Normalerweise ist der Spendenlauf, um den Verein Mukoviszidose zu unterstützen, ein großes Ereignis. Wegen des Coronavirus ist nun jeder allein unterwegs.Archivfoto: Mukoviszidose e. V. Foto: Schwarzwälder Bote

Mukoviszidose: Diesmal sind Sportler für Spenden-Aktion wegen Corona allein unterwegs

Mukoviszidose-Kranke sind besonders stark vom Coronavirus gefährdet – und damit auch der Sohn von Rita Locher. Für die Calmbacherin sind es belastende Wochen. Ihr Antrieb: ein Spendenlauf.

Bad Wildbad-Calmbach. In diesen Tagen ist Rita Locher so oft im Wald unterwegs wie noch nie. "Laufen ist Therapie für mich", sagt die Calmbacherin. Mukoviszidose – das ist schließlich eine Herausforderung für die gesamte Familie. Als ihr Sohn Maximilian ein Jahr alt war, diagnostizierten die Ärzte die unheilbare Stoffwechselkrankheit. "Sie sagten, dass Maximilian wohl nur acht oder neun Jahre alt wird", erinnert sich Locher. Am kommenden Montag feiert ihr Sohn seinen 26. Geburtstag.

Regelmäßig die Hände waschen, nur in die Armbeuge niesen, auf Händeschütteln verzichten – die Hygieneregeln, auf die in diesen Tagen penibel geachtet werden, gelten bei den Lochers schon lange. "Wir sind diese Verhaltensregeln seit über 20 Jahren gewohnt", erklärt Locher, die Chefin des Catering-Unternehmens Veranstaltungsservice Enztal ist und im Wildbader Gemeinderat die FWV/FDP-Fraktion anführt. Jetzt, wo sich das Coronavirus ausbreitet, müssen diese Verhaltensregeln mehr denn je eingehalten werden. Denn: Mukoviszidose greift mehrere Organe an, darunter auch die Lunge. Rita Locher: "Es ist immer Schleim in der Lunge. Wie bei einer Lungenentzündung."

Die Folge: Mukoviszidose-Kranke werden während der Ausbreitung des Coronavirus noch stärker isoliert als ohnehin schon. Maximilian Locher lebt noch in seinem Elternhaus und hat permanenten Kontakt zu seinen Eltern. Entsprechend behutsam müssen auch sie sein. "Ich gehe nur in kleine Läden, wenn ich wirklich alleine bin. Kommt jemand herein, verlange ich die Solidarität ein und bitte ihn nach draußen", verdeutlicht Rita Locher und lobt: "Die Solidarität in der Gesellschaft funktioniert seit der ersten Sekunde. Das ist wirklich schön."

Doch nicht jeder Mukoviszidose-Kranke hat das Glück, noch bei seinen Eltern zu leben. Die strikte Isolation mache vielen zu schaffen, sagt Rita Locher, die sich seit der Diagnostizierung der Krankheit bei ihrem Sohn im Verein Mukoviszidose engagiert. 20 Jahre lang war sie Regionalgruppensprecherin, seit sechs Jahren ist sie im Landesvorstand des Vereins tätig. Aus ihrer Erfahrung weiß sie: "Es ist eine sehr belastende Zeit für die Betroffenen."

Umso schwerer wiegt, dass die physiotherapeutischen Behandlungen, die Mukoviszidose-Kranke regelmäßig erhalten, momentan wegfallen. Corona-bedingt hätten die Praxen geschlossen – und mit Bus und Bahn hinzufahren, wäre aufgrund der Nähe zu anderen Fahrgästen nicht möglich. "Ohne die Behandlungen verschlechtert sich aber der Gesundheitszustand zusätzlich", warnt Locher.

Und ein weiteres Manko kommt hinzu: Seit 20 Jahren veranstaltet der Verein Mukoviszidose in Ditzingen einen Spendenlauf, um Erkrankte zu unterstützen. Der Verein finanziert Ärzte, Therapien und Projekte, denn vieles werde laut Locher von den Krankenkassen nicht übernommen. Allein ihre Regionalgruppe, die für den Kreis Calw, den Enzkreis und Pforzheim zuständig ist, bringt durch verschiedene Aktionen jedes Jahr 10 000 Euro auf. Dickster Batzen ist jedoch der Spendenlauf in Ditzingen, an dem jedes Jahr zwischen 5000 und 6000 Läufer teilnehmen, wodurch Spenden in Höhe von bis zu 40 000 Euro generiert werden können. Dieses Jahr muss der Lauf wegen des Kontaktverbots ausfallen.

Anmeldung übers Internet

Rita Locher und ihre Mitstreiter haben sich nun überlegt, den Spendenlauf quasi zu dezentralisieren: Jeder Teilnehmer soll nun für sich alleine mehrere Kilometer laufen – ob draußen im Wald oder zu Hause auf dem Laufband. Wie in Ditzingen sucht sich jeder Teilnehmer im Vorfeld Sponsoren, die für jeden gelaufenen Kilometer einen bestimmten Geldbetrag spenden. Teilnehmen kann man bis zum 3. Mai. Anmeldungen erfolgen über die Homepage www.ditzinger-lebenslauf.de oder per E-Mail an Rita Locher (rita.locher@mu kobw.de). Dort können sich auch Sponsoren melden.

Locher war in den vergangenen Jahren selbst Teilnehmerin in Ditzingen und brachte es auf jeweils 50 Kilometer. "Da zu laufen, das ist wie ein Volksfest", strahlt die Calmbacherin. 2,5 und 3,5 Kilometer lang sind die Runden in Ditzingen, die jeweils in einem Festzelt enden, wo die Läufer neben Getränken und Kohlenhydraten auch jedes Mal Applaus bekommen. "Das fehlt dieses Mal natürlich", sagt Rita Locher, die sich trotzdem vorgenommen hat, wieder 50 Kilometer zu laufen. Nicht am Stück, aber doch zumindest über zwei Tage verteilt. "Das ist der Anspruch, den ich an mich selber habe", sagt sie. Am Dienstag soll es losgehen, schon seit Tagen trainiert Locher. Ein paar Stunden im Wald, die nicht nur ihre Muskeln stärken, sondern die in diesen besonders belastenden Wochen auch wichtig für ihre Seele sind.