Auf der Bühne des Königlichen Kurtheaters: Klaviervirtuose Jens Schlichting (von links), Fördervereinsvorsitzender Thomas Käppler und Vorführer Joachim Wossidlo. Foto: Schwarzwälder Bote

Kino: "Das Cabinet des Dr. Caligari" im Königlichen Kurtheater gezeigt / Jens Schlichting beweist eindrucksvoll sein Klavier-Können

Als "Mutter der Horrorfilme" bezeichnete Thomas Käppler, Vorsitzender des Fördervereins Kurtheater, vor der eigentlichen Filmvorführung den deutschen Spielfilm "Das Cabinet des Dr. Caligari" aus dem Jahr 1920. Dieser Stummfilm wurde nun im Königlichen Kurtheater in Bad Wildbad gezeigt.

Bad Wildbad. Dabei stellte Käppler auch den Begleiter am Klavier vor, Jens Schlichting aus Hirschberg bei Heidelberg.

Absolutes Multitalent

Während es durchaus Noten für die musikalische Begleitung eines Stummfilms gibt – für "Dr. Caligari" sogar mehrere – verzichtete Schlichting, ein absolutes Klavier-Multitalent, völlig auf Noten und improvisierte ausgezeichnet die musikalische Begleitung.

Sein Können bewies er außerdem bei einem "Filmriss". Was früher durchaus oft vorkam, ist heute bei einer digitalen Vorführung kaum noch denkbar. Im Kurtheater geschah das zur Erheiterung der zahlreichen Zuschauer dennoch – was den ohnehin spannenden Thriller noch spannender machte.

Schlichting überbrückte pianistisch diese ungewollten Pannenpausen auf ausgezeichnete Weise, was sein einzigartiges Talent absolut verdeutlicht.

Vorgestellt wurde auch der Filmvorführer Joachim Wossidlo, der als Partner des Fördervereins Kurtheater diese Filmvorführung begleitete.

Der Film "Das Cabinet des Dr. Caligari", ein absolut expressionistischer Film, gilt heute als Meilenstein in der Filmgeschichte überhaupt.

Der Inhalt ist interessant und höchst spannend: In Holstenwall ist Jahrmarkt. Ein Dr. Caligari tritt mit einem Somnambulen (einem Schlafwandler) namens Cesare auf, der in Trance Weissagungen macht. Dem jungen Alan, der mit seinem Freund Franzis den Jahrmarkt besucht, gibt Cesare die Antwort "Bis zum Morgengrauen" als Alan fragt: "Wie lange werde ich leben?" Dies ist erschreckend, da bereits in der Nacht zuvor der Stadtschreiber ermordet wurde. Und tatsächlich wird Alan in der folgenden Nacht umgebracht. Im weiteren Verlauf des Films wird ein dritter Mensch ermordet und schließlich Cesare als Mörder dingfest gemacht. Aber warum? Bei einer Durchsuchung der Villa des Direktors der örtlichen Irrenanstalt finden die Besucher die Beschreibung einer alten Historie über Dr. Caligari, der einem Schlafwandler im Schlaf den Auftrag gibt, bestimmte Menschen umzubringen. Man stellt fest, dass der Anstaltsdirektor selbst Caligari ist…

Ungewöhnliche Ästhetik

Die Aufmachung des Films ist außergewöhnlich: extreme Schwarz-Weiß-Zeichnung, gemalte und grotesk verzerrte Kulissen, ebenso grotesk agierende Schauspieler, insgesamt eine völlig ungewöhnliche Ästhetik, eben ein Musterbeispiel eines expressionistischen Films und absolut außergewöhnlich für die Frühzeit des Kinofilms.

Es gab viel Applaus der geduldigen Besucher, vor allem für Schlichting, aber ebenso auch für die durchaus mutige Vorführung eines Horrorfilms im Königlichen Kurtheater.