Die inzwischen überwachsene "Königskurve" in einer Luftaufnahme aus den 1960er-Jahren, welche die Nagoldtal- und die Enztalbahn direkt verband. Foto: Bechtle Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Informationen zur Enztalbahn

"150 Jahre Enztalbahn" stand auf dem Programm des Nachmittags der Begegnung im Gemeindehaus der evangelischen Kirchengemeinde Calmbach, und das war bei manchen Besuchern ein wortwörtliches "Zug"-Pferd, denn im großen Saal waren fast alle Plätze belegt.

Bad Wildbad. Der Nachmittag begann nach der Begrüßung durch Diakon Manfred Bertsch mit einer Andacht des Höfener Pfarrers Jon André Søvde, die das Thema Ruhe und Tod beinhaltete.

"Jetzt ist es aber höchste Eisenbahn", meinte anschließend Martin Frieß, Leiter des Kreisarchivs beim Landratsamt Calw. Denn sein Thema für diesen Nachmittag war ein Rückblick auf die Entstehung und das Bestehen der Enztalbahn, die im vergangenen Jahr 150 Jahre alt wurde, was im Sommer mit einem Festwochenende begangen worden war.

Die erste Eisenbahn verkehrte vor knapp zwei Jahrhunderten im Jahr 1825 in England. Zehn Jahre später entstand die Ludwigsbahn zwischen Nürnberg und Fürth als erste deutsche Eisenbahnstrecke, und weitere zehn Jahre später, also 1845, wurde die erste württembergische Eisenbahn von Cannstatt nach Untertürkheim in Betrieb genommen.

Bis die "Enzbahn", wie sie damals hieß, von Pforzheim nach Wildbad gebaut wurde, vergingen weitere zwei Jahrzehnte, auch weil Pforzheim großherzoglich-badisch und damit "Ausland" war. Eine Reihe von Staatsverträgen und Vereinbarungen waren deshalb nötig, um das Projekt der heutigen Enztalbahn zu realisieren. Die Wichtigkeit dieser Strecke war allen Beteiligten klar, denn schließlich war Wildbad königliches Landesbad, sozusagen die Konkurrenz zum badischen Baden-Baden. Auch aus diesem Grunde sei die Bahnstrecke als "Hauptbahn" gebaut worden, während solche Stichbahnen meistens als Nebenbahnen prädikatisiert worden seien.

Ein weiterer wichtiger Grund war der Güterverkehr, denn aus Wildbad wurde Papier aus der Papierfabrik, aus Calmbach mit seinen zahlreichen Sägemühlen Holz und Holzerzeugnisse und schließlich von der Neuenbürger Sensenfabrik deren Erzeugnisse ins Badische transportiert. Zuerst war die Enztalbahn eine Inselbahn, da sie 2,5 Kilometer von Pforzheim nach Brötzingen durch Baden führte und keinen direkten Anschluss an das württembergische Eisenbahnnetz hatte, was sich 1872 mit dem Bau der Bahnlinie Stuttgart-Calw und dann 1874 mit der neu erbauten Nagoldtalbahn veränderte. Und damit der König auf seiner Fahrt in "sein" Wildbad nicht in Pforzheim umsteigen musste, wurde bei Brötzingen eine Schienenverbindung zwischen Enztal- und Nagoldtalbahn hergestellt, die sogenannt "Königskurve".

Drei Jahre dauerte der Bau der Enztalbahn und kostete immerhin 7,6 Millionen Reichsmark, Dieser hohe Betrag wird besser verständlich, wenn man erfährt, dass zum Teil das Enzbett verändert wurde, der Neuenbürger Tunnel entstand und drei Brücken erforderlich waren.

Außerdem bekam Pforzheim einen "exterritorialen" württembergischen Bahnhof, an den heute noch die Bahnsteige 102 und 103 erinnern. Am 4. April 1868 wurde die erste Probefahrt durchgeführt, die bescheidene Eröffnungsfeier war am 8. Juli 1868, und drei Tage später wurde die Bahnstrecke für den öffentlichen Personen- und Güterverkehr freigegeben. Der Wildbader Bahnhof, der "eleganteste im Königreich Württemberg" wurde allerdings erst 1870 fertiggestellt. Die Fahrpreise waren damals im Verhältnis recht hoch.

Ein geplanter Weiterbau als elektrische Schmalspurbahn bis Gompelscheuer um 1899 kam allerdings nicht zur Ausführung, wie Frieß lächelnd erklärte. Waren es zuerst sechs Zugpaare, die zwischen Pforzheim und Wildbad verkehrten, so zählte man 1912 täglich drei Schnellzugpaare, zehn Normalzugpaare und drei Güterzüge. Später gab es dann die "Bäderbahn" von Stuttgart, Kurswagen von Hamburg und Berlin, und nach dem Zweiten Weltkrieg auch aus dem Ruhrgebiet.

Strecke stand in den 1990ern vor Stilllegung

In den 1990er-Jahren hatte die Bahnstrecke immer weniger Fahrgäste, rund 1000 pro Tag, sodass die Überlegung im Raum stand, die Strecke wie viele andere Stichbahnen (Weil der Stadt-Calw, Nagold-Altensteig) stillzulegen. Glücklicherweise war durch die Albtalverkehrsgesellschaft die Schmalspur-Stichbahn Ettlingen-Herrenalb durch eine Stadtbahn-Trasse (S1) ersetzt worden, die gut funktionierte. Die Enztalbahn sollte ebenso zur Stadtbahn ausgebaut werden, wobei die Bedingung im Raum stand, die Schienenstrecke um rund 800 Meter nach Süden durch die Wildbader König-Karl-Straße bis zum Kurpark zu verlängern, was damals von vielen Einwohnern abgelehnt wurde. Was daraus entstand, sei heute für alle ein großer Vorteil, und die Stadtbahn (S6) der AVG, die nicht nur bis Pforzheim, sondern darüber hinaus bis Karlsruhe und Bietigheim-Bissingen verkehrt, wird heute bestens frequentiert.

Für die zahlreichen Besucher war der Vortrag sowie die Powerpoint-Präsentation von Eisenbahnfotos von früher zum Teil ein "Aha-Erlebnis", hatten vor allem die älteren selbst ihre eigenen Erfahrungen mit der früheren Enztalbahn gemacht.