte sich das Gelände dann weiter mit Fans der neu formierten Band aus Neuenbürg. "Heute ist für uns das fucking erste Mal, seid bitte zärtlich", begrüßte Gitarrist und Sänger Denni Theurer die Zuschauer, an die er zusammen mit Bassist Pascal Kühnemund zwischen den Songs mitgebrachtes Eis aus einer Kühlbox verteilte. Nach rund zwei Jahren Probezeit präsentierten die drei Jungs handwerklich ausgereifte Songs, wobei die wandelbare Stimme von Denni in einen eindrucksvollen Dialog mit den Gitarrenriffs trat und dabei bis an die Grenzen ging.

Deutschen Crossover in einer explosiven Mischung gab es anschließend mit "Achtzehn Grad" aus Calw, die kurzfristig für "Shave the bear" eingesprungen waren. Mit zum Teil psychedelisch angehauchten Texten aus der Feder von Sänger und Gitarrist Luca Ackermann, die von den Widrigkeiten des alltäglichen Lebens handeln, rockten die vier Jungs die Bühne. Die Stimmung weiter anheizen konnte "Something to remind you" aus Pforzheim. Zu deren melodiösem Rock ließen sich die ersten Pogo-Tänzer vor der Bühne treiben.

Die angenehme Kühle im oberen Enztal zu schätzen wussten die "aus dem heißen Mainz" angereisten "Thriller Pfeifen". "Wir zelebrieren die Liebe. Nehmt euch doch einfach mal in den Arm und kommt uns ein Stück näher", forderte Bassist Kammi die Zuschauer auf. Mit selbst kreiertem Deutschrock aus der Feder von Gitarrist und Sänger Toto animierte er das Publikum zum Mitmachen, wozu dann auch einige Kinder zu den Künstlern auf die Bühne stiegen. "Glücksstern", "Auf der Suche nach dem Ich", "Flieg mit mir" und "Okay" waren Stücke zum Abheben bei nächtlicher Feierlaune. Nochmals ordentlich krachen ließen es zum Abschluss "The Watcher" aus Pforzheim mit Coverversionen der legendären Hard Rock Gruppe Motörhead.

Laut Vendulka Weisser vom Organisationsteam floss das Bier "in Strömen" angesichts der hochsommerlichen Temperaturen. Und als es abends dann endlich abkühlte, bekamen die Gäste Hunger, weshalb die Pommes bereits am ersten Abend so gut wie ausverkauft waren und eine Nachbestellung glücklicherweise "rechtzeitig geliefert wurde", so Weisser erleichtert.

Tanzende, singende, jubelnde und sich unterhaltende Partygänger mit Bierflasche in der Hand gehörten erneut zum gewohnten Bild des Polterplatzes. "Es ist alles so friedlich hier, Kinder können sich frei bewegen, man trifft alte Bekannte, es gibt kostenlos Musik für jeden Geschmack und die Leute haben einfach Spaß zusammen", beschrieben Heidrun Bach und Anne Zwink aus Bad Wildbad treffend das Festival.