Rollstuhlfahrer Herbert Wacker berichtet bewegend von seinem neuen Leben

Bad Wildbad (cht). "Ich habe meist erreicht, was ich mir vorgenommen habe". Darauf ist der auf den Rollstuhl angewiesene Herbert Wacker stolz. Rita Raidt, Vorsitzende des Freundeskreises Quellenhof-Klinik, freute sich in ihrer Begrüßung, dass sie Herbert Wacker, der kürzlich noch selbst im Quellenhof Patient war, ein drittes Mal gewinnen konnte, um seinen bewegenden Erfahrungsbericht "Rollstuhl? Nein, danke! Oder doch?" vorzustellen. An seine frühe Jugend mit der Polio-Erkrankung (Kinderlähmung), an Klinikaufenthalte und Einschränkungen im Gehen, Sitzen und Stehen konnte sich der Referent kaum mehr erinnern.

Die Einschulung an zwei Krücken, die Tränen der Mutter waren ihm unverständlich, jedoch Hänseleien gab es nur selten. Mit zehn Jahren gab es die erste Orthese (Beinschiene), die aus schwerem Eisen bestand, da und dort erhebliche Schmerzen verursachte, aber immerhin ging das Laufen ab jetzt ohne Krücken. Das Abitur wurde geschafft, denn es stand fest, dass mit dieser Behinderung nur ein "Wissensberuf" in Frage käme. Erstmals fern von zuhause wurde dann die Freiheit im Studium an einer Universität weidlich genutzt. Auch sportliche Aktivitäten waren an der Tagesordnung. Trotz Beinschiene machte auch das Tanzen Spaß.

Zunächst bricht eine Welt zusammen

Echte Schwierigkeiten zeigten sich erst im Alter von 50 Jahren. Zum Aussteigen aus dem Auto mussten Hände und Arme mithelfen. Da es die Kinderlähmung dank Schluckimpfung so gut wie nicht mehr gab, waren den meisten Ärzten die späten Auswirkungen der Krankheit, heute Post-Polio-Syndrom genannt, nicht bekannt. Nach ausgiebigen Recherchen im Internet trat Herbert Wacker 2009 voller Hoffnung seine erste Reha im Quellenhof in Bad Wildbad an. Doch bereits beim Aufnahmegespräch konfrontierte der Chefarzt der Quellenhof-Klinik, Peter Flachenecker, seinen Patienten mit der Frage: "Herr Wacker, könnten Sie sich vorstellen den Rollstuhl zu benutzen?" Für Wacker brach eine Welt zusammen und man merkte es seiner Stimme an, als wäre dies soeben geschehen. In seinem Vortrag schilderte er die umfangreichen Therapieangebote des Quellenhofs und lobte die Ärzte ebenso wie die Mitarbeiter. "Doch", betonte er, "die wichtigsten Helfer sind die Patienten selbst." In den Gesprächen untereinander und in der Beobachtung der Patienten reifte in ihm der Gedanke, doch einmal einen Rollstuhl auszuprobieren.

Am folgenden Wochenende begleitete Wacker per Rolli seine Frau und deren Freundin beim Stadtbummel durch Wildbad, schwärmte von vielen rollstuhlgerechten Einkaufmöglichkeiten und Lokalitäten und lernte so auch den Kurpark kennen und lieben. Heute bekennt er: "Der Rollstuhl ist das beste, was mir je passieren konnte. Auch im Rollstuhl kann man lachen!" Begeistert berichtete Wacker von seinen vielen Reisen und der Hilfsbereitschaft der Menschen, wenn es wirklich mal nicht alleine ging. Er lobte seinen Rolli, der ihm seine Eigenständigkeit, Lebensfreude und Mobilität zurückgegeben habe.

Heute ist Wacker stolz und empfindet Dankbarkeit für alles, was er bisher "mit seinem Begleiter auf Rädern" erlebte "Endlich muss ich nicht bei jedem Stadtbummel nach der nächstbesten Bank Ausschau halten, um dort nach zwei Stunden wieder abgeholt zu werden." "Sie könnten mit dem Rollstuhl wieder ins Museum, mit ihrer Frau zum Shoppen gehen, Städtetouren machen!" Dieser Satz von Flachenecker ist ihm in Erinnerung geblieben, denn der Arzt hatte Recht behalten. Die Zuhörer hoffen, dass Wacker im Frühjahr 2013 wiederkommt.