Thomas Müllerschön (von links), Geschäftsführer des Energiebergs Karlsruhe und Roland Helber, SPD-Mitglied aus Schömberg (ehemaliger Bürgermeister von Sulz am Eck) Foto: Stadler Foto: Schwarzwälder Bote

Energiewende: Thomas Müllerschön referiert über Windenergie vor der SPD 60 plus im Kreis Calw

Bad Wildbad-Calmbach. Zu einer Nachmittagsveranstaltung zum Thema "Der Wind bläst auch an Land – Windkraft im Nordschwarzwald" hatte die Arbeitsgemeinschaft SPD 60 plus im Kreis Calw in die "Flammerie" nach Calmbach eingeladen. Der Geschäftsführer des Energieparks Karlsruhe und dem Windrad in Langenbrand, Thomas Müllerschön, referierte vor rund 15 Teilnehmern und diskutierte mit ihnen über Windparks im Süden Deutschlands.

Die Vorsitzende der SPD 60 plus im Kreis Calw, Elfriede Heeskens, ließ bei ihrer Begrüßung der Gäste im Nebenraum eine kleine Portion Bedauern darüber aufkommen, weil das Veranstaltungsangebot nicht stärker genutzt wurde, freute sich aber darüber, dass der "Herr" des Energieparks Karlsruhe als Referent zum Thema erneuerbare Energien und speziell der Windenergie für diese nachmittägliche Zusammenkunft gewonnen werden konnte.

Müllerschön war jahrelang Mitglied der SPD und hatte einen Sitz im Karlsruher Gemeinderat inne. Roland Helber, SPD-Mitglied aus Schömberg und selbst Miteigentümer an einem Windrad in Langenbrand sowie Sprecher des Beirats, thematisierte vor Beginn des Referats von Müllerschön die Akzeptanz von Windkraft im Nordschwarzwald, auch hinsichtlich der Problematik mit dem Vorhandensein des Roten Milans.

"Es ist heute schwierig Windräder aufzustellen", so Müllerschön zu Beginn seines Vortrags. Da es keine garantierte Einspeisevergütung gebe, würden nur noch die Großkonzerne bauen. "Dabei gehören die erneuerbaren Energien in Bürgerhand", so Müllerschön weiter. Er berichtete über die drei Anlagen in Karlsruhe, die vor 25 Jahren auf einem 60 Meter hohen Müllberg errichtete wurden, dem heutigen Energieberg. "Man hat mich damals als ökologischen Spinner betitelt", blickte er zurück. Müllerschön hat selbst 35 Jahre lang einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet – das Hofgut Maxau am Rhein bei Karlsruhe. Nach dem Sturm Wiebke im Jahr 1990 kam ihm der Gedanke, die Windenergie einzufangen. Mehrere Bauanträge wurden gestellt und erst der vierte Antrag sei nach vier Jahren Kampf genehmigt worden. 1997 konnte dort ein 30 Meter hohes Windrad mit einem Rotordurchmesser von 22 Metern und einer 110-Kilowatt-Leistung in Betrieb gehen. 100 000 Kilowattstunden Strom pro Jahr ließen sich erzeugen und das gesamte Hofgut Maxau damit versorgen. Das Windrad läuft übrigens auch heute noch.

Region ist Schlusslicht

Müllerschön wusste zu berichten, dass die Windkraftentwicklung in den vergangenen 25 Jahren vorangekommen ist; derzeit gebe es 30 000 Windräder in Deutschland, allerdings nur 700 in Baden-Württemberg. Die Region sei damit deutsches Schlusslicht. Im vergangenen Jahr, so Müllerschön, seien 100 neue Windräder hinzugekommen, das größte mit einem Rotordurchmesser von mehr als 140 Metern und einer Leistung von 6150 Kilowatt befinde sich auf einem Testfeld. Im Jahr 2018 seien Genehmigungen für 30 neue Windräder erteilt worden. "18,8 Prozent Windenergie wird ins Netz eingespeist und rund 40 Prozent mit allen anderen regenerativen Energien", so Müllerschön. Wichtig sei dabei, so der Geschäftsführer des Energiebergs, dass der Strom ökologisch erzeugt wird und damit zur Klimarettung beitrage. Er rechnete vor, dass pro Windrad etwa drei bis vier Dörfer mit fünf- bis zehntausend Einwohnern energetisch versorgt werden könnten.

Angesprochen wurden auch die drei Windrad-Anlagen im Gebiet "Kälbling" an der Grenze zu Schömberg und die geplanten fünf Windräder auf der Langenbrander Höhe, die etwa 15 000 Personen mit Strom versorgen könnten und deren überschüssige Energie sich zur Herstellung von synthetischem Erdgas für Heizzwecke oder zum Autofahren verwenden ließe.

Problematisch sah Müllerschön, dass die Energieziele nicht erfüllt werden könnten. "Heutige CO2-Einsparungen sind erst in 30 Jahren spürbar", so seine Einschätzung und weiter: "Windräder müssten im Rahmen der Dezentralisierung auch im Süden Deutschlands gebaut werden". Er ging noch einen Schritt weiter und sagte: "Wer das Klima nicht schützt, der muss auch die Natur nicht schützen."

Zum Thema "Akzeptanz im Süden" berichtete er über den Strommix in Karlsruhe, zusammengesetzt aus Windenergie, Solar, Wasserkraft und Biogasenergie, aus dem Ökostrom hervorgebracht werde, der etwa vier Cent teurer sei als normaler Strom.

Bisher sei auch zu wenig gekämpft worden gegen die Argumente der Windkraft-Gegner. Die SPD in Schömberg und Wildbad bekenne sich zur Windkraft, trotz großer Diskussion über Windkraftanlagen in der Region. Für die Windkraft spreche der positive Bürgerentscheid in Schömberg.

Müllerschön thematisierte auch die Speicherung von Strom durch Kleinspeicheranlagen und Großspeicherung, sieht aber eine bessere Lösung und eine große Chance darin, überschüssigen Strom in Gas umzuwandeln.

Die anwesenden Gäste bei der 60-plus-Veranstaltung hatten ausreichend Gelegenheit mit Müllerschön ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und auch ihrem Unmut über Gegner der Windkraft Luft zu machen.